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244. Peter Peter beruft seine Soldaten vor den Herrn. Der jüdische Feldwebel, ein poetischer Redner.

[2.244.1] Der Offizier geht nun sogleich hin zu den in Reihe und Glied stehenden Kriegern und sagt: „Habt Acht, Brüder! Bisher war ich noch immer euer Hauptmann und ihr gehorchtet mir, wie es biederen und rechtlichen Kriegern gehört; denn der pünktlichste Gehorsam des Untergebenen gegen seinen Vorgesetzten ist die eigentliche Hauptmacht, mit der ein weiser Feldherr jeden Feind besiegen kann. Weil ihr aber eben in der Tugend des Gehorsams groß wart und ich über euch, die ihr hier steht, nie eine Klage zu führen bekam, so hat es Gott dem Herrn also wohlgefallen, dass Er euch auch nach eures Leibes Tod in der Geisterwelt so lange unter meinem Kommando beließ, bis ihr durch meine oft an euch gerichteten Lehren und Ermahnungen auf den Punkt gebracht worden seid, von dem aus ihr einer anderen, freieren Lebensanschauung fähig wurdet. In dieser Anschauung habe ich euch, selbst nicht wissend wie und warum, auf diese Stelle gebracht, wo ihr noch steht.

[2.244.2] Wir waren alle mehr oder weniger noch von den Pflichtverhältnissen der Welt befangen gehalten, obschon wir gar wohl wussten, dass wir uns in der geistigen Welt schon seit einer geraumen Zeit befanden. Wir dienten noch dem Kaiser, obschon wir keine Pflicht mehr gegen ihn zu beobachten gehabt hätten. Und wir leisteten ihm sogar gute Dienste, denn die geheimsten Verschwörungen entdeckten doch nur wir zuerst und wirkten dann auf die noch auf der Welt lebenden Invigilanten [Amtspersonen] leicht also ein, dass diese dann alsbald auf die auch noch so heimlich gehaltenen Machinationen bösgesinnter Gesetzes- und Ordnungsfeinde gewisserart mit der Nase stoßen mussten. Wir konnten dafür vom auf der Erde lebenden und herrschenden Kaiser freilich wohl keinen Sold mehr beziehen; aber dafür erhielten wir von unserem Gewissen den schönsten Lohn, und zwar in dem sicheren Bewusstsein, so manches sehr grässlich werden könnende Unheil von dem Staat abgewendet zu haben, der uns geboren, ernährt und erzogen hat. Und so übten wir denn noch als Geister für den irdischen Staat einen guten Dienst, bis zu diesem Zeitpunkt, in dem wir uns jetzt befinden.

[2.244.3] Aber von nun an tritt für uns alle ein ganz anderes Lebensverhältnis ein. Der Weltdienst hört nun für ewig auf und ein rein geistiger im Namen Gottes des Herrn tritt an seine Stelle. Diese Waffen, wie ihr sie nun tragt, werdet ihr fürder nimmer gebrauchen. Wir werden zwar fortan auch kämpfen im Reich Gottes, aber nicht mehr mit den Waffen zum Tode, sondern mit den Waffen zum Leben. Und diese neuen, herrlichsten und mächtigsten Waffen heißen die Liebe zu Gott dem Herrn und die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern, die noch irgendwo in großer Armut ihres Geistes stecken. Legt daher nun diese Waffen ab! Sie sind ohnehin nichts als pure Gedankenstriche unserer noch von der Erde her mitgenommenen Einbildungskraft, und es liegt daher an ihrem scheinbaren Verlust umso weniger etwas, da sie an und für sich nichts sind.

[2.244.4] Dort aber seht hin! Ein herrlichst gestalteter Mann, der soeben Sich mit einer himmlischen Jungfrau bespricht, die vor Ihm wie von der Wonne aller Himmel auf einmal durchglüht also überselig steht – dieser Mann ist Jesus, der große Heiland der Welt, und ist zugleich in einer und derselben Person Gott, das allerhöchste Wesen Selbst, der alleinige Schöpfer aller Geister- und aller Materiewelten. Dieser ewige und alleinige Herr der Unendlichkeit lässt euch nun durch mich zu Sich rufen, auf dass Er euch gäbe das ewige Leben. Legt also nun sogleich die Waffen ab und folgt mir zu Gott, dem allmächtigen Vater und Schöpfer der Unendlichkeit.“

[2.244.5] Auf diese wirklich kräftige und geistvolle Rede des Offiziers legen alle die Waffen vor sich auf den Boden hin und begeben sich sogleich mit dem Offizier zu Mir hin. Als sie in einem ziemlich gedehnten Halbkreis um Mich gestellt sich befinden, segne Ich sie sogleich alle. Und alle loben Mich nun einstimmig mit den herrlichsten und rührendsten Lebensworten – ganz besonders aber darunter ein Feldwebel, der auch bei dieser Gelegenheit einen glänzend vollendeten Vorredner und Vorsprecher macht.

