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69. Wie die scheinbaren Widersprüche und Unterschiede bei den Offenbarungen aufgelöst werden

(Am 15. November 1842 von 5 bis 6 Uhr abends.)

[69.1] Was sonach das eigentliche Fach der Religion betrifft, so besteht dieses [bei den Bewohnern des siebten Sonnengürtelpaares] darin, dem Wesen Gottes aus allen Teilen ein einstimmiges Lob darzubringen.

[69.2] Aus dem Grunde werden da auch alle Dinge so erforscht, dass sie, von innen aus betrachtet, immer einen und denselben Grund haben müssen. Es kommt da nicht an auf groß oder klein, auch nicht auf viel oder weniger; – ob da gesagt wird: Dies ist ein größtes Ding und dies wieder ein kleinstes, hier eine solche Entfernung, und angegeben durch eine Zahl, gleich daneben eine andere Entfernung, angegeben mit einer anderen Zahl. Werden solche Unterschiede von außen nur betrachtet, so sind sie sichtbar und widersprechen sich; von innen aus betrachtet aber sind sie sich völlig gleich.

[69.3] So zum Beispiel möchte Ich euch sagen: Die Entfernung von eurer Wohnstadt bis zu einer nächsten Stadt, zum Beispiel in eurem Oberland, beträgt sieben Meilen; wieder möchte Ich euch sagen: Die Entfernung von eurer Wohnstadt bis zur nämlichen Stadt beträgt zehn Meilen; und wieder möchte Ich euch sagen: Solche Entfernung beträgt zwanzig Meilen, und zwar eines und desselben Weges; ja Ich könnte euch noch mehrere verschiedenartige Entfernungszahlen angeben. Wenn ihr die Sache äußerlich betrachtet, so könnt ihr nicht umhin, mit gutem Verstandesgewissen zu behaupten: Das ist ja ein offenbarer Unsinn! – Denn solches muss ja doch ein Blinder einsehen, dass eine bestimmt ausgemessene Entfernung von etwa sieben Meilen nicht verlängert oder verkürzt werden kann, vorausgesetzt, dass die Wegmaßlinie stets eine und dieselbe bleibt. Dem Außen nach ist diese Einwendung gegründet und können demnach sieben, zehn und zwanzig Meilen nicht eines und dasselbe sein. Welches Gesicht aber bekommt diese Angabe von innen aus untersucht? Das ist eine andere Frage.

[69.4] Damit ihr aber die Identität solcher Angabe einsehen mögt, so will Ich euch auch in diesem Fall mit einem anschaulichen Bild zu Hilfe kommen. Wie stellt ihr euch etwa die Stadt Bruck vor? Ihr sagt: Also, wie wir sie noch allzeit gesehen haben. – Ich frage euch wieder: Wo könnt ihr euch denn das vorstellen? – Ihr werdet sagen: Fürs Erste in uns, das heißt durch die Kraft unserer Einbildung und Rückerinnerung an das naturmäßige Standbild dieser Stadt. – Gut, sage Ich. Seid ihr bei dieser Vorstellung in euch auch auf einen bestimmten Platz angewiesen, oder seid ihr im Geiste genötigt, diese Stadt euch gerade nur da vorzustellen, wo sie sich befindet? Ihr könnt im Geiste diese Stadt doch sicher in jede beliebige Entfernung versetzen. Nun seht, wir haben unterdessen genug und wollen nun die Sache weiter verfolgen. Wenn es, von innen aus betrachtet, für den Geist so gut wie einerlei ist, wo er sich diesen Ort vorstellen will, und ihm diese Vorstellung auch allzeit nur dieselbe Mühe kostet, da fragt dann euren Geist, welchen Unterschied er wohl zwischen den angegebenen Entfernungen findet? Wird er für das sieben Meilen entfernte Bruck wohl weniger Zeit bedürfen, um sich dasselbe irgendwo vorzustellen, als zu einem hundert Meilen entfernten? Wer nur einigermaßen die große Fertigkeit seiner Gedanken kennt, der wird doch schon in sich die Erfahrung gemacht haben, ob er einen Unterschied findet, sich zu denken die Entfernung einer Meile und gleich daneben eine Entfernung von mehreren Millionen Meilen. Wenn solches aber für den Geist, oder von innen aus betrachtet, vollkommen eines und dasselbe ist, so wird es ja doch auch klar sein, dass all die Dinge von innen aus betrachtet, wie sie von einem und demselben Punkt ausgehen, also auch in einem und demselben Punkt eines und dasselbe sind.

