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66. Das Götzentum

Am 13. April 1847

[66.1] Was nützt da das eitle Klagen, was das lose Schimpfen und Hecheln und was das törichte Sich-Freisagen von allem dem, was eine solche mit Götzentum angestopfte Kirche zu halten und zu beobachten vorschreibt?

[66.2] Das alles nützt nichts! Wenn einmal irgendein Strom geht und kräftig geworden ist, da ist es zu spät, ihn einzudämmen und ihn aufzuhalten in seinem Lauf, da er dadurch nur noch mehr anschwellen wird, und wird zerreißen die Dämme und dann verwüsten alles Land, das er überflutet. Das Vernünftigste dabei ist, dem Strom seinen Weg zu lassen; wenn er das Meer erreicht haben wird, wird sich seine Wut schon abkühlen und gänzlich vermindern.

[66.3] Ebenso töricht wäre es, in einem solchen Strom aufwärts schwimmen zu wollen. Da würde wohl niemand um ein Haar weiter kommen; denn je kräftiger er den ihm entgegengehenden Wogen Trotz bieten wollte, desto kräftiger und heftiger werden sie an seine Stirn schlagen und ihn bald in den Grund hinabwirbeln. Am besten ist es, den Strom fließen zu lassen, wo und wie er fließt; selbst aber sich vom Strom so weit als möglich zu entfernen im Herzen und den trockenen aber sicheren Weg der reinen Wahrheit zu verfolgen.

[66.4] Das Sich-Auflehnen gegen etwas, das sich einmal in bestimmten Normen jahrhundertelang mehr und mehr begründet hat, wäre wohl die größte Tollheit; es wäre ein Krieg zwischen einem und tausend Soldaten. Was wird der eine wohl gegen tausend ausrichten? Dasselbe ist gerade mit einem solchen der Fall, der sich gegen eine wie immer beschaffene allgemeine Ordnung auflehnen wollte; seine Ansichten mögen noch so richtig sein, was will er aber machen, wenn die große Masse blind und taub ist? Da heißt es klug sein und den Mantel redlicherweise nach dem Wind kehren und nicht gegen denselben, da er ihm wenig nützen würde.

[66.5] Ich aber sehe ohnehin nie auf das Äußere, sondern allzeit nur auf das Inwendige im Menschen; und so kann ein jeder ehrliche Christ in einem Bethaus ganz wohlgemut dem sogenannten zeremoniellen Gottesdienst obliegen, in seinem Herzen aber bei Mir sein, so wird ihm das nicht den allergeringsten Schaden bringen.

[66.6] Wen aber dieser Gottesdienst ärgert, der bleibe draußen; denn bei den Ohren wird niemand hineingezogen. Und wäre auch letzteres der Fall, so wird es niemand schaden, wenn er hineingeht; denn besser ist es doch noch immer, sich in einem Bethaus zu befinden und eine gewisse Andacht zu verrichten, als an den allgemein gebotenen Fest- und Feiertagen sich entweder auf eine Jagd zu begeben oder in ein Spielhaus zu gehen oder wucherische Geschäfte zu machen, Ränke zu schmieden, Huren zu besuchen und dergleichen Lumpereien mehr.

[66.7] Neben den Zeremonien werden ja auch noch Predigten gehalten, vor welchen doch wenigstens einige Verse des Evangeliums vorgelesen werden. Und will schon jemandem eine Predigt nicht munden, der bleibe bei den vorgelesenen Versen aus dem Evangelium, und er wird aus solchen Versen so viel herausnehmen können, dass er daran hinreichend haben wird, das ewige Leben zu erlangen, wenn er nur den wenigen Versen eine richtige Folge leistet. Demzufolge kann nicht leichtlich jemand etwas verlieren, wenn er sich auch in ein solches Bethaus begibt, wo er noch immer etwas finden kann, das ihn an Mich mahnt; aber so sich jemand aus bloßem Hass gegen ein solches Götzentum davon losmacht, ergreift aber dafür nichts Besseres, sondern gewöhnlich nur Schlechteres, frage: Wird ihm das wohl nützen? – Ich meine es kaum.

[66.8] Der Tempel zu Jerusalem war bei Meinen Leibeslebenszeiten auf der Erde völlig ganz ein Götzentempel. Denn von einem Haus Gottes war sicher keine Rede mehr. Da war Jehova nicht mehr im Tempel, außer Er kam dann und wann in denselben und lehrte darinnen.

[66.9] Aber Ich als der Jehova, so spricht der Herr, untersagte es niemandem, den Tempel zu besuchen und seine Gabe zu opfern, und Ich Selbst ging zu öfteren Malen in denselben und lehrte darinnen und ließ auch der Ehebrecherin darinnen ihre Schuld nach. Auch Meine Schüler hatten nie ein Verbot erhalten, den Tempel zu besuchen, obschon er ein vollkommener Götzentempel war. Warum sollte sich denn hier jemand ärgern, in ein Bethaus zu gehen? Denn geht er in wahrem Meinem Namen hinein, so bin Ich bei ihm und gehe mit ihm; und so wir darinnen sind, wird uns wohl niemand hinauswerfen. Und solange Ich es darinnen aushalten werde, wird es der wohl auch aushalten können, mit dem Ich darinnen bin.

