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223. Ansturm der Bischofsrotte. Der eselhafte Präsident. Migazzis Bekenntnis zum Herrn. Dessen Urteil über Rom. Lärm und Höllenspuk.

[2.223.1] Es stürzen nun auf einmal bei hundert skelettartige Wesen in sehr zerfetzten Vespermänteln und zerquetschten Bischofsmützen aus allen Winkeln hervor, erheben in größter Aufregung ein Zetergeschrei, und einer, mit einem mehr einem Esel als einem Menschen ähnlichen Gesicht, der zugleich ihr Präsident ist, zwar der dümmste aus allen, aber das macht dort nichts; denn sie ernennen deshalb immer den Dümmsten, damit sie selbst desto unumschränkter tun können, was sie wollen – wie es auch bei der Wahl der Päpste noch stets der Fall war, wo die pfiffigen Kardinäle sich auch allzeit den schwächsten und borniertesten Ultramontanisten herausgestochen haben. Also solch einer springt hastigst zum Migazzi hin, macht ein ernstes Gesicht, das aber erst in solch einer Position am allerdümmsten auszusehen anfängt, sodass darob die ganze andere Gesellschaft in ein helles Lachen ausbricht. Als der hervortretende Präsident sich auslachen ersieht, da wird sein Gesicht noch ernster und daher auch lächerlichst dümmer anzusehen, was das Lachen der Gesellschaft überaus befördert, dass sie wirklich aus vollem Halse zu lachen anfängt.

[2.223.2] Aber nun wird es völlig aus beim Präsidenten. Er reißt das Maul gut eine halbe Spanne weit auf und strengt sich an, einen so recht römisch-apostolisch kräftigen Fluch herauszustoßen. Aber Ich mache ihm einen kleinen Strich durch die Rechnung. Und der Herr Präsident bringt nichts als ein sehr heiser knurrendes „I-a, I-a, I-a“ heraus. Helena und Robert ersticken fast vor Lachen. Sogar Petrus, Paulus und Johannes können sich des Lachens nicht ganz enthalten. Die Monarchen lachen auch über Hals und Kopf. Und Joseph macht die Bemerkung, dass ihm durch sein ganzes Leben nie eine lächerlichere Visage untergekommen ist, als die dieses zornvollen Präsidenten.

[2.223.3] Auch Robert sagt zu Mir: „Herr, ich begreife aber nur das nicht, wie ich mich beim Eintritt in diese Gruft gar so scheußlich fürchten habe können! Und nun muss ich fast zum Zerbersten lachen über diese unendlich dumme Physiognomie und über’s ganz vollkommen allerechteste Eselsgeplärr. Das ist aber in der Entsprechung auch so höchst wahr bezeichnend, dass man sich schon nichts treffender Wahreres vorstellen kann! Wie mächtig hat Rom geschrien vor Grimm und Wut zu Luthers Zeiten, und wie mächtig schreit es nun den Rongeanern gegenüber! Aber das Geschrei ist immer gleichfort nichts als das ganz unveränderte Eselsgeplärr! Und dieser Präsident, ein so gelungenes und getreustes Bild des Papsttums, wie man sich aber schon nichts Gelungeneres und Getreueres vorstellen könnte!“

[2.223.4] Sage Ich: „Das wird auch der Effekt der gegenwärtigen Mühe und des Eifers des Papsttums sein! Die Menschen werden die Diener weidlichst zu belachen anfangen, und je mehr sich diese ärgern werden, desto mehr werden sie verlacht werden, bis sie am Ende ihr eigener Grimm verzehren wird. Was du hier siehst im Kleinen, das wird auf der Erde geschehen im Großen. Die Diener Balaams werden alles aufbieten, werden Wundermagie treiben und schreien und plärren wie dieser hier, und das Volk aber wird sich erbauen, wie diese unsere Gesellschaft nun hier im Angesicht dieses ‚I-a‘ plärrenden Esels. Und diese Demütigung wird das beste Heilmittel für diese Narren sein.

[2.223.5] Aber du wirst es nun auch bald sehen, warum du dich ehedem gar so gefürchtet hast. Es wird nun bald das Innere dieser Pfaffen heraustreten, und du wirst dich hoch erstaunen über die Trugkünste, die dir diese Wesen produzieren werden. Ich aber werde die Gesellschaft beleben dahin, dass sie sich gegenüber solchen Trugkünsten benehmen wird wie ein mutwilliges Publikum in einer schlechten, misslungenen Komödie. Und das wird von gutem Erfolg sein.“

[2.223.6] Hier tritt Migazzi vor Mich hin und sagt: „Herr Jesus, Du bist es wahrhaftig! Nun erst erkenne ich Dich vollkommen! Ehre sei Dir allein ewig!“ – Ich aber fasse ihn bei der Hand und sage: „Bruder, werde vollkommen!“ – Und Migazzi bekommt sogleich ein recht gutes und gesundes Aussehen.

