Am 5. August 1844
[272.1] Als Joseph mit seiner Familie sich die Füße gereinigt hatte und in das Wohnzimmer des Arztes kam, allda mehrere Kranke in der Pflege sich befanden, da setzte er sich mit den Seinen und erzählte da dem Arzt ganz kurz die Hauptzüge seiner Flucht und deren Grund.
[272.2] Als der Arzt solches vernommen hatte, da ward er voll Ärgers wider den Herodes und noch mehr aber gegen den noch lebenden Sohn Archelaus.
[272.3] Er beschrieb diesen Wüterich als noch viel ärger, als wie da war sein Vater.
[272.4] Und Joseph sprach zu ihm: „Freund! Was du mir nun vom Archelaus erzählt hast, habe ich auch schon auf meiner Hierherreise vernommen.
[272.5] Aber siehe, der Herr hat darum auch schon für mich gesorgt!
[272.6] Denn siehe, ich lebe nun in einem Freihaus und bin gleich einem Bürger Roms und habe daher mit dem Wüterich nichts zu tun!“
[272.7] Und der Arzt sprach: „O Freund, da siehe dies mein Haus, das hatte auch den kaiserlichen Freibrief;
[272.8] aber unlängst erst kamen zur Nachtzeit des Archelaus Tributschergen, rissen das Täfelchen von der Tür und pfändeten mich am nächsten Tage gar schmählichst!
[272.9] Ein Gleiches kann auch dir geschehen; daher sei ja auf deiner Hut!
[272.10] Denn ich sage dir, diesem Teufel von einem König ist nichts heilig; was er nicht raubt, das rauben dann seine Afterpächter und die allerschändlichsten Straßenzöllner!“
[272.11] Als der Joseph solches vom Arzt vernommen hatte, da ward er selbst voll Ärgers über den Archelaus und sprach:
[272.12] „Das soll dieser Wüterich nur versuchen, und ich sage dir, es solle ihm darum schlimm ergehen!
[272.13] Denn ich habe des Landpflegers Wort, dass der Archelaus sobald wie ein Staatsverräter behandelt wird, sobald er Roms Privilegien nicht respektieren sollte!“
[272.14] Und der Arzt sprach: „O Bruder! Halte du ja auf alles mehr als auf solche Privilegien;
[272.15] denn kein Fuchs kann sich bei einem Verbrechen schlauer aus der Schlinge ziehen als diese griechische Bestie!
[272.16] Siehe, was tat er bei mir, als ich mich darum beim Römischen Amt beschwerte?
[272.17] Er beschuldigte sogleich seinen Anwalt der Eigenmächtigkeit und ließ ihn in den Kerker werfen.
[272.18] Als ich aber dann um einen Schadenersatz beim Amt einkam, da ward ich abgewiesen mit dem Bescheid:
[272.19] ‚Da ausgewiesenermaßen der König kein Teilnehmer an diesem Frevel ist, so ist er auch nicht ersatzpflichtig, sondern allein der eigenmächtig handelnde Täter.
[272.20] Bei dem aber hat man nichts vorgefunden; also trifft der Schaden wie bei einem gemeinen Raub den Herrn!‘ – Und siehe, damit ward ich abgefertigt!
[272.21] Das Taferl wurde mir wohl wieder ans Haustor geheftet; aber auf wie lange, das wird der Archelaus am besten wissen!“
[272.22] Als der Joseph solches vernommen hatte, da ward er sehr erbost und wusste nicht, was er dazu sagen solle. Das Kindlein aber sprach:
[272.23] „O ärgere dich nicht des Ohnmächtigen wegen; denn siehe, es gibt noch einen Herrn, der mehr vermag als Rom!“ – Joseph ward darauf ruhig. Der Arzt aber machte dazu gar große Augen; denn er kannte das Kind noch nicht.
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