[66.10] Überhaupt soll da niemand eher Blitz und Schwefelfeuer vom Himmel rufen, als bis Ich es ohnehin von selbst dahin schleudern werde. Wann aber dieses notwendig sein wird, das weiß Ich am besten.

[66.11] Ich meine aber, solange eine gar große Menschenmenge noch eine große Freude daran hat, dieses Götzentum auf alle mögliche Weise zu unterstützen, Messen und Ämter zu zahlen, Stiftungen zu machen, Bethäuser und andere Kapellchen zu bauen, die Opferstöcke zu sättigen, Orgeln bauen zu lassen, Glocken anzuschaffen, reiche Begräbnisfeierlichkeiten begehen zu lassen, sowie sehr teure, sogenannte Paramente herzustellen, auch kostspielige Wallfahrten zu verrichten und sich in geldmäkelnde Brüderschaften einzulassen, so lange geht es ja recht gut. Und warum soll man das wie eine Schaumblase mit einem Hauch vernichten, woran die Menschheit bis dato noch eine große Freude hat? Wer dumm und blind sein will und der an diesen rangsüchtigen Zeremonien von großem Gold- und Edelsteingeprunke ein großes Wohlgefallen hat, der bleibe dumm, blind und ein Narr.

[66.12] Was liegt Mir wohl an einer Welt voll Narren? Ich sage euch: viel weniger als einem Töpfer an einem schlechten Topf, den er zusammenschlagen kann, wann er will, weil er ihm nicht geraten wollte. Wie aber der Töpfer um so einen dummen Topf keine Traurigkeit haben wird, wenn er ihn zusammengeschlagen hat, so wenig werde auch Ich irgendein Leid nach einer Welt voll Narren in Meinem Herzen tragen, als wäre es Mir etwa etwas Schweres, eine andere Welt voll der weisesten Engel dafür zu erschaffen.

[66.13] Wenn aber jemand Mich sucht, der wird Mich auch finden, und Ich werde ihn annehmen, und er wird Mir lieber sein als eine Welt voll Narren, und Ich werde für ihn allein auch mehr tun, als wie für eine ganze Welt voll Narren.

[66.14] Wenn Ich Mich demnach nicht allzugewaltig rühre ob des allgemeinen überdummen Standes der Dinge und lasse sie gewisserart gehen, so sei euch das ein Zeichen, dass Mir an all diesen Dingen, wie sie jetzt in der Welt sind, und an all den Narren, die ihnen huldigen, ganz überaus wenig liegt.

[66.15] So Ich aber hie und da einzelne finde, denen an Mir allein alles gelegen ist, an denen liegt aber auch Mir mehr als an der ganzen Welt. Ich will den einen schwelgen lassen in aller Fülle Meiner Gnade, und der Welt in ihrer Narrheit will Ich Träber reichen; denn, wie gesagt, Mir liegt an einem Guten mehr, ja bei weitem mehr – ja es liegt Mir alles an ihm – als an einer gepfropft vollen Narrenwelt, an der Mir gerade so viel liegt als an einer faulen Pflanze, die an der Straße wächst und von den Wanderern in den nichtigen Staub zertreten wird. Wie oftmal ist das Gras schon von einer Wiese abgemäht worden; was liegt wohl daran? Es wächst wohl wieder ein anderes nach; so ist es mit den Menschen auf der Erde der Fall, die da Narren sind und Narren sein wollen.

[66.16] Man kann auch da sagen: Für ein hungriges Vieh ist bald ein Futter gut; die Schmeißfliege schlürft den Saft vom Kot, der Wurm frisst Schlamm; die Schweine sind eben auch keine Gourmands und Feinschmecker, und der Esel begnügt sich bekanntlich mit dem schlechtesten Futter. So aber dergleichen Menschen gleich sind wie solche Tiere, – gut, so sollen sie auch mit gleicher Kost genährt werden; denn eine andere würde ihnen nicht schmecken. Und wenn sie zu sonst nichts mehr taugen, so werden sie einst drüben dazu dienlich sein, dass bessere Geister an ihnen die schönste Gelegenheit finden werden, die hier vernachlässigte Zoologie nachzuholen; denn die Zoologie ist eine äußerst wichtige Wissenschaft. Und da eben, wie in diesem Werk hinreichend gezeigt, die vollkommenen Geister das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich zu besorgen haben, so versteht sich von selbst, dass sie in der Zoologie keine Laien sein dürfen. Aber freilich ist das eine andere Zoologie als wie hier auf der Welt, wo schon ein jeder ein guter Zoologe ist oder wenigstens sein will, wenn er die Tiere nur nach dem Balg kennt; daher in den zoologischen Lehranstalten und dazu erforderlichen Museen meistens nur ausgestopfte Bälge den Schülern vorgestellt werden.

[66.17] Ich meine nun über diesen Punkt mehr als hinreichend gesagt zu haben; daher wir fürs Nächste zu noch einer ganz geheimen Denkwürdigkeit übergehen wollen.

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