[69.5] Solches könnt ihr schon in der allgemeinen Begriffszusammenziehung finden. Unter welchem allgemeinen Namen könnt ihr euch denn alle geschaffenen Dinge, ohne Unterschied ihrer äußeren Beschaffenheiten, Eigenschaften und Formen, verständig vorstellen? Ihr sagt: Unter dem allgemeinen Ausdruck: Wesen oder Geschöpfe. – Gut, sage Ich. Sagt Mir aber: Wie unterschieden findet ihr wohl die endlose Vielheit der allerverschiedenartigsten Wesen? – Hier müsst ihr doch offenbar gestehen und sagen: In diesen allgemeinen Ausdrücken ist durchaus kein Unterschied all des zahllos Erschaffenen sichtbar. Denn in diesen beiden Ausdrücken spricht sich nur eine gleichbedeutende Vielheit der geschaffenen Dinge aus. – Ich frage wieder: Warum denn? – Wenn ihr einigermaßen das Vorhergehende beachtet, so könnt ihr auf dieses „Warum“ keine Antwort geben, als dass ihr sagt: Weil in dem Entstehungsgrund aller der endlos vielen und verschiedenartigsten Dinge sie völlig eins sind. – Wenn Ich noch eine Frage hinzufüge und frage: Wie und worin? – so müsst ihr doch gewisserart mit der Nase euch daran stoßen und sagen: Weil alle Dinge aus der göttlichen Liebe hervorgehen, so müssen sie ja auch in ebendieser göttlichen Liebe so vollkommen einig vorhanden sein, wie diese göttliche Liebe in Sich Selbst vollkommen einig ist.

[69.6] Wenn jemand hier allenfalls einwenden möchte und sagen: Ja muss denn gerade alles aus der göttlichen Liebe hervorgegangen sein? Gott ist ja auch die allerhöchste Weisheit. Ist es daher nicht füglicher, Seine endlose Weisheit als das hervorbringende Prinzip aller Dinge anzunehmen, als die Liebe? Denn wir sehen ja solches doch unter uns Menschen, da es einige darunter gibt, die eine starke Portion Liebe besitzen, so zwar, dass sie alle ihre Brüder und Schwestern als allerexakteste Philanthropen aufzehren möchten; wenn sie aber bei all ihrer Liebe nicht auch sich ihre Verstandeskräfte auszubilden suchten, so wird aus all ihrer großen Liebe spottwenig zum Vorschein kommen, während wieder andere Menschen, welche nicht mit einer so starken Portion Liebe begabt sind, durch ihre vielseitigen Kenntnisse große Dinge ins Werk zu setzen vermögen. – Solcher Einwurf wäre wohl einiger Beachtung wert, wenn Gott und ein Mensch ganz vollkommen eines und dasselbe wären. Da aber dazwischen ein starker Unterschied obwaltet, so ist auch bezüglich der Liebe in Gott und der Liebe im Menschen ein und derselbe starke Unterschied vorhanden; obschon ein eigentlich rechter Mensch in diesem Punkt seinem Schöpfer am meisten ähnlich sein solle.

[69.7] Bei Gott geht die Weisheit also aus der Liebe hervor wie das Licht aus der Flamme. Wenn demnach die Dinge in ihrer Verschiedenartigkeit auch von der göttlichen Weisheit gestellt und geordnet werden, so kann aber doch niemand mehr in Abrede stellen, dass sie im Grunde des Grundes endlich dennoch samt der Weisheit aus der Liebe hervorgehen müssen. Nun seht, da wir solches nun sicher einsehen, so muss es ja auch klar sein, dass vom innersten Grund sich alles in der allergrößten Ordnung also ergreifen und finden muss, als wäre äußerlich kein Unterschied dazwischen. Die Mannigfaltigkeit der schon in der vorigen Mitteilung betrachteten Bäume läuft endlich in dem Samenkorn wieder in die alte, einfache, unterschiedslose, ewige Ordnung zusammen.

