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66. Das siebte Sonnengürtelpaar. Die sehr verschieden großen und verschiedenfarbigen Menschen dort

(Am 11. November 1842 von 4 bis 6 Uhr abends.)

[66.1] Der siebte und letzte bewohnbare Gürtel der Sonne ist von Seite des höchsten Gürtels zwar durch keinen gar zu hohen Gebirgswall getrennt, aber dafür durch einen desto breiteren Wassergürtel.

[66.2] Was aber die Berge betrifft, so sind sie allhier zumeist von beständig feuerspeiender Natur. Wie groß hier und da ihre Krater sind, ist schon einmal erwähnt worden.

[66.3] Nach dem breiten Wassergürtel folgt ein eben nicht zu sehr gebirgiges, bewohnbares Festland. Dieses Land ist zugleich auch das allerfesteste der ganzen Sonne, sowohl südlicher- als nördlicherseits, und hat in sich, ohne die Meeresbreite gerechnet, bis zum Polargebirgsstock hin eine Breite von sechstausend Meilen, das heißt im Durchschnitt genommen.

[66.4] Die Polargegenden der Sonne, oder vielmehr ihre Pole, sind, wie die Pole der Planeten, für alle Zeiten der Zeiten unbewohnbar. Darum sind sie auch von diesem letzten bewohnbaren Gürtel durch einen überaus steilen und hohen, blanksteinigen Gebirgskranz abgeschnitten. Die Berge sind so hoch, dass sie mit ihren Spitzen nicht selten sogar über die glänzende Sonnenluft hinausreichen, welche, im Durchschnitt genommen, bei sechshundert Meilen über dem eigentlichen Sonnenboden sich befindet. Jedoch soll diese angegebene Zahl nicht als eine normalmäßige betrachtet werden. Denn wie es schon auf eurem Erdkörper große Varianten zwischen den Lufthöhen über der Erde gibt, umso mehr werden solche Varianten auch in der Sonne vorkommen, welche in ihrem inneren Wesen noch viel lebendiger ist als was immer für ein Planet.

[66.5] Da wir nun den Gürtel vor uns haben, so wollen wir eben nicht zu lange mehr das tote Land betrachten, sondern uns dafür sogleich zu seinen Einwohnern wenden.

[66.6] Was die Einwohner, das heißt die Menschen dieses Gürtels, betrifft, so unterscheiden sie sich von ihren entsprechenden Brüdern in dem Planeten Miron nahe in nichts anderem als lediglich in ihrer, für euch im Ernst fabelhaften Größe. Denn die Menschen dieses Gürtels sind so groß, dass sie auf der Erde sicher eure Himalaja- und Chimborasso-Höhen zu Spazierstäbchen gebrauchen könnten. Ihr müsst euch freilich nicht denken, als seien hier alle Menschen vollkommen gleich groß. Denn fast in keinem Gürtel und auf keinem Planeten gibt es so viele Größenvarianten unter den Menschen als wie auf diesem. Dessen ungeachtet aber werden Menschen von etwa zwei- bis dreihundert Klaftern Höhe von den eigentlichen Bewohnern als kleinwinzige Zwerglein betrachtet. Denn was die eigentliche Größe eines vollkommenen Menschen dieses Gürtels betrifft, so ist er von der Fußsohle bis zu seinem Hauptscheitel nicht selten vier-, fünf- bis sechstausend Klafter hoch. Doch dergleichen Riesen sind auch keine Normalmenschen in diesem Gürtel. Sondern was die Normalmenschen betrifft, so variiert ihre Höhe zwischen acht- und zwölfhundert Klaftern.

[66.7] Zumeist aber wohnen diese Riesen nahe an dem Polargebirgsgürtel, allda sie auch ihre hinreichende Nahrung finden. Weiter gegen die Meere dieses Gürtels zu aber werden die Menschen auch immer kleiner. Und auf den bedeutenden und häufig vorkommenden Inseln wohnen die sogenannten Zwerge, die aber dennoch größer sind als alle anderen Gürtelbewohner der Sonne. Daher müsst ihr euch auch diese Inseln in eurer Phantasie nicht gar zu klein vorstellen.

