(Am 6. Oktober 1842 von 4 1/2 bis 6 1/4 Uhr nachmittags.)
[42.1] Was da die Religion betrifft, so ist diese fast nirgends so einfach wie hier.
[42.2] Sie besteht lediglich in nichts anderem als in dem lebendigen Glauben, dass Gott ist ein allervollkommenster Mensch, und dass dieser allervollkommenste Mensch hat Himmel, ihre Erde und alle Dinge und Wesen aus Seinem freien Willen heraus erschaffen und hat den Menschen gemacht nach Seinem Ebenmaß und hat ihn gesetzt auf die Welt zu einem Herrn derselben, damit er beherrsche die äußere wie seine eigene Welt, welche da ist das Naturmäßige eines jeden Menschen bei seinem Leibesleben. Solches wird als Grundsatz ihrer Religion gelehrt und macht gewisserart den ersten Teil ihrer Religionslehre aus.
[42.3] Im zweiten Teil ihrer Religionslehre aber wird gezeigt, wie der Mensch ein vollkommenes Gefäß ist zur Aufnahme des göttlichen Willens; und es wird ferner gezeigt, wie der Mensch nur durch die Aufnahme dieses Willens ein wahrhaft mächtiger Herr über alle anderen Geschöpfe der Welt, wie über die Welt selbst werden kann.
[42.4] Auch wird dann in diesem Teil noch gezeigt, wie der Mensch des göttlichen Willens vollkommen habhaft werden kann, nämlich durch die Erfüllung desselben. Denn es heißt da: Wer den Willen Gottes in sich vollkommen erfüllt, der muss ihn ja vorher vollkommen in sich aufgenommen haben. Es kann aber niemand den göttlichen Willen in sich aufnehmen, solange er seinen eigenen Scheinwillen nicht fahren lässt. Wie lässt aber der Mensch seinen Willen fahren? Der Mensch lässt seinen Willen fahren, wenn er ihn zu dem Zweck gebraucht, als er ihm von dem Schöpfer eingegossen wurde.
[42.5] Wie lautet aber der Zweck? So lautet er: Der Mensch soll mit dem eigenen Willen wollen den Willen Gottes erfüllen und wollen zu dem Behuf denselben erkennen. Wem solches vollends ernst ist, den wird Gott auch alsbald in gerechtem Maße Seinen Willen erkennen lassen. Inwieweit aber jemand dann den Willen Gottes erkennt und tut zufolge seines eigenen Willens nach dem Willen Gottes, insoweit er denselben erkannt hat, der vereinigt dann den eigenen Willen mit dem göttlichen, wodurch dann erst eine wahre Wiederbindung, welches die eigentliche Religion ist, zwischen Gott und dem Menschen bewerkstelligt wird.
[42.6] Je mehr demnach im Zustand der Religion der Mensch sich bestrebt, den göttlichen Willen zu erkennen und darnach zu handeln, desto mehr verbindet er sich auch mit der Kraft des göttlichen Willens. Und hat jemand sich den göttlichen Willen in solchem Grade eigen gemacht, dass er durchaus keinen eigenen Willen mehr hat, selbst dazu nicht, um den göttlichen Willen zu erfüllen, sondern aller Wille in ihm schon geworden ist ein rein göttlicher, sodann hat sich der Mensch nicht nur mit Gott verbunden, sondern er hat sich mit Ihm vereinigt.
[42.7] Und das ist der Zweck der Religion, dass sich der Mensch mit Gott vereinigen soll, das heißt, er soll keinen anderen Willen als Handlungsbeweggrund haben als allein den göttlichen.
[42.8] Wer aber den allein göttlichen Willen zum Beweggrund aller seiner Handlungen hat, der handelt leicht und überaus wirksam. Denn die Allmacht des göttlichen Willens beurkundet sich überall und in jedem Menschen, wenn dieser Wille als reiner Beweggrund einer oder der anderen Handlung auftritt.
[42.9] Seht, in dieser kurzen Darstellung ist und besteht der zweite Teil der Religion der Bewohner dieses Gürtels.
