Hier ist Dein Kapitel

61. Die Menschen des Miron und ihre Häuser

(Am 3. November 1842 von 3 3/4 bis 5 1/2 Uhr abends.)

[61.1] Was die Menschen dieses Planeten betrifft, so sind sie nicht so groß wie die Bewohner des Planeten Saturnus, aber doch wieder größer als die des Planeten Uranus, obschon sie unter sich selbst bedeutenden Größenvariationen unterworfen sind. So gibt es Menschen, die nicht selten eine Höhe von vierzig Klaftern, und wieder Menschen, die oft kaum eine Höhe von etwas über zwanzig Klaftern erreichen. In dieser Hinsicht gleicht dann dieser Planet beinahe eurer Erde, allda es auch für das Verhältnis menschlicher Leibesgrößen sehr verschiedene Varianten gibt. Also ist es auch der Fall mit dem weiblichen Geschlecht auf unserem Planeten Miron.

[61.2] Was hernach die körperliche Form betrifft, so ist sie gewöhnlich von sehr schöner Art, obschon es auch hier bedeutende Abweichungen gibt. Um uns also von der Gestalt der Menschen dieses Planeten einen möglichst vollkommenen Begriff in aller Kürze machen zu können, wollen wir uns an die Mittelklasse in jeder Hinsicht halten; denn von diesem Standpunkt aus werden sich dann ohnehin auf eine leichte Weise alle möglichen Nebenlinien erkennen lassen. Und so wollen wir fürs Erste den Mann von dreißig Klaftern Höhe und das Weib von etwa achtundzwanzig Klaftern in den Augenschein nehmen.

[61.3] Wie sieht denn der Mann aus? Der Mann hat ein ziemlich ernstes, aber durchaus nicht abstoßendes Aussehen. Seine Gliedmaßen sind männlich vollkommen nach der Art eines vollkommenen Mannes bei euch. Sein Haupt ist mit langen, zumeist ringelartig gelockten Haaren versehen, welche von dunkelgrüner Farbe sind. Die Hautfarbe des Mannes ist weiß, hier und da nur ein wenig ins Lichtgrüne übergehend. Die Lippen sind zwar rot, schillern aber auch etwas ins Grüne. So sind auch die Augen niemals blau oder grau, sondern variieren in der grünen Farbe. Der reichliche Kinnbart des Mannes ist ebenfalls grün; nur ein wenig blasser als die Kopfhaare. Also sind auch die Nägel an den Fingern also aussehend wie ein recht starkes grünes Glas; während die Finger gewöhnlich vollkommen weiß sind, wenn sie übrigens reinlich gehalten werden, was in diesem Planeten zwar zuallermeist der Fall ist. Die Zähne im Mund sind also bläulich wie eine Perlenmutter bei euch und schillern ganz sanft in verschiedenen Färbungen. Die Stimme des Mannes ist sehr wohlklingend, aber gewöhnlich sehr tief, so dass sein gewöhnlicher Redeton sich beständig in der tiefsten Region eurer Kontratöne bewegen dürfte, und das in einer für eure Ohren so sonoren Stärke, dass ihr ihn in einer Entfernung von zwei bis drei Meilen noch gar wohl einem Donner ähnlich vernehmen würdet. Obschon aber auch das Weib ziemlich tief spricht, so ist aber dennoch ihre Stimme angenehmer und gewisserart biegsamer als die des Mannes, und ist daher besonders für das männliche Geschlecht dieses Planeten überaus anziehend; solches noch umso mehr aus dem Grunde, weil dieser Planet gewisserart die eigentliche Heimat der Tonkunst ist nicht nur allein mittels der verschiedenartigen und beugsamen Menschenstimmen, worunter sich freilich wohl die weiblichen am meisten auszeichnen, sondern auch durch mannigfaltige musikalische Instrumente, die wir erst am rechten Platz werden näher kennenlernen.

[61.4] Also hätten wir gesehen, wie der Mann aussieht, und zwar in seinem nackten Zustand; also wollen wir auch das Weib unbekleidet betrachten. Es dürfte vielleicht einer oder der andere fragen, warum denn nicht auch die Kleidung zugleich mit der dargestellten Gestalt? Der Grund liegt darin: Weil hier die Kleidung fast so wie bei euch verschiedenartig ist, so lässt sich also wie auf einem anderen Planeten darüber nicht eine feste Form aufstellen. Denn auch hier tragen die Männer nach Verschiedenheit des Landes und ihrer Sitten verschiedene Röcke, Mäntel, Beinkleider, Schuhe und Hüte, und also auch das Weib. Wollt ihr demnach einen bekleideten Menschen entweder männlichen oder weiblichen Geschlechts vor euch haben, so müsst ihr ihn schon selbst anziehen, welches euch eben nicht gar zu schwer werden dürfte. Ihr dürft zu dem Behuf nur die besseren europäischen und asiatischen Nationaltrachten, freilich wohl im vergrößerten Maßstab, auf die Bewohner dieses Planeten übertragen, so habt ihr sie dann auch bekleidet vor euch. Und da wir solches wissen, so können wir füglichermaßen ohne Bedenken uns einem nackten Weib nahen und dasselbe beschauen nach seiner Art.