[66.8] Wenn ihr die kleinste etwa also veranschlagt wie ganz Asien und Europa zusammengenommen, so dürfte euer Maß ziemlich richtig sein. Diese Inseln sind wohl zumeist durch Landzungen mit dem festen Land verbunden; aber sie sind nur für unsere Zwerge passierbar. Die größeren Bewohner dieses Landes dürften über eine solche Landzunge, oder vielmehr Landenge, nicht zu leicht kommen, da sie fürs Erste für ihre Füße zu eng wäre; und wäre fürs Zweite hier und da auch das nicht der Fall, so wäre aber dennoch ihr Grund zu wenig fest, um eine wandelnde Last von vielen tausend Zentnern so zu tragen, dass dieselbe nicht einsinke. Im Gegenteil aber können diese Zwergmenschen gar wohl ihre Füße an das feste Land setzen und Bereisungen machen bis zu den großen Riesen, von welchen sie allzeit überaus zärtlich und liebfreundlich aufgenommen werden. Da kann man mit gutem Grunde sagen: Sie werden von den Großen wahrhaft auf den Händen herumgetragen.

[66.9] Wie aber die Größen auf diesem Gürtel variieren, also variieren auch, wie nicht leichtlich irgendwo anders – besonders auf der Sonne – die Hautfarben der Menschen. Mit Ausnahme der alleinigen rein schwarzen Farbe möchtet ihr somit hier wohl alle Färbungen antreffen. So sind zum Beispiel die gar großen Riesen dunkelfeuerrot, abwärts bis ins ganz Lichtrosenrote. So gibt es dann auch grün und blau gefärbte, welche Farbe sich dann sogar in das Blassgelbe verliert. Und so gibt es noch eine Menge Farbenmischungen, welche alle anzuführen ein eigenes Buch erfordern würde. Es gibt zwar wohl auch in den anderen Sonnengürteln kleine Abweichungen in der Farbe; aber dennoch ist überall ein und derselbe Grundton der Färbung ersichtlich. Hier aber habt ihr nicht nur eine chromatische, sondern eine wahrhaft unharmonische Tonreihe der Färbungen.

[66.10] Wie ist denn die Sprache dieser Menschen? Die Sprache ist hier doppelter Art, nämlich die Gebärdensprache und die Zungensprache. Merkwürdig ist, wenn ein Riese mit einem Zwerg spricht. Sobald er bemerkt, dass der Zwerg mit ihm etwas reden möchte, so hebt er ihn sogleich auf und hält ihn an sein Ohr. Spricht aber der Riese mit dem Zwerg, so hält er ihn dann so weit als er nur kann von seinem Mund entfernt und redet dann so hoch und so schwach er nur kann, damit dem Zwerg durch seinen Ton ja kein Leid geschehen möchte. Denn würde so ein Riese in seiner gewöhnlichen Tontiefe und Tonstärke reden, so würde fürs Erste der kleine Zwerg das Wort vor lauter Tiefe nicht vernehmen, und die einzelnen Stimmvibrationen würden ihn zu sehr erschüttern. Um solches zu vermeiden, gebrauchen diese Großen im Umgang mit den Kleinen die größte Vorsicht. Wenn so ein Riese auf eurer Erde so ein ziemlich lautes Wort aussprechen würde, so würde das ein so starkes Erdbeben erzeugen, dass durch dessen Erschütterung mehrere Länder um den Besitz aller ihrer Städte kämen; auch die Gebirgsspitzen würden dadurch einen äußerst bedeutenden Schaden überkommen.

[66.11] Es dürfte jemand fragen: Wie steht es denn dann allenfalls mit ihren Wohnungen? – Da sage Ich: Fürs Erste haben diese gar großen Riesen keine anderen Wohnungen als den Sonnenerdboden. Sie wohnen somit ganz im Freien. Und da der Boden sehr fest ist, so kann er sie wohl tragen.