[42.10] Und nun kommt noch der dritte Teil. In diesem Teil wird allein das innere Leben dargestellt und das ebenfalls auf die kürzeste und einfachste Weise; was ihr sogleich aus der Lehre erkennen werdet, die Ich euch so wie die vorherigen buchstäblich anführen will.
[42.11] Also lautet aber die Lehre des dritten Teils: Gott ist das ureigentliche Leben Selbst; darum in Gott Selbst an und für sich die größte Feindschaft gegen den Tod ewig unerbittlich waltet. Denn das Leben kann sich nie mit dem Tod befreunden. Wie sollte Gott als das urewige, allereigentlichste Grundleben alles Lebens je eine Gemeinschaft und Freundschaft haben können mit dem Tod, welcher der allerschroffste Gegensatz alles Lebens ist?!
[42.12] Diese in der ewigen Ordnung Gottes gegründete Feindschaft ist der Zorn Gottes. Wenn aber Gott, als der Grund alles Lebens, die Welt und die Dinge erschaffen hat aus Sich, da hat Er sie gewiss nicht aus Seinem Zorn, sondern aus Seiner endlosen Freundschaft geschaffen. Diese Freundschaft ist als Liebe das eigentliche Grundwesen Gottes, aus welchem wir und alle Dinge hervorgegangen sind.
[42.13] So wir aber als selbst lebendige, denkende und wollende Wesen doch ersichtlich notwendigerweise aus dem Leben Gottes hervorgegangen sind, in welchem kein Tod denkbar ist, so sind wir auch sicher nicht für den Tod hervorgegangen, sondern nur für das Leben. Dass aber sich solches also verhält, mögen wir ja alle daraus überklar entnehmen, dass wir als lebendige Wesen da sind.
[42.14] Denn der Tod, dieses Unding ohne Sein, bloß nur als ein Begriff zum Gegensatz des Lebens, kann ja doch unmöglich irgendetwas hervorbringen. Denn könnte er solches, da müsste er früher da sein; wie und wo aber könnte er da sein, indem das lebendige Wesen Gottes erfüllt Seine eigene Unendlichkeit, außer welcher keine zweite Unendlichkeit mehr denkbar ist, indem die eine Unendlichkeit Gottes ewig unbegrenzt ist.
[42.15] Da wir aber nun da sind lebendig, denkend und sich selbst fühlend, so sind wir ja doch notwendig aus dem urlebendigen Gott da und sind, wo wir sind, in der Mitte Seines urewigen, allervollkommensten Lebens. Nichts kann uns von selbem trennen als nur auf eine kurze Zeit der von Gott uns gegebene Wille.
[42.16] Haben wir diesen wieder mit Seinem Willen vereinigt, so sind wir auch dadurch in das Urgrundleben zurückgegangen, und es trennt uns nichts mehr von selbem – als zum Schein nur die schwache Haut des Leibes. Wenn diese nach dem Willen Gottes von uns genommen wird, sodann sind wir wieder vollkommen ein Leben mit Gott, welches sich dann im höchsten Grade der Klarheit ewig in aller der göttlichen Vollkommenheit erkennen und beschauen wird.
[42.17] Wie empfinden wir aber dieses urgöttliche Leben in uns? Dieses urgöttliche Leben fühlen und empfinden wir durch die Liebe. Wer sonach die Liebe hat, der hat schon das Leben auch in sich. Wer aber die Liebe nicht hätte, der müsste noch weitere Prüfungen bestehen, und das so lange, bis sich die Liebe in ihm künden würde.
[42.18] Die Liebe unserer Brüder und Schwestern ist der Anfang des inneren Lebens. Wer aber aus dieser Liebe in die Liebe zu Gott übergegangen ist, der ist auch übergegangen vom Anfang seines Lebens in die Fülle des göttlichen Lebens selbst.
[42.19] Denn wer seine Brüder und Schwestern liebt, der lebt schon in ihren Herzen und sie in dem seinigen. Wer aber dann Gott liebt, der lebt in Gott und Gott in ihm!
