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59. Die übermäßige fleischliche Lust

Am 31. März 1847

[59.1] Ihr wisst, dass gewisse Menschen mit fleischlicher Lust sehr behaftet sind, sowohl weiblicher- als männlicherseits, während es doch wieder andere Menschen gibt, bei denen das sinnlich-fleischliche Wesen beinahe ganz stumpf ist; solche Menschen rühren sich deswegen nicht, und obschon ihnen gegenüber das reizendste Fleisch aufgestellt würde. Ein üppiger Weiberfuß, ein Arm, eine Brust, als die gewöhnlichen Aushängeschilder des weiblichen Geschlechts zur Erweckung des sinnlichen Triebes bei den Männern, rühren einen nicht Fleischsüchtigen oft so wenig als wie ein dürrer Baumast; wogegen wieder andere beim Anblick dieser weiblichen Reizaushängeschilder ganz rasend werden. Ja, es gibt Narren, die sich in einen weiblichen Arm dergestalt verlieben können, dass sie ganz toll werden, wenn sie so ein Frauenzimmer nicht zum Weib oder doch wenigstens zum zeitweiligen sinnlichen Genuss bekommen können.

[59.2] Der Grund also von solcher fleischlicher Neigung, besonders wenn diese sich sehr heftig ausspricht, liegt gewöhnlich im Besessensein von einem oder auch mehreren geilen Fleischteufeln.

[59.3] Aber wie kommen diese wieder in das Fleisch eines solchen Menschen? Dazu bereiten die Menschen selbst Gelegenheiten ohne Zahl und Maß. Solche Fleischteufel wohnen zuerst in den hitzigen Getränken, im Wein, auch im Bier, und besonders in den gebrannten Geistern [Wässern]. Wenn sich Menschen mit dergleichen Getränken stark berauschen, so haben sie in diesen Getränken einen sicher, wo nicht mehrere Fleischteufel in ihr Fleisch aufgenommen. Sind sie aber einmal im Fleisch, da jucken und quälen sie die Genitalien auf eine so arge Weise, dass der Mensch nicht umhinkann, solche Juckerei durch den sinnlichen Genuss des Fleisches entweder mit den Weibern oder manchmal sogar mit den Tieren zu befriedigen. Diese Fleischteufel sind natürlich nichts anderes als unlautere Seelen solcher verstorbener Menschen, welche ebenfalls entweder dem Trunk oder der fleischlichen Sinnlichkeit sehr ergeben waren. Sie treten zwar aus einem Besserungsgrund in das Fleisch eines noch lebenden Menschen über; aber weil das Fleisch eben ihr Element war, so treiben sie es nicht selten in solch einem Menschen, den sie besessen haben, noch ärger, als sie früher es im eigenen Fleisch getrieben haben.

[59.4] Ebendiese verstorbenen Fleischseelen, wenn sie es zu toll treiben und sich stets mehr und mehr in ihrer unreinen Lust entzünden, bewirken auch zuallermeist die abscheulichen und sehr gefährlichen sogenannten syphilitischen Krankheiten, was von den schützenden Engelsgeistern darum zugelassen wird, auf dass die Seele des eigentlichen Menschen nicht gänzlich zugrunde gehe in der tobenden Wut ihres Fleisches.

[59.5] Also solche hitzige Getränke sind der erste Weg, auf welchem diese Fleischteufel in das Fleisch des Menschen kommen.

[59.6] Der zweite Weg, ebenso gefährlich wie der erste, sind die öffentlichen Tanzbelustigungen, wo ihr immer annehmen könnt, dass auf einem Ball oder sonstigen Tanzunterhaltung sich auch allzeit zehnfach so viel unsichtbare fleischsüchtige, unreine Seelen einfinden, als sonst Gäste auf einem solchen Ball beisammen sind. Auf diesem Weg kommen sie am leichtesten in das Fleisch, welches hier sehr aufgeregt wird und daher überaus stark aufnahmefähig ist für dergleichen schmutziges Seelengesinde; aus welchem Grunde denn auch Menschen nach einem solchen Ball für alles Höhere und Erhabenere einen förmlichen Widerwillen empfinden, was in den Städten, besonders bei Studierenden, von jedermann leicht beobachtet werden kann, da nicht selten früher recht fleißige Studierende nach einem Ball, anstatt an ihre Bücher zu denken, nur fortwährend den weißen Nacken, Busen, Arm und die Augen ihrer Tänzerin vor dem Gesicht haben und ihr Sinn sich fast mit nichts anderem mehr beschäftigt als bloß nur mit dem Gegenstand, der auf dem Ball ihnen eine so große Lust bereitet hatte.