[69.8] Wer sonach aus dieser inneren Ordnung, oder noch mehr deutsch gesprochen, wer aus seiner inneren Liebe zu Mir, als dem Grundkeim aller Wesen, sich selbst und alle die Wesen betrachtet, der wird überall eine und dieselbe Einheit und eine und dieselbe sich überall ergreifende Ordnung finden!

[69.9] Betrachtet zum Beispiel den Baum des Lebens oder das geschriebene Wort, sowohl des Alten als des Neuen Testaments; wie viele tausend Äste, Zweige und Wurzeln mögt ihr wohl an selbem erkennen? Nicht eine Wurzel, nicht ein Ast, nicht ein Zweig sieht dem andern ähnlich. Dem Außen nach scheint sich alles zu widersprechen. Lehrsätze über ein und dasselbe lauten verschieden. Prophetische Voraussagen über ein und dasselbe Ereignis sind von verschiedenen Propheten auch verschieden bezeichnet. Sogar die vier Evangelisten erzählen eine und dieselbe Sache mit anderen Worten und unterscheiden sich auch in verschiedenen Zahlenangaben. Ja sogar manche Ortsstellen geschehener Tatsachen werden häufig nicht vollends übereinstimmend bezeichnet, und so variieren auch nicht selten die Zahlen der Zeit. Wer nun von der äußerlichen Anschauung auf den inneren Zusammenhang kommen will, der wird den Weg doch sicher verfehlen und wird das Zentrum so schwer treffen, als so da jemand möchte von außen einen Baum anbohren und behaupten: wie er da den Bohrer angesetzt hat, so muss er damit bis zum Kern dringen. So er aber hernach den Gang seines Bohrers untersuchen wird, da wird sich doch sicher zeigen, dass er mit seinem Bohrer den Kern um mehrere Zoll verfehlt hat. Wenn er aber den Baum eher spaltet und bohrt dann vom Kern nach außen, wird er da wohl möglicherweise je können die Rinde verfehlen? Warum denn nicht? Weil im Kern alles in eins zusammenläuft. Aber im Äußeren ist der Kern durchaus nicht zu finden. Es könnte jemand nur, wie ihr zu sagen pflegt, durch einen blinden Zufall mit seinem Bohrer das Zentrum treffen. Was wird ihm aber solches wohl nützen? Wird er darum nun imstande sein, bei jedem Baum, den er wieder anbohrt, das Kernzentrum zu treffen?

[69.10] Seht, also nützt auch die äußere, gewisserart antisolare Verstandesweisheit so viel als nichts; – er [ein solch äußerlicher Verstandesweiser] wird beständig wie ein Blinder herumtappen, und alles wird nur ein halbes Erraten, aber nie eine volle, innerlich überzeugende Gewissheit sein. Wer aber mit seinem Bohrer auf dem solaren Weg die gespalteten Bäume vom Kern ausbohrt, kann der je die Rinde verfehlen?

[69.11] Seht, das ist der richtige Schlüssel, nicht nur allein zur Beleuchtung und Eröffnung der wahren, inneren Weisheit bezüglich der Religion der Bewohner unseres siebten Sonnengürtels, sondern auch noch um vieles mehr für euch bezüglich eurer geoffenbarten Religion und auch hinsichtlich dieser gegenwärtigen neuen Veroffenbarung, damit ihr dann durch ebendiesen Schlüssel, oder wahren, innern Weisheitsbohrer, nicht nur allein das Geoffenbarte, sondern auch alle Dinge und Erscheinungen von dem wahren, inneren, in sich allenthalben einigen, sich nie widersprechenden Grund und Hauptstandpunkt der innern Weisheit, also aus dem Zentrum eurer Liebe zu Mir, betrachten könnt.

[69.12] Der noch weitere Verfolg wird euch die Religion der Bewohner unseres siebten Gürtels in ein noch größeres Licht stellen. Und so mögen wir uns wieder mit dem heute begnügen!

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