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234. Eine Deputation der Ersten und Vornehmsten der Stadt Ostracine erscheint. Der Fluch des Goldes und Silbers

Am 18. Juni 1844

[234.1] Als aber auf diese Art das Haus Josephs auch mit Holz versehen war und die Söhne Josephs sich recht rüstig an die Bereitung eines Mittagsmahles gemacht hatten,

[234.2] da kam eine sehr glänzende Deputation aus der Stadt, um zu begrüßen den obersten Statthalter.

[234.3] Denn diesmal erfuhr niemand in der Stadt etwas von der Anwesenheit des Cyrenius, weil er im gestrengsten Inkognito da sein wollte.

[234.4] Aber man sah an dem Morgen die bekannte Dienerschaft in der Stadt, wie die Söhne Josephs, und vermutete darum die Gegenwart des Statthalters.

[234.5] Daher versammelte man sich in der Stadt und kam in allem Glanz heraus, was aber dem Cyrenius diesmal sehr ungelegen kam.

[234.6] Der Oberste und der schon bekannte Hauptmann waren natürlich an der Spitze einer zahlreichen Procaeritet [Gesellschaft der Ersten und Vornehmsten] der Stadt Ostracine.

[234.7] Der Oberste entschuldigte sich über die Maßen, dass er es so spät, und das nur durch einen glücklichen Zufall erfahren habe, dass Seine Kaiserliche Consulische Hoheit diese Gegend mit ihrer allerhöchsten Gegenwart beglückten.

[234.8] Der Cyrenius aber kehrte sich fast um vor geheimem Ärger über diesen für ihn höchst unzeitigen Besuch.

[234.9] Aber er musste nun dennoch zum bösen Spiel aus politischen Rücksichten eine gute Miene machen und erwiderte darum auch dem Begrüßer mit gleicher Wohlredenheit.

[234.10] Endlich aber sagte er doch auch zum Obersten: „Lieber Freund, wir große Herren der Welt sind manchmal doch recht übel daran!

[234.11] Ein gemeiner Mensch kann hingehen, wohin er nur immer will, und er bleibt im süßen Inkognito;

[234.12] aber wir dürfen nur ein wenig über die Türschwelle uns erheben, und das Inkognito ist schon beim Plunder.

[234.13] Ich nehme eure stattliche Begrüßung im Namen meines Bruders zwar recht herzlich gut auf;

[234.14] aber es bleibt dabei, dass ich nun im strengsten Inkognito hier bin!

[234.15] Das heißt, mit anderen Worten gesprochen, dies mein Hiersein ist ein unamtliches und darf unter gar keiner Bedingung nach Rom berichtet werden!

[234.16] So ich es erführe, dass sich jemand gewagt hätte, nach Rom einen solchen Bericht zu erstatten, wahrlich, dem solle es nicht am besten ergehen! Denn wohlgemerkt, ich bin im strengsten Inkognito für die Welt hier!

[234.17] Warum? – das weiß ich, und niemand hat mich darum zu fragen.

[234.18] Geht aber nun heim und umkleidet euch, und kommt dann wieder heraus zum Mittagsmahl, das ungefähr drei Stunden vor dem Untergang stattfinden wird!“

[234.19] Hier verbeugte sich die Deputation vor dem Statthalter und zog wieder ab.

[234.20] Darauf trat der Joseph zum Cyrenius hin und sprach:

[234.21] „Siehe, das ist schon die erste Wirkung des Geldes, das du mir in so reichlichstem Maße zukommen ließest!

[234.22] Deine Dienerschaft musste mir dazu einen Kasten kaufen, ward da erkannt – und dein Hiersein verraten.

[234.23] Wie ich doch immer sage: Am Gold und Silber liegt noch immer der alte Fluch Gottes!“

[234.24] Das Kindlein aber, das knapp neben dem Joseph Sich befand, sagte lächelnd hinzu:

[234.25] „Daher kann man dem stolzen Gold und dem hochmütigen Silber keinen größeren Schimpf antun, als so man es im gerechten Maße unter die Bettler austeilt.

[234.26] Du, Mein lieber Joseph, aber tust das allzeit; daher wird dir der alte Fluch wenig schaden und also auch dem Cyrenius.

[234.27] Oh – Mir ist es gar nicht bange um dieses Goldes willen; denn hier befindet es sich schon am rechten Platz!“

[234.28] Diese Worte beruhigten wieder den Joseph wie den Cyrenius, und sie erwarteten darauf recht heiteren Mutes die geladenen Gäste.

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