Ich habe euch schon gestern erwähnt, dass von dem außerordentlichen Jüngsten Gericht im Evangelium Matthäi (l’Rabbas) und noch mehr im Evangelisten Lukas eine ausführlich große Erwähnung gemacht ist, und dass eben dieses Jüngste Gericht vielseitig schuld war und noch ist, dass sich gar viele Menschen von Meiner Lehre ganz abgewendet, sich selbst Lehren aus der reinen Vernunft nach ihren Verstandeskräften gebildet, nach denselben ihre Nebenmenschen gelehrt, selbst gehandelt und gelebt haben, und von des Schreckenstages Lehre und Propheten nichts mehr hören und wissen wollten.
Denn sie sagten, und zwar nicht mit Unrecht: Wie kann ein endlos weiser ewiger Gott, aus dessen großen und kleinen Geschöpfen sicht- und fühlbar nur die Liebe atmet, eben die größte Anzahl der Menschen einzig darum nur ins Dasein gerufen haben, um sie nach einem kurzen Leben auf einer materiellen Welt, die ohnehin von lauter Tod und Elend zusammengesetzt ist, nach dem Hintritt ins Jenseits ewig zu quälen und zu plagen für die Vergehen, die sie in ihrem Leib auf der Welt begangen haben?
Ich sage euch, solches wäre nicht einmal dem höchsten und bösartigsten Tyrannen auf der Welt möglich. Denn es ist sicher so manchem aus euch aus der Geschichte der Ur-, Vor-, Nach- und Jetztzeit nicht unbekannt, dass sich zu große Tyrannen am Ende vor sich selbst zu fürchten angefangen – und gar manche aus ihnen sich geflüchtet haben, ohne einen besonderen anderen Grund, als aus einer sich stets steigernden Furcht vor sich selbst, und fanden auf solcher Flucht auch gewöhnlich ihren Untergang.
Allein hier kann Ich euch in Bezug solcher Auswürflinge der menschlichen Bosheit das hinzusagen, dass sie nach einer gewissen Zeit ihrer tyrannischen Herrschaft von stets mehr und mehr bösen oder ungegorenen Dämonen in Besitz genommen wurden und diesen als Werkzeuge ihrer dämonischen Rache, die sie gegen ein Volk hegten, dienen mussten.
Wenn man diese Tyrannen, die vor den Augen der Welt wahrlich Gräueltaten auf Gräueltaten gehäuft haben, darum schon für ewig in die Hölle verdammen sollte, so wäre man als Richter ja selbst ein größerer Tyrann, als solche es waren. Nie könnte Derjenige, der Ich Selbst war, den Vater als die ewige Liebe in Mir unter den größten Schmerzen Meines Leibes für alle diejenigen, die Mich gekreuzigt und kreuzigen haben lassen, bitten, dass Er ihnen vergeben solle, indem sie nicht wüssten, was sie täten!
Denn von den Pharisäern, vom Hohenpriester Kaiphas angefangen bis zu den Schergen, die Meinen Leib ans Kreuz geheftet haben, wusste wahrlich keiner, mit wem sie so ganz eigentlich es an Mir zu tun hatten. Denn die Pharisäer hielten Mich trotz aller Meiner Taten und Lehren erstens für einen Hauptmagier aus der Schule der Essäer, die bei ihnen über die Maßen verhasst waren, und fürs Zweite hielten sie Mich für einen Judenaufwiegler, als der Ich den Römern eine Gelegenheit bereite, damit sie denselben alle Freiheit und am Ende sogar ihren Religionskultus verböten. Je größere Zeichen Ich demnach wirkte, um desto mehr wuchsen Meine euch wohlbekannten Feinde.
Was aber die Schergen betrifft, so waren die meisten Soldaten der Römer als Söldlinge von allen Nationen des Römischen Reiches zusammengerafft und waren den Römern umso lieber und wünschenswerter, je grausamer und herzloser sie sich in den Schlachten und auch kleinen Exekutionen zeigten; denn ein gefühlvoller römischer Soldat wäre ein wahres Unding für den kriegerischen Sinn der Römer gewesen. Aus dem geht aber auch sicher hervor, dass die gemeinen römischen Söldlinge noch weniger wussten, was sie taten, als Meine euch schon bekannten Erzfeinde selbst.
Und es lässt sich hier wieder fragen, ob es nach Meiner göttlichen Weisheit wirklich recht und gerecht gewesen wäre, alle diese für das, was sie an Mir getan haben, für ewig in die Hölle zu verdammen und sie zu werfen in die ewige Marter, Qual und Pein.
