Am 22. August 1844
[286.1] Als aber Joseph am nächsten Tag wieder mit seinen vier Söhnen ins Dorf zur Arbeit kam und das Kindlein mit ihm,
[286.2] da kam ein Dorfrichter zu ihm und sprach zu ihm:
[286.3] „Höre, du Zimmermann! Das ist nicht löblich, dass du dein Knäblein immer mitziehst!
[286.4] Denn fürs Erste hat es eine giftige Ausdünstung, und die Kinder, die es anrührt, werden fürs Zweite bald krank,
[286.5] oder sie sterben bald, oder sie werden blind oder taub!“
[286.6] Als Joseph solche Lüge vernahm, da legte er die Axt beiseite und sprach zum Richter:
[286.7] „Bringe her die Zeugen, die solches Übel erlitten durch meinen höchst unschuldigsten Knaben Jesus,
[286.8] und ich will mit ihnen in den Tempel ziehen und mit ihnen die Sache vor dem Hohepriester Gottes abmachen!“
[286.9] Es war aber dieser Richter bestochen von dem Vater des verdorrten Knaben
[286.10] und suchte daher ein Mittel, den Knaben Josephs so viel nur möglich zu verdächtigen.
[286.11] Der Richter aber ging auf diese Rede Josephs hinweg und brachte in kurzer Zeit eine Menge ganz entsetzlich bresthafter Kinder im Dorf zusammen und führte sie hin zum Joseph.
[286.12] Und als er hier ankam, da sprach er zu ihm: „Da siehe einmal her, das verdanken wir alles deinem giftigen Kind!
[286.13] Siehe, diese Kinder haben öfter dein Kind besucht und haben mit ihm gespielt;
[286.14] und siehe, das sind die herrlichen Früchte davon! Verschone daher unser Dorf, und behalte gleichwohl deine Pest zu Hause!“
[286.15] Als Joseph solches vom Richter vernommen hatte, da ward er ärgerlich, nahm das Kindlein zur Seite, redete Ihm wie ins Gewissen und sprach:
[286.16] „Wozu doch verübst Du solche Dinge? Siehe, diese leiden ja darunter und hassen und verfolgen uns darum!“
[286.17] Das Kindlein aber sprach dagegen zum Joseph: „Die Worte, die du jetzt geredet hast, sind nicht aus Mir, sondern aus dir;
[286.18] denn du hast nun geredet die Worte des Richters, der ein Lügner ist, und nicht Meine Worte, die ewig wahr sind!
[286.19] Ich aber will dennoch schweigen dir gegenüber und will dir keine Rüge geben ob deiner Leihrede;
[286.20] aber dieser bestochene Richter mag solcher seiner Anklage wegen seine gerechte Züchtigung hinnehmen!“
[286.21] Und sobald ward der Richter stockblind. Alle aber, die mit dem Richter waren, entsetzten sich gar gewaltigst ob solcher Tat.
[286.22] Mehrere darunter wurden völlig verwirrt und schrien:
[286.23] „Lasst uns nur eiligst von dannen fliehen! Denn ein jedes Wort aus dem Munde dieses Kindes ist eine vollbrachte Tat!“
[286.24] Da aber nun Joseph auch sah, dass der Richter blind ward und ihm darum sicher viele Plackereien machen werde,
[286.25] da ereiferte er sich selbst über das Kindlein, nahm Es ein wenig beim Ohrläpplein und zupfte Es, um Es dadurch zu züchtigen der Menschen willen.
[286.26] Das Kindlein aber ward dadurch erregt und sprach ganz ernstlich zum Joseph:
[286.27] „Es sei dir genug, dass sie suchen und dennoch nicht finden, das sie suchen!
[286.28] Du aber hast diesmal nicht weise gehandelt! Weißt du denn nicht, dass Ich dein bin!?
[286.29] Warum aber willst du Mich betrüben, da Ich dein bin?! O betrübe Mich hinfort nicht mehr, da Ich dein bin!“
[286.30] Joseph aber ersah bald seinen Fehler, nahm das Kindlein und herzte Es. Alle Umstehenden aber verliefen sich bald aus übergroßer Furcht vor dem Kind.
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