Am 3. Februar 1844, abends
[26.1] „Doch jene Meine Feinde, die Mich nicht zum König über sich haben wollten, bringt her, und erwürgt sie vor Mir!“
[26.2] Vorliegender Text ist nahe wohl zu leicht, als dass man darüber eine lange Erklärung geben sollte, und gehört ebenfalls zu denjenigen, worüber die Jünger nicht fragten: Wie sollen wir das verstehen? – Denn diesen Text verstanden sogar die beiden Pharisäer, die da genau wussten, dass Ich unter den zu erwürgenden Bürgern der Stadt sie gemeint habe.
[26.3] Das wäre aber freilich wohl ein enger Sinn; dessen ungeachtet aber ist auch der allgemeine durchaus nicht schwer zu erkennen, man braucht nur zu wissen, dass „erwürgen“ so viel als richten heißt, so hat man dann schon das Ganze.
[26.4] Wer sind denn „die Bürger der Stadt“, die den König nicht wollten? Blickt hinaus in die Welt, und ihr werdet solche Bürger in allen Straßen, Ecken und Winkeln in einer Unzahl erblicken, die den König nicht wollen! Die Stadt ist die Welt; ihre Bürger sind die Weltmenschen, die von Mir nichts wissen wollen.
[26.5] Die zehn mit den Pfunden Beteilten sind die wenigen Auserwählten, die unter diesen Weltbürgern leben; darunter aber selbst noch einer träge ist und will nicht wirtschaften mit dem einen ihm anvertrauten Pfund.
[26.6] Unter diesem einen werden verstanden diejenigen, welche das Wort Gottes wohl annehmen und anerkennen, aber sie sind zu träge, danach zu handeln; darum wird ihnen auch am Ende das genommen, was sie haben, und es wird dem, der da zehn Pfunde hat, gegeben.
[26.7] Warum denn? Weil der vollkommen nach Meinem Wort gelebt hat, daher in der Vollliebe zu Mir ist, also im Vollfeuer und Volleifer; daher gebührt ihm auch, wie einer Sonne, das komplette Volllicht.
[26.8] Der aber kein Feuer hat, der hat auch kein Licht und gleicht einem Planeten, der nur mit fremdem Licht prunkt, welches ihm nicht bleiben kann. Wird er von seiner Sonne genommen, so schwebt er dann als ein finsterer Klumpen in seiner durch sich selbst gerichteten Verworfenheit von einer Unendlichkeit zur anderen!
[26.9] Aus diesem Gesagten lässt sich schon sehr leicht erkennen, was obenangeführter Text in sich trägt, – nichts anderes nämlich als das Gericht alles Welttümlichen.
[26.10] Nur kommt hier noch eine dritte Art Wesen vor, zu denen der Herr oder der König spricht: Bringt die Bürger der Stadt hierher, die Mich nicht zum König wollten, auf dass sie erwürgt werden!
[26.11] Wer sind die? Wer sonst wohl als die Engel der Himmel, von denen ihr schon lange wisst, wie sie allenthalben die Leiter Meiner Gerichte sind. Diese werden die Welt allzeit richten.
[26.12] Warum denn? Weil sie, Nummer eins, Eins sind mit Mir, und darum, Nummer zwei, der schroffste Gegensatz zur Welt. Darum sie Eins sind mit Mir, haben sie alle Macht und Gewalt aus Mir; und darum sie der schroffste Gegensatz sind zur Welt, darum auch wird diese allzeit von ihnen gerichtet.
[26.13] Das ist der ganz einfache, wohl zu beobachtende Sinn dieses Textes.
[26.14] Manchmal wurden unter den ausgeteilten Pfunden die verschiedenen auszubildenden menschlichen Anlagen verstanden. Doch solches ist grundfalsch. Denn würde das gelten, da wäre dadurch der höchst gotteslästerliche St. Simonismus eine Gott über alles wohlgefällige Sache, der auch die Ausbildung des Diebes- und Mördertalentes als eine billige Sache ansieht. Das ist aber doch sicher nicht der Sinn, der den ausgeteilten Talenten oder Pfunden zugrunde liegt.
[26.15] Diese ausgeteilten Talente und Pfunde sind bloß nur das ausgeteilte Wort Gottes. Wer es zugleich lebendig hat, der hat die zehn Pfunde; lebendig aber hat er es, wenn er es in seiner Liebe hat oder in seinem Herzen.
[26.16] Der aber die fünf Pfunde hat, der hat das Wort in seinem lebendigen Glauben, danach er tätig in der Liebe werden kann.
[26.17] Wer die drei Pfunde hat, der hat das Wort Gottes in seinem Verständnis; wenn er danach tätig wird, so wird er die Weisheit erlangen.