Habe Ich etwa den linken Schächer, der Mich bekanntlich am Kreuz verhöhnte, darum verdammt? Dies steht wahrlich nirgends geschrieben. Aber dem anderen Schächer, der Mich als einen Gerechten erkannte und dem linken Schächer wegen seiner Höhnerei einen guten Verweis gab, gab Ich dafür die Versicherung, dass er noch am selben Tag bei Mir im Paradies sein werde, obschon er des Raubes und Mordes wegen am Kreuz sterben musste.
Wo bleibt denn da der so schrecklich geschilderte Gerichtstag, an welchem etwa kaum ein Dezillionstel der Menschen in den Himmel kämen, alle anderen aber für ewig in die Hölle?!
Wie kann Der von einem solchen Schreckenstag gepredigt haben, der im Tempel der Ehebrecherin Schuld in den Sand schrieb, und ein anderes Mal in Gegenwart vieler anwesender Sünder laut ausrief: „Kommt alle zu Mir, die ihr mühselig und beladen seid, Ich will euch erquicken!“
Wieder sagte Ich einstens, als Mich ein Schriftgelehrter fragte, der so einen halben Glauben an Mich bezeugte: „Meister! Ich erkenne, dass Du recht und gerecht lehrst, und man kann dem, was Du lehrst, nichts einwenden; doch sagtest Du in Deiner Lehre: Wer an Dich glaubt und nach Deinen Worten handelt, der wird das ewige Leben haben – auch dann, so er stürbe, wenn es möglich wäre, zum hundertsten Mal in der Welt! Nun betrachte Du aber die Völker und Menschen auf dieser Erde, die von Dir und Deiner Lehre sicher in 2.000 Jahren und darüber nichts werden vernommen haben! Wie werden sie an Dich glauben und nach Deinen Worten leben? Werden diese nahe zahllos vielen Menschen alle in den ewigen Tod übergehen, weil sie an Dich nicht glauben konnten und nicht halten Deine Wort?“
Da dieser Schriftgelehrte bei einer Gelegenheit zur Nachtzeit solche Frage an Mich stellte, so zeigte Ich ihm mit zwei Fingern hinauf an das mit Sternen vollgepfropfte Firmament: „Da sehe hinauf, dies ist das Haus Meines Vaters! Und in diesem endlos großen Haus gibt es gar viele Wohnungen. Der Mich hier nicht konnte kennen lernen und vernehmen Mein lebendiges Wort, für den wird sich schon in diesem großen Haus irgendeine Gelegenheit finden zu dem Zwecke seines ewigen Lebens! Darum sorge du dich nicht für jene, welche nun und auch in später Folge von Mir dahier nichts werden vernehmen können; denn Mein Vater kennt sie alle und hat auch nicht einen aus ihnen zum ewigen Fall, sondern zur ewigen Auferstehung aus Seiner Liebe und Weisheit ins Dasein gerufen! Und du hast dadurch an Mich zwar eine weise scheinende, aber darum doch eitle Frage gestellt.“
Habe Ich darum den schlechten Haushalter seines Herrn, was ihr im Grunde alle mehr oder weniger seid, wegen seiner schlechten Haushalterei verdammt, weil er seinen Herrn betrog, aber dabei dessen Schuldnern eine Wohltat erwies, und das noch dazu deshalb, weil er wohl wusste, dass ihn sein Herr vom Dienst entlassen werde? Ich sagte da nicht: Werdet solch einem Haushalter nicht gleich, sondern – tut desgleichen, wie auch er getan hat, und jene, denen ihr auf Rechnung Meines Namens geistige und leibliche Wohltaten erwiesen habt, werden euch dereinst in ihre himmlischen Wohnungen aufnehmen!
Wo sieht bei solch einer Lehre der schreckliche einstige jüngste Gerichtstag heraus, in welchem die zwei euch bekannten Nach-Evangelisten – als der l’Rabbas statt des Matthäus und der Theophilus statt des Lukas – so manches wider Meine Liebe und Weisheit sich haben zuschulden kommen lassen?
