(Am 26. August 1842 von 3 1/4 bis 1/2 7 Uhr nachmittags.)
[16.1] Ungefähr drei bis fünf Klafter unter der Baumreihe befindet sich ein sogenannter Kleinfruchtacker, welcher zu beiden Seiten mit allerlei fruchttragenden Gesträuchen eingefasst ist. Die Gesträuche werden höchstens anderthalb Klafter hoch gezogen. Der Acker aber ist von allerlei Kleinfrucht tragenden Pflanzen bewachsen, welche ungefähr ähnliche Früchte tragen, als wie da zum Beispiel sind eure Erdbeeren, Pröpstlinge, Melonen, sogenannte Paradiesäpfel und dergleichen mehr. Jedoch müsst ihr etwa nicht denken, als möchten da derart Früchte wachsen, – nur ähnlich sind solche Gewächse hinsichtlich der Kleinpflanzenart, aber sonst dort von der außerordentlichsten Mannigfaltigkeit und kommen in gleicher Art, wie alles andere, auch bei keinem anderen Haus wieder vor.
[16.2] Ihr habt in diesem Punkt schon eine Zeit lang eine geheime Frage in euch, und diese lautet also: Warum sollte denn nicht auch auf dem Grund des Nachbarn etwas vorkommen, was da vorkommt auf eines anderen Nachbarn Grund? Denn sicher werden die Produkte eines Nachbarn den Beifall eines anderen haben. Warum denn sollte er dasjenige, was ihm auf dem Grund seines Nachbarn gefällt, nicht auch auf dem seinigen hervorbringen? Denn, wenn er es nicht tut, so muss ihn entweder ein Gesetz daran hindern, oder er muss alles andere geringschätzen und nur das für etwas ganz entschieden Ausgezeichnetstes halten, was er auf seinem Grund produziert.
[16.3] Seht, diese Frage ist durchaus nicht übel, lässt sich hören und ist einer Beantwortung würdig. Aber bevor auf die Frage eine Antwort gegeben werden kann, muss Ich euch zuvor bemerken, dass diese Frage wohl auf eurem Erdkörper einen Grund hätte; in der Sonne aber fällt sie offenbar auf einen trockenen Boden, allda sie zu keiner Antwort erwachsen kann.
[16.4] Hier fragt ihr schon wieder: Warum denn? – Und Ich sage euch: Erst auf dieses Warum kann Ich euch eine Antwort geben, welche also lautet: Betrachtet euch selbst gegenseitig und sagt Mir dann, warum ihr als Brüder untereinander euch individuell und physiognomisch voneinander unterscheidet, dass da nicht einmal ein nächster Blutsbruder dem anderen völlig gleichsieht, während dessen ungeachtet doch ein jeder als ein vollkommener Mensch, wenigstens der Gestalt nach, erkannt werden kann? Könnt ihr Mir diese Frage beantworten? Denn Ich sage euch, gerade darin liegt ganz vollkommen fertig die Antwort auf euer Warum.
[16.5] Ich sehe aber, dass ihr mit der Beantwortung dieser Frage nicht fertig würdet. Daher wird hier wohl nichts anderes übrigbleiben, als euch zu sagen, dass der Grund lediglich in der entsprechenden, zuständlichen, individuellen Beschaffenheit des Geistes liegt, indem jedem Geist, neben dem allgemein Eigentümlichen, auch etwas ganz isoliert Eigentümliches gegeben ist, gleichsam ein einem oder dem anderen Geist ganz besonders zu eigen verliehenes Pfund. Durch dieses Pfund unterscheidet sich dann jeder einzelne Geist von jedem anderen einzelnen Geist. Und dieser Unterschied prägt sich dann auch auf eine entsprechende Weise in der äußeren Form aus, welche sich am klarsten in eines jeden Menschen Gesicht darstellt.