[61.5] Das Weib ist gewöhnlich von ungemein schöner Art, ja manchmal von wunderbarer Schönheit. In der Physiognomie des Weibes spricht sich eine wunderbare Süße und Anmut aus; Rundung, Weichheit und Zartheit sind die beinahe niemals mangelnden Auszeichnungen des weiblichen Körperbaues. Die Haut ist ungemein zart und von blendend weißer Farbe, etwa wie frisch gefallener Schnee auf einer Alpe bei euch, nur die Wangen gehen zumeist ins sanft Grünrötliche über. Die Haare sind schwarzgrün und schillern bei Licht wie eine Pfauenfeder bei euch; so sind auch die Dunstlocken unter den Armen ausgezeichnet und schillern wie Diamanten; also sind auch die Schamlocken. Die Nägel an den Fingern sind äußerst lebhaft grün und sind glänzend wie fein poliertes Glas, welches sich auf den überaus weißen und runden Fingern bei den Weibern dieses Planeten überaus gut ausnimmt.

[61.6] Das Antlitz dieser Weiber hat zumeist diejenige Form, die ihr nach euren Grundsätzen zu der schönsten rechnet. Eine glatte, hohe Stirn, ziemlich starke Augenbrauen, große und sehr lebhafte Augen, deren Pupille ein feuervolles Grün mit manchmal rot durchbrechenden Strahlen spielt. Die Nase ist gerade und allenthalben sanft abgerundet. Also ist auch der Mund im rechten Verhältnis zu allen übrigen Teilen. Das Kinn ist weder zu spitz noch zu breit, sondern es hat mehr eine vollkommene eiförmige Gestalt, in der Mitte mit einer mäßigen Einbiegung versehen.

[61.7] Der Hals ist mittelmäßig lang und rund; der Nacken vollkommen, dass da nirgends irgendein Knochenaufdruck zu bemerken ist. Die Brust ist überaus voll. Und unter der Brust wird das Weib bis an die Hüfte schlank; dann aber wird es wieder sehr zunehmend und ist in der Gegend der Schenkelgelenke so breit wie breit da ihre Schultern sind, das heißt von einer Schulterlinie über den Rücken zur anderen. Dass auch die Füße in der Ordnung sind, braucht kaum erwähnt zu werden.

[61.8] Nun mögt ihr das Weib noch nach eurem Belieben bekleiden, so könnt ihr euch dann schon einen Begriff machen, wie da ein so recht wohlgekleidetes Frauenzimmer aussieht. Nur müsst ihr sie nicht etwa zu einer Pariser Putzdocke machen, sondern, wie gesagt, nach irgendeiner Nationaltracht der Landvölker müsst ihr sie kostümieren.

[61.9] Nun hätten wir den Menschen vor uns. Dieser Mensch aber hat noch keine Wohnung. Somit wird es vor allem notwendig sein, ihm auch eine Wohnung zu geben. Denn die Menschen dieses Planeten wohnen so gut wie ihr in Häusern. Also ist es nur notwendig, zu besehen, wie die Häuser aussehen; ob sie einzeln oder vergesellschaftet, wie etwa die Dörfer bei euch, beisammenstehen; und wir haben dann unsere schönen und großen Menschen dieses Planeten schon mit Wohnung versorgt.

[61.10] Wie sehen denn die Häuser aus? Die Häuser sehen hier beinahe gerade so aus wie bei euch; nur haben sie nie mehrere Stockwerke, sondern allein das Erdgeschoß, und sind nie höher als höchstens anderthalbmal so hoch der Wand nach als wie groß da ist der Mann. Die Dächer sehen ebenfalls so aus wie die Dächer eurer Landwohnhäuser; nur sind sie etwas zugespitzter als bei euch, etwa so wie die Dächer gotischer Bethäuser.

[61.11] Ein Haus hat nie mehr als drei Zimmer; eines zur Bewohnung des weiblichen Geschlechts und eines, welches gewöhnlich das mittlere ist, zur allgemeinen gegenseitigen Konversation. Wie groß sind denn solche Zimmer? Im Verhältnis zu den Menschen dieses Planeten nicht zu groß und nicht zu klein. So groß aber ist jedes, dass es eine Gesellschaft von hundert Menschen leicht fassen kann.

[61.12] Aus welchem Material sind denn die Häuser gebaut? Durchgehends aus behauenen Steinen. Die Fenster der Zimmer sind hoch, aber nicht zu breit, und sind ebenfalls mit einem elastischen Naturglas, von der Art wie etwa euer Frauenglas, versehen, welches ebenfalls in Rahmen, gewöhnlich aus Metall, eingefasst ist. Die Farbe dieses Glases ist verschieden, je nachdem es die freie Werkstätte der Natur liefert. Die Bewohner haben zwar auch ein künstliches Glas; dieses aber verwenden sie zu ganz anderen Zwecken; wovon noch später die Erwähnung geschehen wird.

[61.13] Neben den Wohnhäusern sind auch wirtschaftliche Gebäude, sowohl zur Bewohnung ihrer Haustiere, wie auch noch für allerlei andere hauswirtschaftliche Zwecke, aufgeführt. Dann sind vor den eigentlichen Wohnhäusern auch noch Kinderhäuser von nicht mehr als nur einem Zimmer erbaut. Diese Häuser sind so hoch wie das Wohnhaus, nur sind sie natürlicherweise dem Umfang nach kleiner.

[61.14] Es braucht nur noch hinzuerwähnt zu werden, dass die Menschen hier zumeist in Dörfern beisammen wohnen, so haben wir sie schon gehörig untergebracht und wollen nächstens ihre weiteren Verhältnisse verfolgen.

TAGS

Kein Kommentar bisher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Letzte Kommentare