(Am 25. Juli 1850)

[2.223.7] Als er (Migazzi) sich nun also in einem bessern Aussehen befindet, da wird es ihm auch überaus wohl. Er fühlt sich ganz leicht und gestärkt, und heller und heller wird sein Auge. Nur das Gewand bleibt noch dasselbe sehr zerlumpte erzbischöfliche, was ihn sichtlich stets mehr und mehr geniert. Er beschaut sich und sagt nach einer Weile zu Mir, voll der innigsten Liebe und des festesten Vertrauens: „Herr Jesus, Du wahrhaftigster Gott und ewiger Sohn Deines ewigen Vaters! Da Du mir schon ohne alle Verdienste um Deine Ehre und um Deinen allerheiligsten Namen so gnädig bist und hast mich erlöst aus diesem wahrhaftigsten Pfuhl des Verderbens, so erlöse mich auch von dem Rest, der einen widerlichen Anblick meinen Augen und einen ekeligen Geruch meinen Nüstern bereitet. Siehe, dies mich im höchsten Grad anwidernde Gewand, ein Gewand des Hochmutes und des Truges! Befreie mich davon und gib mir dafür ein allergemeinstes Bettlergewand, und ich werde mich darinnen ganz selig fühlen!“

[2.223.8] Sage Ich: „Sieh, mein lieber Bruder, dies Gewand ist ein Gewand des Hochmuts und des Trugs zwar gewesen für den, der es hochmütig und übellästig trug; du aber hast es nicht in dieser Art getragen, sondern nur des vorgeschriebenen Ritus wegen, weil es die römisch-kirchliche Regel also vorschreibt. Und so war es für dich ein wahres Ehrenkleid und somit nicht verächtlich, wie du es meinst.

[2.223.9] Denn sieh, gar alles ist nicht schlecht an der Römerin! Nur das ist ein Gräuel, so sie des irdischen Mammons wegen zu Mitteln greift, die rein höllischer Natur sind – als falsche Wunder, falsche Heilmittel, Ablässe, Reliquien und Bilderdienst, Amuletts, frömmlich klingende Zaubersprüche, allerlei blinde Zeremonien, Gnadenwallfahrtsorte, Kirchenschätze bloß für leeren kirchlichen Luxus, hohe Ämter und Ehrenstellen und die ausgedehnteste Herrschsucht und die hartnäckigste Alleinrechthaberei. Ich will von ihren Messopfern nichts sagen, nichts von ihrer Ohrenbeichte, nichts von ihren Tempeln, Glocken und Orgeln, nichts von würdigen Kunstwerken, nichts von der Heilighaltung ihrer Bethäuser und nichts von den pomphaften Begräbniszeremonien ihrer Verstorbenen; denn dies alles im reinen Sinn würdig benützt ist eben nicht untauglich, das menschliche Gemüt zu erheben und zu veredeln. Aber dass die Römerin diese an und für sich reinen Dinge dazu mitgebraucht, das menschliche Herz zu verdummen und blind zu machen, und zu glauben, dass man durch den sorgfältigsten Gebrauch alles dessen zum Leben in den Himmeln und nur durch sie zu Meiner Gnade gelangen könne – das ist schlecht! Denn dadurch werde Ich bei den Kindern als Vater zu einem Tyrannen, den die Dummheit wohl fürchtet, aber nie liebt. Die Verständigen und Gelehrten und Weltläufigen aber fangen dann Meiner sich zu schämen an, und wollen oft von einem solchen Erlöser, wie Ihn die Römerin schildert, nichts mehr hören und wissen und verwerfen sodann das Kind samt dem Bad. Und siehe, das bewirkt die römische Kirche durch ihre eigenmächtigen Lehren, Satzungen, Zugeständnisse und Privilegien, die sie als von Mir empfangen vorgibt, und durch allerlei geduldeten und gepredigten Aberglauben. Und das ist es aber auch, wodurch sie selbst sich zugrunde richtet und eigentlich schon zugrunde gerichtet ist.