[66.12] Zudem sind diese großen Menschen bei all ihrer sonstigen Massivität überaus zartfühlend, und so ist ihr Gang und all ihr Tun und Lassen von überaus sanfter und zarter Beschaffenheit. Sie leben untereinander überaus friedsam, und so sie irgendwohin gehen, so machen sie im Verhältnis zu ihrer Größe sehr kurze und zugleich auch sehr langsam nacheinander folgende Schritte und lassen den Fuß allzeit ganz sanft auf den Boden, gleichsam als fürchteten sie sich, unter ihrem Tritt etwas zu zerstören. Daher geben sie auch bei jedem Tritt sorgfältig Acht auf den Boden, ob sich da nicht irgendetwas rege oder bewege. Wann sie solches merken, so beugen sie sich sobald herab und untersuchen, was da ist; und hat sich da etwas Lebendes vorgefunden, so wird solches sogleich mit der größten Behutsamkeit zur Seite gesetzt und von ihnen erst nach solcher Räumung wieder ein behutsamer Schritt weiter getan.

[66.13] Aus diesem Grunde kommen diese Riesen auch nur höchst selten an die sehr belebten Meeresgegenden, weil sie da zu sehr achtgeben müssen, um mit ihren Tritten nicht etwas zu zerstören. Wenn sie so eine Reise unternehmen, so gehen sie gewöhnlich in den ziemlich breiten Flüssen und Strömen. Denn allda gibt es für sie am wenigsten aus dem Weg zu räumen. Aber auf dem Land, und besonders an den festen Ufergegenden des Meeres, werden sie beinahe gar nie gesehen.

[66.14] Ihr möchtet wohl wissen, wovon diese Menschen leben und worin ihre Nahrung besteht? Diese Menschen leben von Baumfrüchten, welche auf riesenhaft großen, permanenten Bäumen in reichlichster Menge vorkommen, dann aber auch von solchen Produkten, welche sie durch ihren Willen, so wie manche andere Sonnenbewohner, die wir schon kennen, dem Sonnenboden entlocken. Denn die Willensvegetation ist auf diesem letzten Gürtel allgemein. Eine dritte Nahrungsquelle aber ist in diesem Gürtel auch die außerordentlich an allerlei Meteoren reiche Sonnenluft. Denn es hat allhier mit der Luft beinahe dieselbe Bewandtnis wie mit der des entsprechenden Planeten Miron; nur natürlich alles in riesenhaft größerer Form als auf dem Planeten. So gibt es auch hier ein fliegendes Brot; wo aber manchmal so ein fliegendes Stück eben nicht ungebührlich einen kleinen Trabanten eines Planeten abgeben könnte.

[66.15] Wenn ihr nun solches betrachtet, so wird es euch auch sicher einleuchtend sein, dass der große Gastgeber, der so viele Myriaden und Myriaden Zentralsonnen speisen muss, dass sie stets gesättigt sind, wohl auch noch Mittel finden wird, um solche Menschen zu sättigen. Denn die Erhaltung einer Zentralsonne in naturmäßiger Hinsicht betrachtet, gegen die die Erde nicht einmal als Stäubchen betrachtet werden kann, wird doch sicher mehr benötigen als die Erhaltung eines Menschen, und wäre er so groß, dass er von der Erde bis auf den Mond reichen möchte. Es ist eines und dasselbe, ob ein Körper groß oder klein ist, so wird er in Meiner unendlichen Speisekammer sicher nicht zugrunde gehen.

[66.16] Und so habt ihr euch durchaus nicht zu sorgen um die Erhaltung solch großer Wesen; denn vor Mir gibt es nirgends etwas Großes. Das, was ihr groß nennt, ja unnennbar groß, ist vor Meinen Augen kaum wert, ein Atom genannt zu werden. Der Mensch, der da besteht aus zahllosen Hülsengloben-Heeren, ist vor Mir nicht größer als ein kleinster Punkt in den Tiefen der Unendlichkeit!

[66.17] Aus diesem Wenigen werden euch diese einige tausend Klafter hohen Menschen des siebten Sonnengürtels sicher noch ganz bescheiden vorkommen. Daher wollen wir uns nun auch nicht mehr mit ihrer leiblichen Größe und Erhaltung befassen, sondern wollen uns dafür zu ihren Verhältnissen, Verfassungen und endlich zu ihrer Religion wenden. Und so lassen wir es für heute wieder gut sein!

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