Ich weiß es nur zu überaus gut, wie sehr diese etwas saumselig scheinende Heilung des Blinden von Bethsaida gar vielen zu einem Stein des Anstoßes geworden ist und noch fürder bleiben wird. Aber Ich weiß es auch, warum und wes Grundes Ich eben diesen Blinden also behandelte, zum ewigen Zeugnis wider die arge Welt. Diese aber soll sich nur stoßen nicht nur an dieser, sondern an noch tausend anderen Stellen, auf dass sie sich zerschelle.
„Bethsaida“ stellt hier die äußerste „Welt“ dar, in der nur einer für die Welt blind war. Aber eben diese Blindheit für die Welt war der Grund, aus dem dieser einzige für die Welt Blinde es merkte, dass Ich nach Bethsaida kam, und darum die Weltsehenden bat, dass sie ihn zu Mir führten, auf dass Ich ihn heilte und ihm wiedergebe das Licht der Welt.
Da von Mir aber gemäß der vollen Willensfreiheit jeder haben kann, was er will, Gift und Balsam, wie sie auf der Erde vorkommen, so konnte auch dieser haben, was er wollte. Er wollte anfangs das Weltlicht, darum führte Ich ihn außerhalb des Fleckens und spützte allda in seine Augen zum Zeichen Meines gerechten Abscheus vor der Welt und ihrem Licht, legte ihm aber auch Meine Hände auf zum Zeichen, dass er, wie jeder in der Welt, sich in der Macht Meiner Hände befindet, ob er es merkt oder nicht, und Anteil hat an Meiner Gnade und Erbarmung, so oder so, d. h. entweder für den Himmel oder, so es ihm lieber ist, auch bloß für die Welt!
Aus eben diesem Grunde ließ Ich diesen einzigen Blinden von Bethsaida nicht sogleich allerklarst weltsichtig werden, sondern nur wie durch einen Schleier, und fragte ihn dann, ob er etwas sehe. Und der für die Welt Blinde blickte in der Welt auf und sprach: „Ich sehe die Menschen wie Bäume wandeln!“
Diese Aussage ward zu einem Zeichen und Zeugnis, wie die Weltmenschen aussehen ihrer inneren Natur nach, und was sie darnach sind, nämlich: sie sehen aus wie wandelnde Bäume, die kein Leben mehr haben, da ihre Wurzeln in keiner Erde mehr stecken, dass sie Nahrung bekämen, sondern in der Luft hängen – weil sie von den Orkanen ihres Weltsinns und ihrer Weltleidenschaften sich haben aus dem Erdreich Meiner Liebe, Weisheit und Ordnung reißen und gänzlich entwurzeln lassen!
Da der Weltblinde durch dies Bekenntnis der Welt ein richtiges Zeugnis angesichts Meiner und Meiner Brüder gab und in sich gewahr wurde, was an der Welt und ihrem Licht ist, so legte Ich ihm nun aus rechter Gnade und Erbarmung abermals die Hände auf, damit er das, was er nur wie durch einen Schleier sah, auch in der vollen Klarheit schauen solle. Und Ich spützte ihm darum auch nicht mehr auf die Augen, zum Zeichen, dass Mir ein rechter, wahrer Blick in die Welt angenehm ist, demzufolge die Welt einen solchen Richtigseher nicht mehr in ihre tausendmaltausend Schlingen fangen kann zum ewigen Verderben.
Durch diesen puren Gnadenakt der Händeauflegung ohne vorhergehende Anspützung wurde der Blinde erst völlig hergestellt. Als er aber also hergestellt war, da sprach Ich zu Ihm: „Gehe nun in dein Haus“, d. h. in das Haus deines Geistes, deines inneren Lebens. Wenn du aber in den Flecken gehst, d. h. wenn du in der Welt etwas zu tun hast, so lasse sie es nicht merken, dass du von Mir aus sie nun in ihrem wahren Höllenlicht beschaust, auf dass du Ruhe habest vor ihr und sie dir kein Leid zufügen könne. Dies besagt das freundliche Verbot: „und sage es niemand, sondern behalte es in dir!“ Denn die Zeit der Ausbreitung Meines Reiches in der Welt ist noch nicht da, darum, weil die (Erden-)Welt noch immer „Welt“ ist und (die „Welt“) solches in sich bleiben wird ewig!
Siehe nun, also ist dieses evangelische Faktum zu verstehen und lässt eine andere Deutung nicht zu, außer eine rein himmlische, darnach der Weltblinde die Seele des Menschen, der Flecken Bethsaida sein Leib und das Haus des Weltblinden sein eigener Geist ist, und zwar unter entsprechenden gleichen Verhältnissen.
Da Ich dir nun aber dies gewichtige Bild enthüllt habe, so verstehe es auch also tatsächlich! Denn du weißt es, dass das Wissen allein niemand etwas nützt, sondern lediglich das Tun. Also tue du zuerst darnach stets gleichfort wie bis jetzt. Denn siehe, noch ist die Welt stetsfort gleich dem Flecken Bethsaida. Daher enthalte sich jeder in allem von ihr und lasse es sie nicht merken, dass er sie kennt in ihrer wahren Gestalt, auf dass er von ihr keinen Schaden bekomme, weder leiblich und noch viel weniger geistig! Das sage Ich, der wahre Augenarzt, dir für ewig! Amen.
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