Am 7. März 1844
[160.1] Am Morgen, eine Stunde vor dem Aufgang, war wie gewöhnlich im Hause Josephs schon alles lebendig, und das Kindlein selbst strampelte ganz munter in der Wiege und ließ freudige Kindleinstöne wie halb singend von Sich hören.
[160.2] Jakob spielte mit dem Kindlein nach seiner Weise und machte dem Herrn der Unendlichkeit mit seiner Hand allerlei Bewegungen vor und sang und pfiff dabei.
[160.3] Es war aber die Maria noch auf ihrem Lager und schlummerte; darum machte der in seinem Morgengebet versunkene Joseph dem Jakob ein wenig Vorwürfe, da er also lärme und nicht achte auf das Gebet und auf die noch schlummernde Mutter.
[160.4] Der Jakob aber entschuldigte sich und sprach: „Lieber Vater, siehe, es hat ja der Herr Himmels und der Erde ein Wohlgefallen an meiner Beschäftigung mit Ihm!
[160.5] Wir aber sollen ja allzeit das nur tun, was dem Herrn wohlgefällt!
[160.6] Und siehe, es gefällt dem Herrn, was ich tue! Wie mag es dir doch zuwider sein?
[160.7] Die Mutter aber würde sicher nicht so gut schlummern, wenn wir beide, ich und das Kindlein, nicht also lärmten!
[160.8] Ich bitte dich, lieber Vater, mich dadurch für entschuldigt zu halten und mir fürder nicht Vorwürfe zu machen, so ich auch bei meiner Bestimmung manchmal wie ausgelassen erscheine vor dir, aber dabei doch dem Herrn wohlgefalle!“
[160.9] Joseph aber sprach: „Ja, ja, es ist schon alles recht, – ich sehe es ja gerne, dass du also gut mit dem Kindlein umzugehen weißt;
[160.10] aber nur musst du in der Zukunft keinen solchen Lärm machen, wenn du siehst, dass da noch jemand schläft und irgendein anderer im Gebet zu Gott versammelt ist!“
[160.11] Der Jakob dankte dem Joseph für diese Ermahnung, und fragte ihn aber darauf, sagend nämlich:
[160.12] „Vater! Wenn du also betest zu Gott, wie du jetzt gebetet hast, zu was für einem Gott betest denn du da?
[160.13] Was ich von diesem Kind nun weiß, so kann es unmöglich je irgendeinen größeren und wahrhaftigeren Gott geben, wie dieses Kindlein Es zufolge des lautesten Zeugnisses aus dem Himmel ist!
[160.14] Wenn aber das laut den Propheten und laut den vielen Wunderzeugnissen der Fall ist?
[160.15] Wenn es im Propheten heißt: ‚Wer ist Der, so von Edom kommt, mit rötlichten Kleidern von Bazra? Der so geschmückt ist in Seinen Kleidern und einhertritt in Seiner großen Kraft? Ich bin Es, der Gerechtigkeit lehrt und ein Meister bin zu helfen!‘
[160.16] Vater! – diese Worte hat das Kindlein gestern vor dir auf Sich bezogen! Wer ist Es denn? Denn solches kann doch kein Mensch von sich sagen! Gott aber gibt es nur einen!
[160.17] Wer ist demnach das Kindlein, das da spricht: ‚Ich bin Es, der Gerechtigkeit lehrt und ein Meister bin zu helfen!‘?“
[160.18] Hier stutzte Joseph und sprach: „Fürwahr, mein Sohn Jakob, du hast recht; du bist besser daran bei der Wiege, als ich hier in meinem Betwinkel!“
[160.19] Bei diesen Worten trat, von höchster Entzückung voll, die Eudokia aus ihrem Gemach, schön wie eine Morgenröte, und fiel vor der Wiege nieder und betete das Kindlein an.
[160.20] Und als sie eine halbe Stunde da also betete, erhob sie sich und sprach: „Ja, ja, Du allein bist es, und außer Dir ist keiner mehr!
[160.21] Ich habe heute Nacht im Traum gesehen eine Sonne am Himmel, und die war leer und hatte wenig Licht.
[160.22] Dann aber ersah ich auf der Erde dies Kindlein, und Es glänzte wie tausend Sonnen, und von Ihm aus ging ein mächtiger Strahl hin zu jener leeren Sonne und erleuchtete sie durch und durch!
[160.23] In diesem Strahl sah ich die Engel, die hier waren, auf- und abschweben, ihre Zahl war endlos, aber ihre Angesichter waren unablässig auf das Kindlein gerichtet! Ach, welch eine Herrlichkeit war das!“
[160.24] Diese Erzählung brachte den Joseph ganz aus seinem Betwinkel, und er hielt nun auch alles auf das Kindlein und betete oft an der Wiege.
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