„Sucht, so sollt ihr finden, bittet, so wird man euch geben, und klopft an, so wird euch aufgetan!“ – Oder: „Betet ohne Unterlass“ – d. h. habt eure Herzen beständig bei Mir, und das vollkommen, nicht aber stets zur Hälfte auch bei der Welt, so werdet ihr gar bald und leicht finden, was ihr sucht, ebenso leicht und bald empfangen, um was ihr bittet, und die Pforten des Lebens werden euch ohne weiteren Verzug aufgetan werden.
So aber jemand also beschaffen ist, dass er nur sucht in der „Mauer“, die da angestopft ist voll von heidnischen Schnitz- und Pinselwerken, und bittet vor Statuen und betet vor dem gebackenen Brot und klopft an die Steine, wahrlich, der wird wenig finden, noch weniger empfangen, und die Steine werden sich nicht an sein Klopfen kehren!
So aber da jemand sagen möchte: „Herr, ich habe schon eine geraume Zeit gesucht, gebeten und geklopft, und es hat sich dennoch nichts Eigentliches finden lassen, noch habe ich etwas Bestimmtes erhalten, noch hat sich vor mir etwas aufgetan!“ – dem sage Ich: Freund, was sprichst du?! Höre und siehe, Ich will dir gute Bilder zeigen, und diese sollen Mich rechtfertigen bei dir, auf dass du dich nicht grämst über Meinen Verzug!
Siehe, es hatte ein Bräutigam eine reiche und überaus schöne Braut. Die Braut aber war überaus klug und sprach bei sich selbst: „Ich weiß, was ich tun will, damit es sich zeige, ob mein Bräutigam es völlig ernstlich mit mir meine. Ich werde verreisen und er soll nicht erfahren wohin. So ich aber verreise, da will ich es also anstellen, dass ich es nur tue zum Schein und verbleibe in Wirklichkeit dennoch in der Nähe des Bräutigams, damit mir nichts entgehe und ich es genau merke, wie sein Herz beschaffen ist.“
Da aber die Braut verreist, da sagt der Bräutigam bei sich: „Siehe, meine Braut ist verreist und hat mir die Treue meines Herzens heilig anempfohlen und hat mich auch versichert, sie werde in aller Kürze wiederkommen. Allein statt ihr Wort zu halten, schreibt sie nur einen Brief um den anderen, ermahnt mich stets zur Treue und will selbst doch nicht kommen. Was soll das? Sie vertröstet mich immer und sagt: ‚Ich komme, ich komme morgen‘ – und siehe, sie kommt nicht! Was kann sie wohl haben, darum sie also stets verzieht?“
Die nahe Braut aber, verkleidet als ein Diener beim Bräutigam, spricht zum Bräutigam: „Mein Herr, erlaube dem Diener ein Wort mit dir zu sprechen, denn ich weiß es genau, was deine Braut verziehen macht. Siehe, deine Braut, welche dir näher steht als du es ahnst, erfährt stets und stets, dass du auch mit einer Hure reizenden Fleisches eine Sache hast und teilst dein Herz zwischen der Braut und der Hure. Und solches ist der Grund, warum deine Braut verreist ist und nun also verzieht. Lasse ab von der Hure, und deine Braut wird nimmer verziehen!“
Seht das Bild und betrachtet es genau in euch, und ihr werdet es überleicht erraten, dass hier ihr die Bräutigame und Ich die Braut bin. Die Hure aber ist die Welt!
Ich sage euch aber: Die Braut ist verkleidet unter euch und beobachtet alle eure Schritte und Tritte des Herzens und spricht nun auch zu euch allen: „Lasst völlig ab von der Hure, und die Braut wird nicht mehr verziehen für jene, die sich völlig zu ihr gekehrt haben!“
Also sucht, bittet und klopft, so wird euch die Braut werden! Sucht, bittet und klopft „aber im Geiste und in der Wahrheit, und nicht in der Mauer und im Schnitz- und Bilderwerk und im gebackenen Brot“, sondern, wie gesagt, im Geiste und in der Wahrheit in eurem Herzen, so werdet ihr es finden, erhalten, und die Braut wird auftun die Tür zu ihrem Gemach!
Dieses sei euch allen beschieden in diesem neuen Jahr! Amen. Das sagt die Braut! Amen.
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