[16.6] Nun seht, gerade also auch verhält es sich im ausgedehnteren Maßstab bei den Bewohnern der Sonne, allda nicht nur die äußere physiognomische Bildung des Menschen die Charakteristik seines Geistes darstellt, sondern auch alles, was ein Sonnenmensch durch seinen Willen produziert. Demnach kann zwar ein Sonnenmensch wohl auch eine Pflanze, die ihm wohlgefiel auf seines Nachbarn Grund, auf seinem eigenen hervorbringen; aber sie wird nicht mehr so aussehen wie die auf seines Nachbarn Grund. Warum denn? Weil der Nachbar auch nicht so aussieht, weder leiblich noch geistig, wie sein anderer Nachbar; und dieses verschiedene, charakteristische Aussehen wird auch in allem dem bemerkt, was er hervorbringt. Seht, darin liegt der eigentliche Grund, warum bei zwei Nachbarn nichts ganz vollkommen Ähnliches angetroffen wird.
[16.7] Diese Verschiedenheit hat aber noch etwas anderes zum Grunde, nämlich, dass dadurch ein jeder Sonnenmensch, wenn er nur den Grund und Boden eines anderen betreten hat, sogleich aus einer oder der anderen Pflanze innewird, wessen Geistes Kind sein Nachbar oder ein anderer Grundbesitzer ist. Seht, jetzt haben wir schon die vollkommene Antwort.
[16.8] Im Grunde zeigt sich Ähnliches wohl auch auf den Erdkörpern, allda ein jeder eine andere Pflanzen- und Baumschule in seinem Garten hat; auch baut er sich ein anders aussehendes Haus als sein Nachbar. Allein alle diese Verschiedenheiten erstrecken sich bloß nur auf die verschieden angenommene Ordnung, aber nicht auch auf das Individuelle der Pflanzen, weil diese aus dem Samen hervorgehen, in welchem sie schon eine beständige Ordnung haben. In der Sonne aber gehen sie, wie schon bekannt, aus dem vollkommenen Willen des Geistes hervor und richten sich darum auch nach der Ordnung des Geistes, der sie durch seinen freien Willen hervorruft.
[16.9] Also hätten wir den Grund dieser Verschiedenheit und wollen nun einen Blick weiter tun, wie da ein Grund eines Sonnenbewohners bestellt ist.
[16.10] Unter diesem (Kleinfrucht-)Acker befindet sich ein leerer Kreis, da nichts angebaut ist, und es dient selbiger bloß zur Umwandlung (Umgehung) des Kleinfruchtackers. Diesen leeren Kreis begrenzen wieder ziemlich knapp nacheinander stehende kleine Bäumchen, ungefähr in der Art, als da bei euch gezogen werden die Zwergbäume in den Gärten. Auch diese Bäumchen sind verschiedenartig, so zwar, dass selten fünf bis sieben einer und derselben Art sind; und tragen daher auch mannigfaltige Früchte in der Art eurer Birnen, Äpfel, Pomeranzen und dergleichen mehr. Nur ist allda alles vollkommen und jede Frucht von einem überaus großen Wohlgeschmack.
[16.11] Dieser Bäumchenreihe folgt wieder ein leerer Kreis; dieser ist aber dann umfangen mit einer Art lebendigem Zaun. Von diesem Zaun erstreckt sich dann in einer Breite von sieben bis zehn Klaftern eine Wiese mit einem überaus üppig grünen Graswuchs, wo das Gras aber auf einem Grund immer einer und derselben Art ist.
[16.12] Dieser Kreis ist zur Weide der Schafe bestimmt, welche bei den Sonnenbewohnern die einzigen Haustiere sind; obschon es in der Sonne allenthalben eine überaus zahllose Menge von Tieren aller Art gibt, mit Ausnahme der alleinigen Schlange, welche nur auf einigen Erdkörpern einheimisch ist.
[16.13] Ihr werdet fragen, warum denn nur das Schaf da allein ist ein häusliches Tier? – Fürs Erste, weil es unter allen Tiergattungen das geduldigste und sanftmütigste Tier ist. Fürs Zweite, weil auch die Sonnenbewohner die Milch dieses Tieres genießen. Und fürs Dritte, weil dieses Tier auch in der Sonne mit seiner reichlichen und überaus feinen Wolle den Menschen den Stoff zu ihren Kleidungen gibt. Seht, darum wird auch nur dieses Tier allein einheimisch gehalten und wird für dasselbe eine solche Wiese bereitet.