[59.7] Mancher Studierende lässt darob das Studieren gar sein; mancher aber studiert darauf statt der Wissenschaft nur das Brot, um sobald als möglich mit seiner lieblichen Tänzerin ein Paar zu werden – und gehe es ihm schon wie es wolle. Und wird so ein paar Leute auch wirklich ein Ehepaar, so ist aber das auch ein Ehepaar, welches einem eigentlichen Ehepaar ebenso wenig gleichsieht als die Nacht dem Tag.

[59.8] Die erste Zeit bei einem solchen Ehepaar wird bloß mit der sinnlichen Lust zugebracht, sodass binnen kurzer Zeit fast alle Spezifika, die dahin bestimmt sind, um Zeugungskraft zu bilden, bis unter Null verbraucht werden. Dann tritt gewöhnlich bald eine gänzliche Erschlaffung des Fleisches und besonders der Genitalien ein. In solchen Fällen sucht dann der in solchen Leuten innewohnende Fleischteufel darin einen Regress, dass er der Seele, besonders durch die Nieren, einflüstert – wie gewisserart ein Hausarzt –, sich an anderes Fleisch zu wenden. Dadurch wird bald dem Mann sein Weib zum Ekel – und der Mann seinem Weib. Sie fängt an, sich nach und nach um jugendliche Hausfreunde umzusehen, und er aber geht gewöhnlich abends frische Luft suchen, und wenn er vermögender ist, so macht er Reisen wegen größerer Luftveränderung. Und so geht die Sache fort, bis sich mit der Zeit ein solches Ehepaar dergestalt überdrüssig wird, dass es sich bald scheiden lässt, oder es lässt einander ohne gerichtliche Scheidung sitzen; oder wenn es in einem solchen Haus mehr nobel und adlig zugeht, so wird dahin eine Konvenienz getroffen, dass ein jeder Teil bezüglich seiner sinnlichen Lust tun kann, wie es ihm am besten gefällt. Dergleichen Erscheinungen, die gegenwärtig sehr an der Tagesordnung sind, sind lauter Früchte der Ball- und Tanzunterhaltungen und sind Folgen vom Besessensein von oberwähnten argen Fleischpatronen.

[59.9] Dieses Besessensein äußert sich anfänglich zwar nie mit der Heftigkeit als wie bei manchen, die durch hitzige Getränke dergleichen unreine Geister in sich aufgenommen haben; aber die Geister aus den hitzigen Getränken werden leicht durch ein kräftiges Gebet der Seele durch ihren Geist hinausgeschafft, worauf dann wieder der normale Zustand des Fleisches eintreten kann. Aber die Besitzungen auf dem Wege öffentlicher Tanzbelustigungen sind nicht so leicht hinauszubringen, und es wird dazu schon sehr viel Fasten, Beten und Selbstverleugnung erfordert, wodurch die Seele sich mehr und mehr mit ihrem Geist vereinigt, dieser dann durch sie greift und das arge Gesindel aus dem Haus der Seele schafft.

[59.10] Aber wo ist nun ein solcher Tänzer und eine solche Tänzerin, die das täten? Gewöhnlich fressen sie schon während und nach dem Tanz noch mehr als früher und wollen sich dadurch wieder restaurieren, was ebenso viel heißt, als dem Fleischteufel leibeslebenslängliche Pension und Unterkunft mit Seele und Blut zu garantieren.

[59.11] Manche Tänzerin und mancher Tänzer, wenn sie zu viel solcher Gäste in sich aufgenommen haben, gehen auch ihrem Leibe nach in kurzer Zeit zugrunde; denn diese argen Fleischbolde, wenn sie in den Nieren und in den Genitalteilen nicht Platz finden, so richten sie auch ihre Wohnung in der Milz, Leber oder auch in der Lunge auf. Wo aber ein solcher Höllenemigrant seine Wohnung aufrichtet, da tötet er gewisserart das Fleisch, und die Folgen davon sind Milz- und Leberverhärtungen und in der Lunge Lungensucht, Abzehrung oder auch, wenn zwei oder mehrere sich auf die Lunge geworfen haben, die sogenannte galoppierende Lungensucht.

