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150. Die Entstehung des Neuen Testaments – 25. April 1864 [Supplemente 1883]

  1. Ich habe dich schon gestern noch auf eine Menge andere kleinere Widersprüche aufmerksam gemacht, die sich in den drei Evangelien des Matthäus, Lukas und Markus begegnen. Und Ich will dich noch auf einige andere aufmerksam machen, die sich in der späteren Zeit nicht nur unter diesen bekannten drei Evangelisten, sondern noch bei weitem mehr unter der Menge der anderen, sowohl jüdischen und auch heidnischen Weiterverbreiter Meiner Lehre, die man auch Evangelisten nannte, in den verschiedenen Gemeinden derart eingewurzelt haben, dass schon in kaum dreißig Jahren nach Mir wegen der Verschiedenheit der Aussagen in den Schriften von Mir förmliche Kriege und sonstige Schlägereien sich erhoben haben; unter denen gleich jene zu Neros Zeit in Rom zwischen den vielen Judenchristen und paulinischen Heidenchristen derart feindselig ausgebrochen sind, dass es Nero für notwendig erschien, die große und überwiegende Anzahl der Judenchristen in Rom samt einem großen Anteil der von ihnen bewohnten Stadt zu vertilgen und sogar jener Römer nicht zu schonen, die das Panier des Judenchristentums gewisserart als Kennzeichen öffentlich zur Schau trugen.
  2. Aber es hat auch selbst diese grausame Verfolgung der Judenchristen von Seiten Neros wenig gefruchtet; denn unter den späteren Nachfolgern dieses Kaisers wussten sich die Juden dennoch wieder in Rom einzuschmuggeln und machten aus Rom ein zweites Jerusalem gleichwie die Griechen aus Konstantinopel. Und wie das geschehen war, so wurde besonders das römische Jerusalem (Rom) stets mächtiger, fabrizierte sich zum Teil aus den Judenevangelien, zum Teil mit der Annahme der alten jerusalemischen Tempelgebräuche und auch mit der der römischen Heiden, nämlich was das römische Pontifikat betroffen hat, seinen Ritus.
  3. Die Römer waren demnach im Besitz aller möglichen Judenevangelien sowie der alten Judenschriften und auch der Heidenevangelien und stellten da gewisse gelehrte sogenannte Kirchenväter auf, welche die Hauptfabrikanten der römischen Dogmen waren, die aber den griechischen Evangelien oft schnurstracks entgegen standen, und das umso leichter und umso mehr, weil der römische Oberhirte nichts Emsigeres zu tun hatte, als auch die Griechen mit seinen Missionaren zu beschicken, was nach 300 Jahren (325) nach Mir unter den Gläubigen eine solche Verwirrung hervorgebracht hatte, dass da viele der Griechen wieder anfingen, die heidnischen Altäre und Tempel aufzurichten und darinnen (in den Tempeln) der Göttin Minerva, dem Gott Apollo, dem Jupiter und der Ceres ihre Opfer darzubringen.
  4. Kaiser Konstantin, der für sich ein eifriger Christ war, beschloss diesem Unfug dadurch Schranken zu setzen, dass er in der Stadt Nicäa als dem Hauptsitz der verschiedensten Glaubensmeinungen eine große Kirchenversammlung zusammenberief, zu der auch der Oberbischof von Rom geladen wurde. Er selbst führte den Vorsitz und zeigte ihnen die üblen Folgen, die sich in jüngster Zeit aus der großen Glaubensverschiedenheit über Christus erheben müssten.
  5. Er schlug ihnen denn eine vollkommene Sichtung sowohl der geschriebenen Evangelien, wie noch mehr jener der traditionellen vor und sagte, dass man aus den vielen sich einander völlig widersprechenden Evangelien nur eines einzigen, und zwar dessen des Johannes sich bedienen solle, damit die Christen im Glauben einig würden und sich nicht mehr wegen der Glaubensverschiedenheit gar so verfolgten wie die wilden Tiere – und die Heiden lieber wieder zu ihrem alten Heidentum zurückkehrten, als so verbleiben unter einer solchen Lehre, von der man bei dem besten Wissen und Willen nirgendwo Wahres und Rechtes mehr erfahren kann.