[16.14] Da wir aber eben zuvor erwähnt haben einer zahllosen Menge der Tiere in der Sonne, so fragt es sich: Wo halten sich diese auf und wovon leben sie? Ihr wisst, dass es in der Sonne, besonders auf diesem Gürtel, auch überaus große, unübersehbare Ebenen gibt. Seht, diese Ebenen werden, wie ihr wisst, nie von Menschen bewohnt, und zwar aus dem sehr tüchtigen Grunde, den ihr zur Genüge habt kennengelernt bei der Darstellung der Sonnenflecke, oder vielmehr bei der Darstellung der großen Eruption am Äquator der Sonne. Ebendiese Ebenen aber werden von zahllosen, allerverschiedenartigsten Tiergeschlechtern bewohnt.
[16.15] Aber jetzt fragt es sich: Wovon leben sie, da in der Sonne die Vegetation nur durch den Willen der Menschen bedingt ist? – Auf diese Frage ist nichts leichter, als eine Antwort zu geben, nämlich, dass auch die Ebenen mit allerlei Gewächsen in der üppigsten Fülle bewachsen sind, und das zwar ebenfalls zufolge des Willens der Menschen, – aber für die Ebenen durch die Bitte und ebenso intimste Vereinigung mit dem treuerkannten Willen des großen Gottes. Wie aber werden diese Ebenen demnach bebaut? Durch den Segen des obersten Lehrers, wann auf der höchsten Tempelhöhe sich eine ganze Gemeinde zur Anbetung des großen Gottes in dem Tempel von siebenundsiebzig Säulen versammelt hat.
[16.16] Seht, jetzt habt ihr auch diese Frage beantwortet. Aber es steht noch eine Frage im Hintergrund: Wie verhüten aber die Sonnenbewohner, dass das Getier der Ebenen nicht hinaufsteige zu ihnen und allda leichtlich beschädige ihre edlen Gründe? – Solches verhüten die Sonnenbewohner dadurch, dass sie eben in solchem gemeinschaftlichen Wirken alle Hügelländer durch unübersteigliche, lebendige Zäune von den Ebenen nach allen möglichen Richtungen hin rein absperren. Dieser lebendige Zaun besteht aus lauter dicht aneinandergestellten, nicht selten bei tausend Klafter hohen, säulenartigen Baumstämmen, welche nur zuoberst mit sehr buschigen Kronen versehen sind, welche auch in sehr großer Menge solche Früchte tragen, welche zur Nahrung der Tiere tauglich sind.
[16.17] Diese Einzäunungen laufen nicht selten in einer geraden Linie längs dem Fuße eines oder des anderen Hügels mehrere hundert Meilen fort, bis sie sich dann nach einer anderen Richtung hinbeugen. Die Kronen dieser Bäume haben fortwährend ein hellgrünes Laub; die Stämme aber sind von der Erde an dunkelrot und verlieren sich bis zu der Krone ins gänzlich Blass-Lichtrote, welches dann auch einen überaus reizend schönen Prospect [Anblick] gewährt.
[16.18] Nun wüssten wir, wie die Tiere versorgt sind; daher wollen wir wieder zu unserem Hausgrund zurückkehren und allda sehen, was nach der Wiese folgt.
[16.19] Diese Wiese ist auf der unteren Seite über dem lebendigen Zaun mit einem Wall umgeben, auf welchem in der Richtung der Haussäulen springende Quellen angebracht sind. Ihr werdet auch hier schon wieder fragen: Woher nehmen denn die Sonnenbewohner alsogleich das Wasser her, um dasselbe sogleich, wo sie es nur haben wollen, aus diesem Wall emporspringen zu lassen?
[16.20] Es ist für die Sonnenbewohner eben nichts Leichteres als das. Sie stecken nichts als eine bei zehn Klafter lange Röhre so in das Erdreich, dass die Röhre noch etwa eine Klafter über den Erdboden hervorragt. Und sogleich sammelt sich von dem überaus saftigen Sonnenerdboden so viel Wasser in der in die Erde gesteckten Röhre, welche zu dem Behuf, soweit sie in die Erde gesteckt wird, von allen Seiten mit einer Menge kleiner runder Öffnungen oder Löchelchen versehen ist, welche dann begierig die häufige Feuchtigkeit des Erdreichs in den Hauptkanal der Röhre passieren lassen, durch welchen Kanal dann diese in der Röhre reichlich angesammelten Feuchtigkeiten als eine ziemlich hoch springende Quelle sich zum Bedarf der Menschen und Tiere ergießen.