Das meiste und Schaudererregendste aber ist erst nach der großen Kirchenversammlung zu Nicäa – sowohl von Seiten der griechischen, noch mehr aber der römischen Oberbischöfe geschehen. Denn diese haben sich alle Mühe gegeben, zum Teil aus dem heidnischen Tartarus und zum Teil aus dem alten jüdischen Scheol dem jüngsten Gericht, dem Fegefeuer und der Hölle die lebhaftesten Farben zu verleihen und haben aus Mir in einer Person den euch bekannten Äakus, Minos und Rhadamantus, die das jenseitige Richteramt über die Seelen der Verstorbenen führten, gemacht. Und Ich müsste demnach allerunerbittlichst und unbarmherzigst alles richten, verdammen und auf ewig in die Hölle verfluchen, was sich nicht den Anordnungen und Befehlen des sogenannten Heiligen Vaters in Rom fügt.
Ich meine euch hiermit zur Genüge gesagt zu haben, dass weder Ich noch irgendeiner Meiner echten Evangelisten die Erfinder und Lehrer alles dessen sind und sein können. Denn Ich kann doch von Mir nicht selbst behaupten, dass Ich heute die höchste Liebe und Erbarmung bin und morgen die höchste Rachgier, unerbittlichste Unbarmherzigkeit und ewige Straf- und Martersucht gegen Meine Kinder ob ihrer Vergehen, an denen sie grundursächlich oft nicht den hundertsten Teil der eigentlichen Schuld tragen.
Denn Ich bin ja nicht gekommen, um das, was verloren war, noch mehr verloren zu machen, sondern es in aller Liebe aufzusuchen und wieder an das Licht zu bringen, damit es nicht verlorengehe. Als Heiland kam Ich ja nur der Kranken und nicht der Gesunden wegen in die Welt. Hätte Ich die Kranken etwa noch kränker machen sollen, als sie es ohnedies schon waren? Das ginge wohl nach der Lehre und nach dem Sinne der Pharisäer und besonders der vielen sogenannten heiligen Väter Roms, aber nie nach Meinem Sinne, der Ich Selbst als Mensch Mich von anderen Menschen nicht einmal ‚guter Meister‘ benamsen ließ. Da geht das unmöglich; denn Ich sagte: Was heißet ihr Mich gut? Niemand ist gut als Gott allein. Also sollt ihr auch niemanden ‚Vater‘ nennen, außer euren Vater im Himmel. Und niemand ist heilig, denn euer Gott allein.
Was ist hernach von einem solchen sein wollenden Stellvertreter Gottes auf Erden zu halten, der sich selbst „Heiliger Vater“ und „Euer Heiligkeit“ titulieren lässt, – und was von dem am meisten von ihm ausgehenden jüngsten und vorhergehenden besonderen Gericht, Fegefeuer und Hölle zu halten?!
Ich sage euch, ebenso viel als von seiner Heiligkeit, von seinen ihm untergeordneten Eminenzen, vom Stuhl Petri in Rom, welche Stadt Petrus nie gesehen hat, und von den Kreuzpartikeln etwa desjenigen Kreuzes, auf dem Ich gekreuzigt wurde, das sich aus höchst wohlweisen Gründen auf der ganzen Erde ebenso wenig als echt irgend mehr vorfindet, als wie wenig Mein Leibrock, der zu Trier in Deutschland zu öfteren Malen gezeigt wurde, echt ist oder die Gebeine der Leiber der Drei Könige in Köln oder die drei eisernen Nägel in Mailand, da es deren in allen römischen und griechischen Kirchen zusammen eine solche Anzahl gibt, dass man mit ihnen eine kleine Eisenbahn herstellen könnte.
Das Weitere könnt ihr euch wohl selbst denken, und Ich brauche euch darüber nicht viel mehr zu sagen. Dass man bis jetzt bereits über drei echte Köpfe Johannes des Täufers gefunden hat, wird euch mehr oder weniger bekannt sein sowie auch, dass man in der Grotte Meiner Geburt noch fortwährend versteinerte Milch Meiner Mutter Maria auffindet und ums Geld an die frommen Pilger verkauft nebst vielen anderen heiligen Reliquien.
Haltet euch daher nur an den Evangelisten Johannes, denn dieses Evangelium sowie seine Offenbarung sind von seiner Hand geschrieben. Was aber die zwei anderen Evangelisten betrifft, als den Matthäus und Lukas, so habe Ich euch schon gezeigt, welche Bewandtnis es mit diesen beiden Evangelien hat. Nach Johannes ist Markus noch am meisten zu berücksichtigen, denn das, was er in aller Kürze gibt, hat er zumeist aus den Schriften und Lehren des Apostels Paulus geschöpft.
Und somit [Schluss] in puncto des allerschrecklichsten, am Ende aller Zeiten kommen sollenden jüngsten Gerichtstages — Amen!
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