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169. Gebt Gott, was Gottes, und dem Kaiser, was des Kaisers ist (Mat. 22,21) – 23. Mai 1847 [Aehrenlese 1856]

  1. Es gibt jetzt gar viele in der Welt, die da keine Grenze finden können, was Gottes ist und was des Kaisers. Ja manche sind sogar in jeder Hinsicht Republizisten, d. i. sowohl gegen Gott und gegen den Kaiser. Von solchen sei hier die Rede mitnichten. Denn der da über sich nichts Höheres anerkennen will und sich selbst genügt, der hat in sich schon jene höchste Wahnstufe erreicht, auf der er wohl schwerlich je wird eines höheren und reellen Aufschwunges fähig werden.
  2. Selbstsucht, Selbstliebe, eigenmächtiger Eigendünkel von Eigengröße und Eigenfülle an Weisheit – also echter Stoizismus in der allertrockensten Bedeutung des Wortes und Sinnes, sind eine wahre Blausäure für den Geist. Welcher Geist damit vergiftet ist, der wird wohl auch schwerlich je unterscheiden können, was für ein Unterschied da ist zwischen den Pflichten eines rechten Menschen gegen Gott und gegen den Kaiser!
  3. Darum sei das hier Gesagte auch nur an jene gerichtet, die da suchen, aber dennoch das Rechte nicht finden können, weil sie noch so manches weltliche Irrlicht in ihrem Herzen daran hindert.
  4. Um aber solche Irrfunken im Herzen auszulöschen, so sei hier der Pflichtunterschied in aller Kürze gezeigt, der da zwischen Gott und Kaiser obwaltet, und was der Mensch dem einen und was dem anderen zu geben schuldig ist. Und so hört denn und merkt wohl auf, was da ist, das der Herr darüber spricht!
  5. Der Mensch besteht aus Geist, Seele und zeitweilig aus einem materiellen Leib. Die Seele ist der eigentliche Mensch zwischen Geist und Leib und muss mit ihrem Verstand und ihrer Vernunft sorgen gleich wie für den ewigen Geist, also auch für den zeitweiligen Leib.
  6. Was aber braucht der Geist, und was der Leib? Das ist nun jedem aus euch sicher mehr als über die Maßen bekanntgegeben worden, und es wäre gleich einem leeren Strohdreschen, wenn hier all das viele darüber Gegebene sollte förmlich aller Länge und Breite nach wiedergekäut werden. Daher nur das Nötigste in aller Kürze!
  7. Gebt also dem Geist, was rein des Geistes ist, und dem Leib, was des Leibes ist – aber also nach der Ordnung, dass darob dem Geist kein Nachteil werde! Also dem Geist das Seinige und dem Leib das Seinige!
  8. Wer sieht hier nicht auf den ersten Blick, dass alles, was vom Geist kommt, als das Wort Gottes, der Glaube, die Liebe und das festeste Vertrauen auf Mich, den Herrn, rein Geistiges ist und dem Geiste angehört;
  9. irdische Speise und Trank, Kleidung, Wohnung und Künste und Gewerbe, insoweit sie zum Ernährungserwerb brauchlich, sind aber Angehör des Leibes und daher auch dem Leib zu verabreichen auf die Art, wie er dieselben anzunehmen fähig ist im gerechten Maß und Ziel – die Speise und der Trank in seiner Art, die Kleidung in ihrer zweckdienlichen Art, die Wohnung desgleichen und die nötige Fertigkeit und Geschicklichkeit zur natürlichen Ausübung von Künsten und Gewerben.
  10. Seht, da ist Gott und Kaiser nebeneinander gestellt, und jeder aus euch kann daraus überleicht ersehen, was er als reiner Seelenmensch dem einen und was dem anderen zu geben schuldig ist.
  11. Wie sich aber die beiderlei Pflichten bei und in einem und demselben Menschen verhalten, ebenso verhalten sie sich auch im weiteren Sinne zwischen Mir, Gott dem Herrn, und zwischen einem weltlichen Oberhaupt, das lediglich von Mir aus irdisch bemächtigt ist und keine andere Macht hat, als die ihm von Mir, dem Herrn aller ewigen und unendlichen Macht und Kraft, verliehen ist, so oder so, süß oder bitter, nach dem Bedürfnis der Menschen, die da sind entweder gut oder böse.
  12. So ein weltliches Oberhaupt ist und bleibt stets eine Zuchtrute in Meiner Hand. Und jeder Mensch ist daher ihm das zu geben schuldig, was er ordentlicherweise seinem eigenen Leib schuldet.
  13. Aber was er seinem Geist schuldet, das geht das Staatsoberhaupt nichts an. Und wenn dieses darin auch über seine Grenze Forderungen an die Menschen stellt, so wird es darin auch sein unvermeidliches Gericht finden.
  14. So aber irgendein Monarch durch leiblichen Zwang auch den Geist der Menschen in Fesseln ziehen und ihm aus der Materie vorschreiben will, welche Gebühr er Mir, dem Herrn, zu entrichten schuldig sei, so entrichte der Aufgeforderte des Kaisers willen auch solche, damit er ihn nicht ärgere. Aber im Herzen kehre er sich nicht daran, sondern gebe Mir da im Geist und in der Wahrheit, was Mein ist, so werde Ich dann schon ein sicheres Mittel treffen, den Kaiser also zu richten, wie er es ob seiner missbrauchten Gewalt an der Menschheit verdient hatte.
  15. Niemand aus den einer kaiserlichen Gewalt Untergebenen aber soll sich unterfangen, in irgendetwas den Kaiser richten zu wollen, ob er gut oder böse handelt! Denn solches habe Ich Mir ganz allein vorbehalten.
  16. Alles aber, was jemand für den Kaiser tun kann aus gutem Herzen, das tue er und bete häufig für den auf eine hohe und harte Probe gestellten Bruder, so wird er im Vollmaß dem Kaiser geben, was er demselben schuldig ist, und in solcher allgemeinen Nächstenliebe auch sicher Gott, was Gottes ist.
  17. Was darunter oder was darüber – ist Sünde. Wer da aus speichelleckerischen, eigennützigen Absichten unter dem patriotischen Deckmantel den Kaiser förmlich anbetet und mit ihm eine wahre Abgötterei treibt, der sündigt, indem er dem Kaiser gibt, was allein nur Gott dem Herrn gebührt. Wer aber dem Kaiser die geziemende Ehrfurcht versagt, ihm ungetreu dient und andere Pflichten, die der Kaiser von ihm fordert, durch allerlei Schleichwege vorenthält, der sündigt eben auch und gleicht einem Menschen, der gegen seinen Leib fortwährend mit ganz ernsten selbstmörderischen Ideen umgeht – wie der erstere, der dem Kaiser zu viel gibt, gleich ist einem, der an und in seinem Leib einzig und allein den Gegenstand findet, dem er alles zuwenden muss, da dann ist einer ein größerer Sünder als der andere und jeglicher in seiner Art gleich.
  18. Aus dieser sehr klaren Mitteilung wird sicher jeder von euch einsehen, was er so ganz eigentlich Gott und was er dem Kaiser schuldig sei – und was für ein leicht begreiflicher Unterschied da ist zwischen diesen beiden Hauptpflichten eines jeden Menschen, welche sich am Ende dennoch in den zwei Hauptgeboten der Liebe ganz vollkommen wiederfinden.
  19. Da ihr aber solches versteht, so tut auch darnach im Geiste des Evangeliums, der hier gezeigt ist, körperlich, so werdet ihr wahrhaft selig leben zeitlich und ewig. Amen, Amen, Amen.

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