  6. Denn so es in der Christenlehre irgendeinen Stifter gegeben habe, so muss er nur Einer gewesen sein, der auch nur eine Lehre den Menschen überliefert hat. Und diese eine Lehre müsse einen Sinn und einen Geist haben. So aber gebe es schon seit lange her eine große Menge der von Mund zu Mund überlieferten [Evangelien], von denen ein jedes von ihrem [seinem] ganz eigenen Christus spreche, der mit den anderen Christussen oft nur geringe Ähnlichkeit hat.
  7. Es würden demnach alle die vielen Evangelien bis auf eines, welches wohl das älteste sein dürfte, vollends zu verwerfen sein. Und so dieses von den Bischöfen nicht sollte genehmigt werden, so werde er sich selbst von dem Christentum ganz abwenden und allenthalben in seinem großen Reich das alte Heidentum wieder aufrichten lassen, das für sich trotz der vielen Götter um vieles einiger war als ein solches zerklüftetes Christentum.
  8. Da schlugen ihm die griechischen Bischöfe vor, dass die Namen Matthäus, Markus und Lukas auch in die alte Christenheit zurückfallen und nicht irgend doppelt oder auch noch mehrfach unter einem und demselben Evangelisten-Namen erscheinen. Und der Kaiser willigte dazu ein unter der Bedingung, dass man dazu auch die Lehre des heidnischen Apostels Paulus in Anbetracht ziehen sollte und mit ihr alle die anderen Evangelien fegen.
  9. Man machte ihn darauf aufmerksam, dass Paulus sich in seiner Lehre auch nicht immer gleich geblieben sei, indem er an die Heiden ganz andere Briefe schrieb und an die Juden wieder andere, die sich im Sinne und Geiste nicht völlig ähnlich wären. Und Konstantin sagte, dass dies eben nichts mache; denn Paulus habe doch am meisten bewiesen durch Worte und Taten, dass er keinen falschen Christus predigte, sondern nur Den, dessen Geist ihm vor Damaskus wunderbar das Amt eines wahren Apostels gegeben hat.
  10. Nach mehr als dreißigjähriger Beurteilung verwarf man endlich doch alles bis auf die vier noch gegenwärtig vorhandenen Evangelien samt der Apostelgeschichte des Lukas und den Briefen des Paulus und einigen wenigen Briefen weniger alter Apostel Christi mit der Offenbarung des Johannes, schrieb das alles nach der Ordnung in ein Buch und hieß es infolge der beiden Briefe des Paulus an die Hebräer: „Das neue Testament“ – welches dann von allen Bischöfen angenommen ward, das man aber in späteren hundert Jahren darauf doch wieder dahin umgemodelt hatte, dass man den Evangelisten Johannes in den Hintergrund schob und Matthäus, Lukas und Markus voransetzte, auch in den Kapiteln und Versen eine kleine Abänderung machte und überall vorzeichnete, an welchem Festtag ein oder das andere Evangelium dem Volk vorzutragen sei, wonach sich die Griechen noch heutigentags richten wie auch manche anderen christlichen Sekten.
  11. Rom aber hat für sich dennoch eine eigene Einteilung gemacht und in den späteren Zeiten fürs Volk ein kurzes Auszugs-Evangelium für Sonn- und Feiertage fabriziert. Das ganze Evangelium aber, wie auch die alten Bücher der Juden hat es dem Volk auf das Strengste verboten zu lesen und die Übertreter dieses Gebotes sogar mit dem Tode bestraft.
  12. Auf diese Weise ist also das gegenwärtige Neue Testament entstanden und wurde nach und nach auch als solches von den Christen vor ungefähr dreizehnhundert Jahren angenommen, das aber besonders von den römischen Bischöfen noch allerlei Abänderungen und mitunter auch eigenmächtige Zusätze erhielt, wie solche in der römischen Vulgata, besonders aus den von den römischen Kirchenvätern herrührenden Exegesen zu ersehen und zu erkennen sind und ein jeder nur ein wenig helldenkende Mensch es bald innewerden kann, wessen Geistes Kinder sie sind.
  13. Da kommt besonders eine solche Zusatzlehre vor, nach der die Seelen der Verstorbenen bis an den Jüngsten Tag hin zu schlafen haben, welche Lehre man mit dem griechischen Ausdruck Psychopanechia – d. i. Seelenschlaf – bezeichnete.