[42.20] Es kann aber niemand aus der eigenen Liebe heraus Gott lieben, weil Gott die Fülle des Lebens ist. So aber jemand durch seine Liebe seine Brüder und Schwestern lebendig in sich aufgenommen hat, der hat dadurch seine eigene Lebenssphäre erweitert, damit er dann erst in diese die Fülle des göttlichen Lebens aufnehmen kann.
[42.21] Denn das eigene Leben durch die eigene Liebe ist viel zu ohnmächtig zur Tragung der Fülle des göttlichen Lebens. Aber ein vereinigtes Bruder- und Schwesterleben durch die Liebe in eines Menschen Herzen kann erst noch und also gestärkt werden, dass es dann imstande ist, die Fülle des göttlichen Lebens in sich aufzunehmen.
[42.22] Obschon zwar jeder Mensch für sich ein lebendes Wesen ist, so würde aber doch das Leben eines einzelnen Menschen in sich selbst als ein barster Tod gegen die Fülle des göttlichen Lebens erscheinen, und niemand könnte dieselbe ertragen, so sie über ihn kommen möchte in seiner dürftig lebendigen Abgeschlossenheit. Daher breitet die Arme eurer Herzen weit aus und umfasst alle Brüder und Schwestern mit der innigsten Liebe werktätig, so werdet ihr dadurch euer Herz zu einer geräumigen Wohnstätte umgestalten, in welche dann die Fülle des göttlichen Lebens wird einziehen und allda ewige Wohnung nehmen können. Denn Gott ist groß und unendlich die Fülle Seines Lebens.
[42.23] Wir wissen aber, dass in einem Punkt keine große Kraft herrschen kann. Wenn sich aber die Punkte vereinigen, so wird ihnen auch eine Kraft innewohnen, welche entsprechen wird der Größe ihrer Vereinigung. Oder ist nicht unsere große Welt zusammengesetzt aus lauter Punkten? So wir aber einen Punkt davon nehmen und prüfen seine Kraft, wie gering erscheint sie gegen die unsrige, indem wir ihn zunichtemachen können zwischen unseren Fingern. Sind wir solches auch imstande mit unserer großen Welt? O das ist fern von uns! Denn die Kraft der Welt ist eine Fülle, die da entspricht der endlosen Vielheit der Punkte, aus denen sie besteht. Die Kraft aber ist ebenfalls nichts anderes, als das stets mächtigst wirkende Leben Gottes in unserer Welt.
[42.24] Der eigenliebige Mensch gleicht einem Punkt, welchen schon unsere Kraft zerstört. Was wird ihm erst geschehen zwischen den Fingern der göttlichen Lebenskraft? Wenn wir aber unser Herz erweitern durch die Bruder- und Schwesterliebe, da vergrößern wir durch die Zusammenziehung der lebendigen, einzelnen Punkte in uns unsere eigene innere Welt, was alles die Bruder- und Schwesterliebe bewirkt, und bilden dadurch ein kräftiges Organ zur Aufnahme stets größerer Kräfte. Ist dieses Organ nach dem Willen Gottes vollkommen ausgebildet, gleich der äußeren Welt, die uns trägt, sodann erst wird dasselbe auch fähig werden, die Fülle höherer Kräfte in sich aufzunehmen, welche da ausgehen aus der urewigen, endlosen Fülle der göttlichen Lebenskraft.
[42.25] Liebt daher Brüder und Schwestern, damit ihr Gott lieben könnt; denn ohne die Bruder- und Schwesterliebe kann niemand Gott lieben.
[42.26] Seht, das ist der ganze dritte Grundsatz vom Leben durch die wahre Religion.
[42.27] Mit diesem Grundsatz ist auch der Ehestand vereinigt. Daher aber auch die Ehe nirgends so innigst gehalten wird, wie hier.
[42.28] Dass solches alles in den beiden Gürteln, welche dem Planeten Jupiter entsprechen, ohne die geringste Ausnahme der Fall ist, könnt ihr schon aus dem abnehmen, dass Ich bei der Darstellung des nördlichen Gürtels gar nie ganz besonders des südlichen erwähnt habe. Und somit wären wir auch mit diesem vierten Gürtel fertig und wollen uns sogleich auf den fünften begeben.
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