[59.12] Ich sage euch, und ihr könnt es sicher annehmen:

[59.13] Die meisten Krankheiten rühren bei den Menschen von ihrer höllischen Einwohnerschaft her, der sie selbst den Weg in ihr Fleisch bahnten.

[59.14] Das sind demnach wahre Kinder der Welt, und es beginnen schon gar viele in der Jugend die Schule für die Hölle. Damit sie aber ja nicht merken sollten, dass sie in ihrem Fleisch fremde Gäste der schmutzigsten Art beherbergen, so suchen diese Geister nicht nur allein das Fleisch ihrer Hausherren so sinnlich als nur tunlich zu stimmen, sondern sie wirken auch dergestalt auf die Seele, dass diese sich in allerlei weltlichen Dingen sehr wohlzugefallen anfängt.

[59.15] Diese weltlichen Dinge sind: Mode; das reizende Fleisch muss nach der Mode emballiert sein, die Haare gebrannt, die Haut mit wohlriechenden Spezereien eingerieben; und bei den männlichen Individuen darf der höllische Zigarrenzutzel nicht fehlen, und mancher junge Modetölpel, wenn er einiges Geld besitzt, verraucht nicht selten in einem Tag so viel, dass sich zehn Arme hinreichend Brot kaufen könnten.

[59.16] Wisst ihr aber auch, was diese Rauchmode zu bedeuten hat? Die bösen Einwohner bemühen sich, die Seele schon bei Leibesleben an den höllischen Dampf und Gestank zu gewöhnen, damit sie nach dem Austritt aus dem Leib ihrer stinkenden Gesellschaft nicht sobald gewahr werde und auch nicht allzu bald empfinde, wenn diese saubere Gesellschaft sie ganz unvermerkt in die dritte Hölle führt.

[59.17] Es ist zwar wohl schon gesagt worden, dass jede Seele nach dem Tode zuerst in die Gesellschaft der Engel kommt, wo ihre böse Gesellschaft augenblicklich weichen muss. Das geschieht zwar auch hier in diesem Falle; allein solch eine Seele bleibt nicht fortan in der Gesellschaft der Engel, sondern wird von denselben in eine solche Lage versetzt, wo es ihr möglich wird, sich zu ergänzen, deutlicher noch gesprochen: sie wird auf einen solchen Ort gestellt, wo sie durch eine gewisse freie Tätigkeit jene zu ihrer Ergänzung nötigen Spezifika wieder gewinnen kann, die sie auf dieser Welt vergeudet hatte.

[59.18] Ein solcher Ort ist dann derjenige, auf welchem sich einer solchen Seele die frühere, arge Fleischgesellschaft unvermerkt nahen kann. Da aber diese höllischen Wesen für eine nur einigermaßen reinere Seele ganz gewaltig pestilenzialisch stinken und die Seele ihre Gegenwart leicht merkt, so ist aber in diesem Falle der Geruchssinn der Seele oft so verdorben, dass sie dergleichen Approximationen nicht merkt; denn vom Sehen ist da ohnedies nicht viel die Rede, da fürs Erste die Seele noch viel zu wenig Licht hat und das Schauen der Seele ohnehin nur von innen ausgeht, sie sonach nur das sehen kann, was in ihr ist, und nicht was außer ihr ist.

[59.19] Solche Geister aber sind außerhalb einer solchen Seele; daher sieht sie dieselben nicht, aber durch den Geruchssinn kann sie ihre Gegenwart empfinden und ihren Standpunkt genau ermitteln, und hat sie das, da kann sie sich in ihren Geist zurückziehen, der sie sobald erleuchtet, wodurch sie dann alsbald auch schauen kann, wo sich ihre Feinde befinden, und was sie tun wollen. Und sehen die Höllischen einmal das Angesicht der Seele, da fliehen sie jählings; denn alles kann ein höllischer Geist eher vertragen als das Auge einer reinen Seele, noch weniger aber natürlich das eines Engels; und um sie vor Meinem Auge zu schützen, werden Berge zur Deckung gerufen!

[59.20] Aus dem aber könnt ihr leicht entnehmen, warum Ich schon zu öfteren Malen gegen das höchst abscheuliche Tabakrauchen geeifert habe; zugleich habt ihr aus dieser Denkwürdigkeit gesehen, wie die übermäßige fleischliche Lust im Menschen entsteht, und zu was sie führt, und wie sich Menschen vor derselben auch leicht verwahren können. Nächstens werden wir wieder eine andere Denkwürdigkeit betrachten und uns die geziemenden Notabene herausnehmen.

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