  14. Diese Lehre aber erhielt sich nur so lange, bis ein Papst das heute noch bestehende römische Messopfer einführte und dieses mit allem Pomp den römischen Christen erklärte, dass es als ein unblutiges Opfer die völlig gleiche Kraft und Macht habe als wie das einstige blutige Opfer Christi am Kreuz, und dass sich also Christus auf diese Weise wundersam für die wahren Christgläubigen der römischen Kirche Seinem Vater im Himmel aufopfere, und dass ein rechtgläubiger Christ, der ein solches Opfer zu seiner Heiligung für Darbringung eines kleinen diesweltlichen Opfers lesen lassen würde, alsogleich nach dem Tod des Leibes ohne langen Seelenschlaf von Christus erweckt und zur ewigen Glückseligkeit berufen werden kann. Und sei der Christ nicht ganz vollkommen, so kann er mehrere solcher Opfer für sich darbringen lassen, wird dadurch der ewigen Verdammnis entgehen und nach einer kleinen Läuterung jenseits im sogenannten Fegefeuer dennoch in den Himmel gelangen.
  15. Also ging das Dogma von dem Seelenschlaf, mit dessen Beibehaltung das neu erfundene Messopfer nichts eingetragen hätte, nach und nach selbst schlafen wie auch jenes überaus lächerliche Dogma, das da ernstlich lehrte, dass Gott nur einen geringen Teil der Menschen für den Himmel, den größten Teil derselben aber für die Hölle erschaffen habe.
  16. Diese beiden dummen Lehrsätze hat man mit der Zeit endlich ganz aufgehoben, aber dafür die bekannten fünf Kirchengebote und etliche neu kreierte Sakramente eingeführt, die Ich euch nicht eigens zu sagen brauche, da sie ein jeder an und für sich leicht erkennt.
  17. Obschon dadurch die christliche Lehre auf den strengen Rat des Kaisers Konstantin sehr vereinfacht wurde, so ist aber dennoch des Kehrichts in überflüssiger Menge in ihr zurückgeblieben trotz der oftmals zugelassenen und vorgenommenen Sichtungen, von denen eine jede eine gewisse Sektenabtrennung zur Folge hatte, wodurch dann wieder mehrere Christusse entstanden sind, die bis zur Stunde einander als gegenseitige Erzfeinde sich bei den Haaren ziehen.
  18. Darum muss nun die letzte und größte Sichtung vor sich gehen, und – wie schon früher bemerkt – die Sichtungsmaschine heißt: die Wissenschaft.
  19. Die sich anfeindenden Christusse müssen hinaus samt allen ihren Anhängseln, auf dass der Eine vom Johannes gepredigte Christus unter den Menschen erscheinen und Wohnung nehmen kann.
  20. Es wird zwar das so manchen harten und schweren Kampf mit sich bringen, von dem aber eben die wahren Anhänger Christi nichts zu befürchten haben; denn sie werden in allem vielfach gestärkt werden, woraus dann auch den anderen bis jetzt noch minder Gläubigen ein Licht aufgehen wird, welches auszulöschen sie nicht mehr imstande sein werden.
  21. Und Ich, der Herr, der dieses einst schon durch den Mund des Johannes zu euch geredet hat, werde die Erde auf allen Orten und Punkten mit allerlei Gericht und Kalamitäten, als durch gewaltige Kriege, durch große Teuerung und Hungersnot, durch allerlei Pestilenz unter den Menschen und Tieren, durch große Erdbeben und andere Erdstürme, durch große Überschwemmungen und auch durch verschiedene Feuer heimsuchen. Aber die Meinen werde Ich in der großen Liebe erhalten, und sie werden an nichts Mangel zu erleiden haben.
  22. Wer Mich aber nun in dieser Meiner zweiten Ankunft wird wie und wo immer zu verfolgen trachten, den werde Ich von der Erde zu vertilgen verstehen.
  23. Was aber die anderen Widersprüche in den vier vorhandenen Evangelien betrifft, so werden sich die von selbst im Johanneswerk verlieren, und Ich werde dafür wie gesagt am Ende noch einen eigenen Anhang hinzufügen, durch welchen alles Unrichtige vollends gründlich erkannt wird.
  24. Und somit begnügt euch vorderhand mit dem, was Ich euch gegeben habe und arbeitet fleißig am lebendigen Studium des Johannes; denn in dem werdet ihr noch zu einer Überfülle des Lichtes gelangen. Hat aber jemand noch etwas für sich, das er wissen möchte, so mag er fragen, und Ich werde also bereit sein, ihm darüber ein kurzes und helles Licht zu geben.

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