Hier ist Dein Kapitel

68. Die auf ihre Heilung harrende Heldin und der hochmütige Pathetikus. Letzterer wird vom Herrn zurechtgewiesen. Liebeswunder an der Heldin Helena.

[1.68.1] Die Heldin, nun schon ganz ungeduldig, geht etwas schüchtern näher zu Mir hin und fragt Mich, ob Ich schon etwa so ganz geheim durch gewisse Zeichen mit Jesu, dem Herrn, ihretwegen gesprochen habe?

[1.68.2] Der Pathetikus, der nun aus der Gesellschaft mehrere seines Gelichters gefunden hat, ist schon sehr ärgerlich darüber, dass diese elende Lerchenfelderin – nach seiner Meinung – so effront (frech) ist und Mich als einen Honoratior dieses Hauses so sehr belästige. Er geht daher auch mit noch einigen auf sie zu und spricht: „No – Sie Lerchenfelder Bagage, wie lange wird es Ihr denn noch belieben, diesem allerrespektabelsten Herrn dieses Hauses mit Ihrem Hundegebell zur Last zu fallen?! Hat Sie denn gar keine Lebensart?!“

[1.68.3] Spricht die Heldin: „Nooooo und! Sei bratschultriger Tapschädl Sei! Geacht Sener dos eper wos aon?! Schans, dass weiter kummen. Sei naturwidrigs Fleischfutrohl von olle odelichen weaner Drecksäu! Sist sog is Sener, wia’s af echt deitsch hasen than! Do schau der Mensch so an zopf’gen Gollpitzl-Fabrikanten aon! Iatzt is Jähna goar nit recht, dass unser ans mit an sulchenen Herrn redt! Wos glabes a, wer Sei san! Glabens denn, weil’s amol auf dr Welt als pansenirter Frierschitz an kaiserliche Sabl trogen han, dos Sei deshalb a do in dieser Welt besser san als unser ans! O Sei tamischer Tapschädl Sei! Do wird mas Ener glai an Extra-Wurst brode! Is wuhl guat, dass Christus der Herr net do bei uns is; denn der miasst ja a narschi Freid habe, waon Er so an grobe Limmel vorn Ahm sähet, wie do Sei aner san! Iatzt schans aber nur, dass Sei mit senra Krokodilaugen und Bockfieß weiter kummen tan, sist gschieht Jähne wos aonders!“

[1.68.4] Wendet sich darauf der Pathetikus zu Mir und spricht: „Aber lieber, bester Freund, ich bitte Sie um Gottes willen, dieser Kreatur zu untersagen, fürderhin so ein loses Maul gegen Männer von Ehre und Reputation zu haben; denn sie stellt einen ja her, als wenn man der allergemeinste Schuhflicker wäre! Es ist wohl wahr, dass wir hier in der Geisterwelt sind, wo der Standesunterschied auf ewig aufzuhören hat. Aber der Unterschied der Intelligenz und der feineren Bildung kann solange nicht aufhören, als bis diese auf Erden vernachlässigten und verwahrlosten menschlichen Potenzen nicht jenen Grad von Bildung und Humanität werden erreicht haben, durch den allein sie einer besseren Gesellschaft angenehm und interessant werden können! Ich bitte Sie, lieber Freund, bedeuten Sie das doch dieser weiblichen echten Lerchenfelder Kreatur!“

[1.68.5] Rede Ich: „Mein lieber Freund, es tut Mir leid, hier Ihrem Verlangen auf gar keinen Fall Gewähr leisten zu können, und zwar aus dem alten Grund, demzufolge vor Gott alles ein Gräuel ist, was die sogenannte bessere Welt groß, glänzend, erhaben und schön nennt und preist! Denn Gott bleibt Sich stets gleich und hat nie ein Wohlgefallen an solchen Ehrenmännern, die den Menschenwert nur nach der Anzahl der Adelsahnen oder nach der Amtswürde oder nach der Vielheit des Geldes bestimmen, alles andere aber, was nicht adelig, nicht beamtet und nicht reich ist, als Kanaille bezeichnen. Aber alles, was vor der Welt klein, gering und oft sehr verachtet ist, das steht wieder bei Gott in großen Ehren! Und so muss Ich Ihnen hier auch ganz offen bekennen, dass Mir, als einem allerintimsten Freund Gottes, diese von euch sehr verachtete Lerchenfelderin gerade um eine volle Millionmal lieber ist als Ihr, Meine hochadeligen Freunde, d. h. wenn Ich so frei sein darf, euch als Meine Freunde zu titulieren! Ihr habt aber dieser Armen nun sehr genützt, denn von nun an will Ich sie erst recht fest an Mich ziehen, um ihr eine Bildung zu geben, vor der die Engel selbst einen Respekt bekommen sollen. Sie wird bald sehr hoch oben stehen und eine Zierde dieses Hauses sein! Wo ihr Ehrenmänner aber euch in Kürze befinden dürftet, das wird die leidige Folge zeigen! Ich ersuche euch aber, eures eigenen Heils willen, diese Arme ja nicht mehr zu belästigen, denn sie gehört nun ganz Mir an! – (Mich zur Heldin wendend): und du Meine liebe ‚Magdalena‘, bist du damit zufrieden?!“

[1.68.6] Spricht Sie: „O Jeises ja, und ob! Sei sa mir a um 1.000 Millionen mol lieber als diese hochmiethige Dinger do, de an armen Mensche grod als a Vieh betrachten! I bin nit harbig af sö; abr gifta koan mi dos denn do wuhl, wons aan goar so pagatelmäßi behaondle than. Unser Herrgott verzeih ehne, denn de wisse wuhl a nit, was sö than!?“