[26.18] Der aber nur ein Pfund hat, der hat zwar auch das Wort Gottes in seiner Erkenntnis; aber es ficht ihn nicht an. Er hat zwar nichts gegen dasselbe, – er hält es im Gegenteil für schön, gut und wahr; aber wenn er vollernstlich danach tätig werden soll, da spricht er:
[26.19] „Ja, wenn man nicht auf die Welt hier beschränkt wäre und müsste darum das Weltliche der Welt wegen tun, da wäre es freilich sehr löblich, vollkommen dieser Lehre gemäß zu leben. Aber man muss einmal in der Welt leben; so muss man sich auch nach ihr richten, sonst wird man leichtlich als ein Sonderling ausgeschrien; man verliert seine Ehre und Reputation und stellt sich also dadurch isoliert dar, dass man dann auch nicht mehr in der Welt zu wirken imstande ist, wo es zu einem guten Zweck zu wirken notwendig gewesen wäre.“
[26.20] Der Reiche spricht: „Ich wollte mit meinem Vermögen ja wohl evangelisch walten, wenn die Zeitumstände anders wären; aber die Welt ist nun einmal Welt, und da heißt es mit dem Vermögen also umgehen, dass man fürs Erste im Alter selbst nicht darben darf, und dass auch die Kinder mit der Zeit diejenige nötige Versorgung finden, die sie vor der Welt unabhängig stellt.“
[26.21] Der Beamte aber spricht: „Mein Gott! Wo sollte ich Zeit hernehmen? Amts- und Herrendienst geht vor Gottesdienst! Wenn ich mich einmal in den Ruhestand setzen werde, dann will ich auch in Gottes Namen den Rosenkranz zur Hand nehmen; oder ich will nach dem Evangelium leben, so viel es sich ohne große Beschränkung meiner Verhältnisse tun lässt.“
[26.22] Der Geistliche spricht: „Wenn man nur die Pflichten seines Standes erfüllt, den man in der Welt bekleidet, und das alles Gott aufopfert, so hat man genug getan.“
[26.23] Ich aber sage dazu: „Das sind lauter einpfündige Pfundvergräber, und es wird ihnen allen ergehen, wie es von dem evangelischen Einpfund-Inhaber gesagt ist.“
[26.24] Warum denn? Weil da in keinem auch nur ein Fünklein Liebe zu Mir werktätig anzutreffen ist. Diese ziehen eine gewisse Bequemlichkeit ihres irdischen Lebens allzeit Mir vor.
[26.25] Der Reiche ist mit Mir zufrieden, solange er durch sein Geld sich und seine Familie überaus wohl versorgt erblickt; welche lebendige Liebe aber hat er aufzuweisen und welches Vertrauen zu Mir in der Tat, so er selbst nach allen Kräften sorgt, dass er und seine Familie einst nicht darben möchten? Für ein solches Zutrauen wird sich ein jeder bedanken.
[26.26] Wenn ein Wechsler einen Sachwalter bestellt, ihm aber nie einen Groschen ernstlich anvertraut, wird der Sachwalter da nicht bald sagen: „Wie, mein Freund, hältst du mich denn für einen Spitzbuben und meine große Kaution für null und nichtig, dass du mir nicht um einen Groschen Zutrauen schenkst? Verwalte dein Vermögen selbst; ich aber fordere meine Kaution zurück.“
[26.27] Dasselbe werde auch Ich mit solchen reichen Christgläubigen tun und werde Meine Kaution von ihnen nehmen; denn für einen Narren lasse Ich Mich von ihnen nicht halten und noch weniger für einen Lügner und Betrüger, für das sie Mich werktätig halten, darum sie Mir nicht trauen und daher selbst für ihr Bestehen sorgen.
[26.28] Desgleichen werde Ich auch zu jenen Beamten und Geistlichen aller Sekten sagen, die den Weltdienst und die Erfüllung der Standespflichten für den Gottesdienst halten: „Habt ihr umsonst gedient? Hat euch die Erfüllung der Pflichten eures Standes keinen Gewinn abgeworfen? Habt ihr aus Liebe zu Mir oder aus Liebe zu den Vorteilen, die aus der Erfüllung der Standespflichten folgen, eben diese eure Standespflichten erfüllt?“
[26.29] Wenn sie sagen werden: „Wir taten das Gute und das Rechtliche des Guten und des Rechtlichen selbst willen und durften auch mit gutem Gewissen diejenigen Vorteile genießen, die die Folge guter und rechtlicher Handlungen sind.“ –
[26.30] Dann aber werde Ich sagen: „Also seid ihr ja bezahlte Arbeiter gewesen und habt euren Lohn empfangen. Wieviel aber habt ihr dabei mit dem einen, euch anvertrauten Pfund für Mich gewonnen? Zeigt den Gewinn!“
[26.31] Und wahrlich, da werden alle diese das nackte Pfund aufweisen und werden sagen müssen: „Herr, das Pfund war in den Verhältnissen, in die wir auf der Welt gestellt waren, nicht zu gebrauchen; wir aber erkannten es als ein Heiligtum, darum tasteten wir es auch nicht an.“
[26.32] Und Ich sage: Da wird mit ihnen ebenfalls das geschehen, was von dem evangelischen Einpfündler ausgesagt ist, und diese Einpfündler werden jenseits ganz entsetzlich lange zu tun haben, bis sie sich auf einen Heller werden heraufgearbeitet haben. Da wird viel Heulens und Zähneklapperns vorangehen!
[26.33] Ich meine, das wird auch klar sein; beobachtet es, auf dass ihr nicht unter die Einpfündler geraten möchtet! Amen.
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