(Am 14. Sept. 1850)

[2.244.6] Dieser Feldwebel war auf der Erde seinem Glaubensbekenntnisse nach ein Jude und hielt fest dafür, dass der Messias erst kommen werde und dass nun eben die Zeit gekommen sei, nach einer mystischen Berechnung der jüdischen Kabbala, in der der Messias ganz unfehlbar in die Welt kommen müsse, um Sein Volk, das die Juden seien, wieder zusammenzubringen in das Gelobte Land und es da zu erheben zum ersten und mächtigsten Volk der Erde. Mit solchem Glauben ist also auch unser Feldwebel in die Geisterwelt übergegangen und wartete da auch sehnsüchtigst auf den großen Messias. Als der Offizier aber der noch unter Waffen stehenden Mannschaft von Mir die Kunde brachte, und die Berufung in Mein Reich, so meinte der Feldwebel anfangs, dass Ich der erwartete große Messias der Juden sei, nur frappierte ihn das, dass Ich auch die anderen berief, die da keine Juden waren.

[2.244.7] Als aber der Offizier vor der Truppe Meinen Namen nannte, da ging dem Feldwebel ein mächtiges Licht auf und er sagte zu einem Kameraden, der auch ein Jude war und ein eifriger Erwarter des Messias: „Du! Mir scheint nun nur zu klar, wir haben Ihn denn doch verpasst. An dem Jesus fanden sich am meisten und am leichtesten die Weissagungen zurecht; aber die Dummheit: ‚Aus Galiläa steht kein Prophet auf!‘ hat Millionen geblendet. Es mag ja so sein, dass aus Galiläa kein Prophet erstehe; aber warum soll deshalb der Messias, der mit dem Prophetentum nichts gemein hat, nicht aus Galiläa gekommen sein? Der Messias ist nach David Jehova Selbst und braucht nicht unter dem Mantel eines Propheten zu Seinem Volk zu kommen, sondern alsogleich als Jehova. Und dazu kann Er gerade Galiläa wählen, damit die Menschen, die dummen Menschen, nicht verleitet werden sollen, am Ende auch den Herrn aller Menschen und Propheten für einen Propheten zu halten, weil Er gerade von dort herkam, von woher nie ein Prophet kommen kann. Kurz und gut, Jesus aus Nazareth in Galiläa gebürtig, war der erwartete Messias! Aber wir haben Ihn allzeit verpasst, und unsere Brüder werden Ihn noch gar oft verpassen. Wir beide aber werden Ihn nicht mehr verpassen. So wir hin vor Ihn treten werden, da lasse mich reden! Ich werde Ihm unsere grobe Blindheit gehörig darstellen und dann für alle ein gebührlich Lob ganz nach Davids Art aussprechen.“

[2.244.8] Danach hat denn hernach aber auch er, wie schon früher erwähnt, den Hauptvorredner gemacht, und ist nun eben einer Meiner glühendsten Anbeter, sodass sich alles hoch verwundert über seine echt orientalisch erhabenste Wohlredenheit.

[2.244.9] Der Offizier sagt nach einer Weile: „Ich war auf der Erde und auch hier in dieser Welt sein Vorgesetzter; und er ist nun in der Weisheit ein Seraph, und ich bei all meiner auf der Erde erworbenen theosophischen Kenntnis, die dazu hier noch eine große Ausbildung bekam, ein Esel, ganz glattweg! Seht nur diese herrlichen Bilder, diese Weichheit, Zartheit, dieser ungezwungenste Schmelz seiner so herrlich angebrachten historischen Episoden. Nein, so man ein Stein wäre, so müsste man bei solch einer Rede ätherweich werden! O wenn er diese Rede nur aufgeschrieben hätte! Wahrlich, ich könnte sie gerade tausendmal nacheinander lesen. Wie herrlich ist z. B. doch der Satz:

[2.244.10] ‚Dorthin, Du ewiger Vater, wo der Sterne zahllose Myriaden von heiligem Schauer gedrungen ihr reines Angesicht mit dem dunklen Schleier der Nacht umhüllen, wo der lichte Aar und der glanzvolle Schwan an dem Gotteswege ewige Wache halten und ewig erstaunt in die nie gemessenen Tiefen Deiner Werke schauen – dorthin war auch oft mein mattes und von heiliger Wehmut tränenfeucht gewordenes Auge gerichtet und harrte also mit Adler und Schwan am großen Wege Jehovas, des großen Verheißenen!‘ Und so weiter.

[2.244.11] Das habe ich mir so gemerkt und durchdachte nur so ganz flüchtig dies eine Bild und fand eine Größe, eine Tiefe und eine so hohe Weisheit und Wahrheit darinnen, dass es mich geradewegs zu schaudern begann! O Herr, Du heiligster Vater! Wie kam denn dieser Jude nun auf einmal zu solch einer Weisheit und echt himmlischen Lyrik? Nein, auch das Bild von der alten Zeder Libanons, von der Zinne Ararats, vom Euphrat und Ganges, von der Wiege Judas, von der Blume der Wüste, o Gott, was liegt da in solchen Bildern. O Herr, gib mir auch nur etwas Weniges von der Weisheit meines früheren Feldwebels!“

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