[1.68.7] Spricht der Pathetikus: „No, schon gut, schon gut! Hört ihr, meine Kameraden, wenn’s in der Welt der Geister überall so fad zugeht als hier, da ist diese Welt eine saubere Bescherung für die saueren Vorbereitungen auf der Erde zu eben diesem viel gerühmten Leben der Seele nach dem Tod des Leibes! Auf der Erde hat der gebildete Ehrenmann sich doch durch seine Stellung, durch sein Staatsamt und durch seine Wohlhabenheit vor den Angriffen solch gemeinsten Geschmeißes verwahren können; hier aber wächst einem dieses Lumpenpack ganz keck übers Haupt, und man wird sich am Ende etwa gar noch müssen eine Gnade daraus machen, dass unsereinen so eine pausbackige Dirne anschaut! Zum größten Überfluss aller sozialen Fadheiten muss dieser sonst recht ehrenwert aussehende Mann sich auch noch für diese faule Pomeranze von einer Lerchenfelderin interessieren und sie uns zum Trotz gerade und linea recta bis zum Himmel erheben! Das ginge uns hier gerade aber auch noch ab zur vollen Verzweiflung! Der sagte, dass er ein allerintimster Freund Gottes sei! Nach dieser seiner Neigung zu der pausbackigen, vollbrüstigen und pompös und ominös dicksteißigen Lerchenfelderin zu urteilen, muss die ihm so sehr befreundete Gottheit ein wahrer Superlativ aller Gemeinheit und der allergroßartigsten Fadheit sein! Diese faule Dirne stinkt vor Unzucht, und er will sie bilden und sie zur Zierde dieses Hauses erheben! Hört, das wird eine schöne Zierde werden! Hahaha, oder was!?“

[1.68.8] Spricht die Heldin zu Mir: „Ober – hörns, hörns, wie der schimpfe thuat! Na, den sulln S‘ do wos sage, so ober, dass ers verstanet!“

[1.68.9] Sage Ich: „Mache dir nichts daraus! Sie sollen nur schimpfen, wie es ihnen freut [gefällt]. Es wird aber dann schon kommen, wo es sich zeigen wird, wie viele Interessen ihnen ihr hochmütiges Schimpfen tragen wird! Auf dass aber ihr Hochmut noch mehr Steine zum Anstoßen an uns zweien finden soll, so musst du von nun an als Meine Geliebte Mich per Du anreden und musst zugleich auch versuchen, recht fein Deutsch zu reden. Wenn diese das hören werden, da wirst du erst sehen, wie ihnen der Hochmutspitzel steigen wird! Versuch’s einmal, ob du nicht zugleich ganz rein Deutsch zu reden imstande sein solltest!“

[1.68.10] Die Heldin merkt in sich eine Veränderung, und ein großes Wohlgefühl durchströmt ihr ganzes Wesen, was auch auf ihre Gestalt einen sehr günstigen Eindruck macht. Ganz selig erstaunt über solch eine plötzliche Veränderung ihres Wesens, an und in dem sich auch nicht ein leisester Schmerz irgend mehr verspüren lässt, blickt sie Mich voll Freuden an und spricht: „O, Du hoher Freund aus den Himmeln, wie wohl wird mir nun an Deiner Seite! Alles Rohe fiel wie ein Schuppenpanzer von mir! Mein grobes Denken und meine grobe Sprache haben sich verwandelt wie eine ehemals eklige Raupe in einen herrlichsten Falter! Und alle meine Schmerzen schwanden wie der Schnee vor der Glut der Sonne! O wie wohl ist mir nun! Und wem danke ich das? Oh, Dir, Dir! Du großer, heiliger Freund des Allerhöchsten!

[1.68.11] Aber da Du mir ärmsten Sünderin eine so unendlich große Gnade erwiesen hast, deren ich wohl ewig nie nur im allergeringsten Maß werde wert werden können – o sage mir nun aber auch, was ich tun soll und wie mich benehmen, um Dir nur einigermaßen meine gebührendste Dankbarkeit an den Tag legen zu können!“

[1.68.12] Rede Ich: „O du Meine geliebteste Helena (d. i. der himmlische Name), wir beide sind schon quitt miteinander! Du gefällst Mir nun ganz ausgezeichnet gut und hast ein Herz, das Mich gar sehr liebt, wie das Meinige dich – und was braucht es da noch mehr?! Reiche Mir nun auch deine Hand zum Pfand deiner Liebe zu Mir und gebe Mir einen so recht brennheißen Kuss auf Meine Stirn! Für alles Übrige werde schon Ich sorgen.“

[1.68.13] Die Helena, solches von Mir vernehmend, wird nahe ganz glühend vor Liebe, reicht Mir sogleich die Hand und gibt Mir auch den verlangten Kuss auf die Stirn mit einer kaum zu beschreibenden Liebeinnigkeit!

[1.68.14] Diese Szene lockt dem Blum, dem Messenhauser, Becher und vorzüglich dem Jellinek Tränen aus den Augen. Und die Helena sieht bald nach dem Kuss auf Meine Stirn wie eine Verklärte aus und wird in ihrer Gestalt so edel und schön als wie ein schon himmlisches Wesen – bis auf ihre Kleidung, die aber dennoch nun sehr gereinigt und nett aussieht. Blum aber kommt sogleich herzu und fragt Mich, ob er für diese schöne Blume auch neue Kleider holen soll? Ich sage ihm: „Nach einer kurzen Weile, so Ich es verlangen werde.“

TAGS

Kein Kommentar bisher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Letzte Kommentare