[2.223.10] Das alles aber liegt nicht am Kleid, sondern am gewaltigen Missbrauch desselben! Daher behalte du nur unterdessen dein Gewand! So wir bald von diesem Wien uns hinwegbegeben werden, und werden unterwegs noch einem Ort einen kleinen Besuch geistig abstatten, da wird sich dein Kleid schon in ein anderes umgestalten.“ – Damit gibt sich Migazzi auch ganz zufrieden und dankt Mir sehr über diese ihn über alle Maßen tröstende Belehrung.

[2.223.11] Zugleich aber ertönt aus den finstern Winkeln ein gellend Geschrei: „Hinaus mit diesen Ketzern, mit diesen Gottesleugnern, mit diesen Vermaledeiten in Ewigkeit!“ – Migazzi fällt in eine förmliche Ohnmacht und sagt ganz bebend: „Aber, o Herr, um Deines allerheiligsten Namens willen, kannst du das anhören, ohne sie alle mit Feuer und Schwefel zu vernichten? O um Deines allerheiligsten Namens willen – was wird daraus werden!?“

[2.223.12] Sage Ich: „Gar nichts! Denn sieh, Ich bin ja nicht wie ein Mensch, der gleich alles mit Feuer und Schwert verheeren möchte, so ihm etwas in die Quere kommt. Welche Menschen und Geister trägt die Erde? Und dennoch lasse ich täglich die Sonne auf- und niedergehen und beleuchten und erwärmen die Erde an allen ihren Punkten nach dem Maß der natürlichen Notwendigkeit. Siehe, in der Geduld und Liebe liegt die größte Kraft! Wer diese nie aus den Augen lässt, wird große Dinge erreichen! Und so müssen denn auch wir Geduld und Liebe haben mit allem, was schwach ist, so wird unsere Mühe stets der beste Effekt lohnen. Lassen wir sie schreien, sie werden schon aufhören, so sie genug sich werden ausgeschrien haben. Und somit keine Furcht und keinen Ärger mehr!“

[2.223.13] In diesem Augenblick, als Ich das letzte Wort dem Migazzi sage, fängt es im Hintergrund zu blitzen und ganz gewaltig zu donnern an. Glühende Riesenschlangen fangen an, aus verschiedenen Winkeln hervorzukriechen und wütende Krümmungen zu machen. Feurige Totengerippe klappern und Nachteulen und Fledermäuse fehlen nicht. Und im Hintergrund ist ein grässlichst aussehender riesigster Rachen mit furchtbar großen und nahe weißglühenden Hauzähnen zu erschauen. Aus dem Rachen schlagen fortwährend Rauch und Flammen empor. Und auf der Stirn dieses Höllendrachen steht es mit rotglühender Schrift geschrieben: „Ich bin der ewige Höllendrache, zu verschlingen alle frechen Ketzer! Alle Lutheraner, alle Calviner, alle Melanchthoniten, alle Hussiten, alle nicht-unierten Griechen, alle Herrnhuter, alle Quäker, alle Mährischen Brüder, alle verfluchten Freimaurer und andere ketzerischen Pietisten, alle fluchwürdigen Puritaner und Anglikaner, sowie auch alle Sophisten und Gelehrten, die auf die römische, alleinseligmachende Kirche nichts halten und ihre heiligen fünf Gebote belachen und sich darüber lustig machen, dann alle Neukatholiken, Hegelianer und Straußianer, alle Mathematiker, Mechaniker und Astronomen werden von mir auf ewig gefressen!“

[2.223.14] Über solche Inschrift geschieht schon eine gewaltige Lache. Und sogar die anfangs sehr furchtsame Helena fängt zu lachen an und sagt: „Diese Szene würde im Prater, und zwar im Affentheater, recht viel Aufsehen machen. Aber der Stephansdom steht ja auf einem recht schönen Grund. Nein, wenn ich aber auf der Welt davon nur eine schwache Ahnung gehabt hätte, so wäre ich doch, bei Deinem heiligsten Namen, die Erste gewesen, die so einen Tempel mit einer brennenden Fackel heimgesucht hätte! Da schaue man einmal diese Kerls an, was die alles treiben, um arme und schwache Geister in ihre hab- und herrschsüchtigsten Netze zu treiben! Ah, ah, da kommen sie nun in einer großen Schar in ihren erzbischöflichen Ornaten und eine große Menge Dienerschaft mit ihnen! Was sie etwa nun tun werden!?“ – Sage Ich: „Sei ruhig, meine Tochter, und horche und siehe!“

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