[16.21] Unter diesem Wall ist dann der sogenannte, bei zehn Klafter breite Brotacker-Kreis. Warum wird er denn Brotacker-Kreis genannt? Weil auf diesem Acker eine Art Frucht wächst, welche einzig und allein nicht vom menschlichen Willen erzeugt wird; sondern auf diesem Kreis rührt die Frucht, welche ungefähr eurem Weizen ähnlich ist, von dem Willen Gottes her. Daher wird auch dieser Acker als ein Heiligtum betrachtet.
[16.22] Nur wird auch hier kein Same gesät, sondern der Acker wird zu dem Behuf eingerichtet, und wann er die Frucht tragen soll, so wird darum eigens gebetet, welches bei den Sonnenbewohnern allzeit unter einer besonders großen Feierlichkeit geschieht. Nach dieser Feierlichkeit durchgeht der Hausvater segnend diesen Acker, und ihm folgen nach der Ordnung alle seine Familienglieder nach. Solcher Umgang geschieht sieben Mal. Alsdann wird dem großen Gott ein allgemeines Lob-, Preis- und Dankgebet dargebracht, und also ist der Brotacker bestellt.
[16.23] Dieser Brotacker ist aber zuunterst umfangen mit einem überaus prachtvollen und künstlichen Geländer; und dieses Geländer ist dann auch zugleich die Grenze eines Grundes.
[16.24] Ihr werdet hier freilich fragen: Aber warum ist denn dieser am meisten geheiligte Acker am weitesten vom Wohnhaus abstehend angebracht? Denn es soll ja sinnbildlich dasjenige, was mehr rein göttlicher Art ist, dem Menschen näherliegen als alles, was da nur seiner Art ist. – Durch diese Frage philosophiert ihr zwar eben so übel nicht; aber die Sonnenbewohner philosophieren in dieser Hinsicht noch besser, denn sie zeigen dadurch an, dass das Göttliche nicht nur den Zentralpunkt der Wohnungen erfasst, sondern es umfasst auch alles Äußere. Also soll auch der Mensch in seinem Innersten einen Thron errichtet haben zur Wohnung des göttlichen Geistes und soll dann auch von ebendiesem Geist alle seine Gedanken, Begierden und Handlungen ergreifen lassen, damit er dadurch sei in allem – wie im Inneren, so auch im Äußeren – ein Mensch vollkommen nach dem Willen des großen Gottes.
[16.25] Seht, dieses alles besagt nichts mehr und nichts weniger, als dass die Menschen vollkommen nach dem Willen leben und handeln, das heißt sich von Meinem Geist erfassen und bis ins Innerste durchdringen lassen sollen, nicht aber, wie es jetzt so viele gewisserart Bessere tun, indem sie sich mit der alleinigen Erkenntnis Meines Willens begnügen, was aber ihre Handlungen anbetrifft, da sollte Ich es Mir gefallen lassen, dass sie Mich neben ihren Welthandlungen einherzögen. Seht, da macht nicht dieser Brotacker die äußere Umfassung, sondern nur ein reiner Weltacker, der keine Früchte Meines Willens trägt, sondern Früchte des Eigennutzes, der Welt, des Verderbens und Todes.
[16.26] Aus dieser kurzen Darstellung mögt ihr es nun wohl erkennen, dass die Sonnenbewohner durchaus bessere Philosophen sind, als ihr es seid. Denn die Ordnung, welche sie in ihrer Häuslichkeit beobachten, ist eine, selbst sinnbildlich genommen, doch sicher mehr Meiner Ordnung gemäße als die, welche ihr in Hinsicht auf eure häuslichen Einrichtungen und Anordnungen verwendet. Es kann zwar bei euch auf eurem Planeten keine solche äußere Ordnung beobachtet werden, und es liegt im Hauptgrund auch eben nicht gar zu viel daran. Dessen ungeachtet aber lasse Ich euch nun dennoch solches beschauen, damit ihr dadurch euren geistigen Grund darnach bestellen möchtet. Solches sollt ihr demnach recht wohl beachten. Und so wollen wir denn fürs Nächste noch die verschiedenen Amtshäuser und Tempel durchblicken und uns sodann zu den allgemeinen häuslichen Verfassungen der Bewohner dieses Gürtels wenden.
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