Am 25. August 1843
[16.1] Und das Weib willigte ein und folgte dem Joseph hin zur Höhle; da sie aber zur Höhle kamen, da verhüllte sich dieselbe plötzlich in eine dichte weiße Wolke, dass sie nicht den Eingang finden mochten.
[16.2] Ob dieser Erscheinung fing sich die Wehmutter hoch zu verwundern an und sprach zu Joseph:
[16.3] „Großes ist widerfahren am heutigen Tag meiner Seele! Ich habe heute morgen ein großwunderbarstes Gesicht gehabt, in dem alles sich also gestaltete, wie ich es jetzt in der Wirklichkeit gesehen habe, noch sehe und noch mehr sehen werde!
[16.4] Du bist derselbe Mann, der mir im Gesicht entgegenkam; also sah ich auch zuvor alle Welt ruhen mitten in ihrem Geschäft und sah die Höhle, wie eine Wolke über sie kam, und habe mit dir geredet, wie ich nun geredet habe.
[16.5] Und ich sah noch mehreres Wunderbarstes in der Höhle, als mir meine Schwester Salome nachkam, der ich allein mein Gesicht am Morgen anvertraute!
[16.6] Darum sage ich denn nun auch vor dir und vor Gott, meinem Herrn: Israel ist ein großes Heil widerfahren! Ein Retter kam, von oben gesandt, zur Zeit unserer großen Not!“
[16.7] Nach diesen Worten der Wehmutter wich sobald die Wolke von der Höhle zurück, und ein gewaltiges Licht drang aus der Höhle der Wehmutter und dem Joseph entgegen – so, dass es die Augen nicht zu ertragen imstande waren, und die Wehmutter sprach: „Wahr ist also alles, was ich gesehen habe im Gesicht! O Mann! du Glücklicher, hier ist mehr denn Abraham, Isaak, Jakob, Moses und Elias!“
[16.8] Nach diesen Worten aber fing das starke Licht an, nach und nach erträglicher zu werden, und das Kindlein ward sichtbar, wie es gerade zum ersten Mal die Brust der Mutter nahm.
[16.9] Die Wehmutter aber trat mit Joseph nun in die Höhle, besah das Kindlein und dessen Mutter, und als sie alles auf das Herrlichste gelöst fand, sagte sie:
[16.10] „Wahrlich, wahrlich, das ist der von allen Propheten besungene Erlöser, der da ohne Bande frei sein wird schon im Mutterleib, um anzudeuten, dass er all die harten Bande des Gesetzes lösen wird!
[16.11] Wann aber hat jemand gesehen, dass ein kaum geborenes Kind schon nach der Brust der Mutter gegriffen hätte!?
[16.12] Das bezeigt ja augenscheinlichst, dass dieses Kind einst als Mann die Welt richten wird nach der Liebe und nicht nach dem Gesetz!
[16.13] Höre, du glücklichster Mann dieser Jungfrau, es ist alles in der größten Ordnung; darum lasse mich aus der Höhle treten, denn mir fällt es schwer nun auf die Brust, da ich empfinde, dass ich nicht rein genug bin, um die zu heilige Nähe meines und deines Gottes und Herrn zu ertragen!“
[16.14] Joseph erschrak völlig über diese Worte der Wehmutter. Sie aber eilte aus der Höhle ins Freie.
[16.15] Als sie aber aus der Höhle trat, da traf sie draußen ihre Schwester Salome, welche ihr ob des bewussten Gesichtes nachgefolgt ist, und sprach sogleich zu ihr:
[16.16] „Salome, Salome! Komme und sehe mein Morgengesicht in der Wirklichkeit berichtigt! Die Jungfrau hat in der Fülle der Wahrheit geboren, was die menschliche Weisheit und Natur nimmer zu fassen vermag!“
[16.17] Die Salome aber sprach: „So wahr Gott lebt, kann ich eher nicht glauben, dass eine Jungfrau geboren habe, als bis ich sie werde mit meiner Hand untersucht haben!“
Kein Kommentar bisher