Schließlich gebe Ich euch noch ein kleines Notabene (1) bezüglich einer Untat, die hier vor 30 Jahren verübt ward. (2) Doch sollt ihr davon keinen weiteren Gebrauch machen. (3) Ein Besitzer dieser Realität hatte ein rechtmäßig nach euren Rechtsgesetzen ihm angetrautes Weib, (4) mit welchem Weib er einer ihm wohlgefälligen Hure wegen in dreijähriger Zwietracht lebte. (5) Er hatte ein Haus in der Stadt und war ein Bürger daselbst; (6) ließ aber seiner Unzucht halber sein Weib mit seinem Kind allhier wohnen. (7) Und da er durch seine liederliche Lebensweise sein Vermögen vergeudet hatte, da wollte er das Vermögen der Frau oder des Weibes auch angreifen; (8) weil ihn die reizende Hure nicht mehr erhören wollte in seinem durch sie verarmten Zustand.
(9) Daher kam er nun eines Tages heraus und quälte sein Weib unablässig, dass sie ihm ihr Vermögen einräume. (10) Da sie aber dieses nicht tun wollte, auch unter gar keiner von ihm erheuchelten Bedingung, (11) so glaubte er, endlich solches durch eine Misshandlung aus ihr herauszupressen.
(12) Es war gerade fast um die jetzige Jahreszeit und um die neunte Stunde abends, als er sie zu misshandeln anfing; (13) jedoch sie wehrte sich eben auch so gut, als sie nur immer konnte. (14) Da dieses alles nichts half, so nahm er einen Strick, warf denselben seinem Weib um den Hals und würgte sie, (15) in der Meinung, sie werde, von der Todesangst genötigt, ihm ihr Vermögen vermachen.
(16) Allein sie hatte den festen Entschluss gefasst in der frommen Einfalt ihres Herzens eher zu sterben, als ihn in seiner Hurerei zu unterstützen. (17) Deshalb hat er sie auch bis Mittemacht gewürgt, allwann sie unter vielen Schmerzen sich Mir anbefehlend ihren Geist aushauchte.
(18) Als er nun sah, dass sie wirklich tot war, (19) so erschrak er, dass er auf eine Zeit lang seine Besinnung verlor. (20) Endlich aber fasste er aus Furcht vor dem Gericht einen pfiffigen Entschluss, (21) nahm Licht, Krampe und Schaufel, (22) machte eine fünf Schuh tiefe Grube, (23) warf sie hinein, wie sie angezogen war, (24) und verscharrte sie daselbst, (25) und zwar gerade das alles unter der Weinpresse, (26) da am wenigsten jemand hingelangen konnte. (27) Seinen Bekannten aber log und erzählte er trauernd vor, dass ihm sein Weib abhandengekommen sei.
(28) Es wurden wohl auch von dem damals sehr lauen Gericht nun auf sein Begehren hie und da briefliche Nachforschungen angestellt; (29) allein die Tote war unter den Sterblichen freilich nicht mehr ausfindig zu machen. (30) Und diese Tat hat zu jener Zeit umso leichter können verheimlicht werden, (31) da man, wie ihr zu sagen pflegt, ohnedies in diesem Land nicht recht gewusst hatte, wer der Herr oder der Diener, oder wer der Koch oder der Kellner ist.
(32) Nun da habt ihr auch diese Begebenheit. (33) Jedoch was die Namen dieser Personen anbetrifft, daran soll euch wenig gelegen sein; (34) denn in Meinem Buch ist alles aufgezeichnet, (35) und auch der Flügel einer Mücke geht ewig nicht verloren. Amen. Ich, die ewige Weisheit. Amen.
Nachbemerkung. Diese Zeilen enthalten Großes, aber sie sind hart zu kauen. Darum spart eure Zähne – und übereilt euch nicht an dieser Nuss; nur noch eine kleine Zeit, bis die Zähne stark werden. Amen. Ich, die ewige Weisheit. Amen.
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