Am 24. August 1843
[15.1] Als aber das Lager bereitet war, brachte Joseph Mariam sobald in die Höhle, und sie legte sich aufs Lager und fand Erleichterung in dieser Lage.
[15.2] Als Maria aber also erleichtert sich auf dem Lager befand, da sagte Joseph zu seinen Söhnen:
[15.3] „Ihr beiden Ältesten bewacht Mariam und leistet ihr im Falle früher Not die gerechte Hilfe, besonders du Joel, der du einige Kenntnisse in dieser Sache dir durch den Umgang mit meinem Freund in Nazareth erworben hast!“
[15.4] Den anderen dreien aber befahl er, den Esel und den Ochsen zu versorgen und den Karren auch irgend in der Höhle, welche so ziemlich geräumig war, unterzubringen.
[15.5] Nachdem aber Joseph solches alles also wohl geordnet hatte, sagte er zu Maria: „Ich aber will nun gehen hinauf auf den Berg und will in der Stadt meines Vaters mir eine Wehmutter in aller Eile suchen und will sie bringen hierher, dir zur nötigen Hilfe!“
[15.6] Nach diesen Worten trat der Joseph sobald aus der Höhle, da es schon ziemlich spät abends war und man die Sterne am Himmel recht wohl ausnehmen konnte.
[15.7] Was aber Joseph bei diesem Austritt aus der Höhle alles für wunderliche Erfahrungen gemacht hatte, wollen wir mit seinen eigenen Worten wiedergeben, die er seinen Söhnen gab, als er mit der gefundenen Wehmutter in die Höhle zurückkehrte und Maria schon geboren hatte.
[15.8] Die Worte Josephs aber lauten also: „Kinder! wir stehen am Rande großer Dinge! Ich verstehe nun dunkel, was mir die Stimme am Vorabend vor unserer Abreise hierher gesagt hatte; wahrlich, wäre der Herr unter uns – wennschon unsichtbar – nicht gegenwärtig, so könnten unmöglich solche Wunderdinge geschehen, wie ich sie jetzt geschaut habe!
[15.9] Hört mich an! Als ich hinaustrat und fortging, da war es mir, als ginge ich, und als ginge ich nicht; – und ich sah den aufgehenden Vollmond und die Sterne im Aufgang wie im Niedergang, und siehe, alles stand still, und der Mond verließ nicht den Rand der Erde, und die Sterne am abendlichen Rand wollten nimmer sinken!
[15.10] Dann sah ich Scharen und Scharen der Vöglein sitzen auf den Ästen der Bäume; alle waren mit ihren Gesichtern hierher gewendet und zitterten wie zu Zeiten großer bevorstehender Erdbeben und waren nicht zu verscheuchen von ihren Sitzen, weder durch Geschrei noch durch Steinwürfe.
[15.11] Und ich blickte wieder auf dem Erdboden umher und ersah unweit von mir eine Anzahl Arbeiter, die da um eine mit Speise gefüllte Schüssel saßen. Einige hielten ihre Hände unbeweglich in der Schüssel und konnten keine Speise aus der Schüssel heben.
[15.12] Die aber schon eher einen Bissen der Schüssel enthoben hatten, die hielten ihn am Mund und mochten nicht den Mund öffnen, auf dass sie den Bissen verzehrten; aller Angesichter aber waren nach aufwärts gerichtet, als sähen sie große Dinge am Himmel!
[15.13] Dann sah ich Schafe, die von den Hirten getrieben wurden; aber die Schafe standen unbeweglich da, und des Hirten Hand, der sie erhob, um zu schlagen die ruhenden Schafe, blieb wie erstarrt in der Luft, und er konnte sie nicht bewegen.
[15.14] Wieder sah ich eine ganze Herde Böcke, die hielten ihre Schnauzen über dem Wasser und mochten dennoch nicht trinken, denn sie waren alle wie gänzlich gelähmt.
[15.15] Also sah ich auch ein Bächlein, das hatte einen starken Fall vom Berg herab, und siehe, das Wasser stand still und floss nicht hinab ins Tal! Und so war alles auf dem Erdboden anzusehen, als hätte es kein Leben und keine Bewegung.
[15.16] Als ich aber also dastand oder ging und nicht wusste, ob ich stehe oder gehe, siehe, da ersah ich endlich einmal wieder ein Leben!
[15.17] Ein Weib nämlich kam dem Berg entlang herabgestiegen gerade auf mich an und fragte mich, als sie vollends bei mir war: ‚Mann, wo willst du hingehen so spät?‘
[15.18] Und ich sprach zu ihr: ‚Eine Wehmutter suche ich; denn in der Höhle dort ist eine, die gebären will!‘
[15.19] Das Weib aber antwortete und sprach: ‚Ist sie aus Israel?‘ – Und ich antwortete ihr: ‚Ja, Herrin, ich und sie sind aus Israel; David ist unser Vater!‘
[15.20] Das Weib aber sprach weiter und fragte: ‚Wer ist die, welche in der Höhle dort gebären will? Ist sie dein Weib, oder eine Anverwandte, oder eine Magd?‘
[15.21] Und ich antwortete ihr: ‚Seit kurzem – allein vor Gott und dem Hohenpriester nur – mein Weib. Sie aber war noch nicht mein Weib, da sie schwanger ward, sondern ward mir nur zur Obhut in mein Haus vom Tempel durch das Zeugnis Gottes anvertraut, da sie früher auferzogen ward im Allerheiligsten!
[15.22] Wundere dich aber nicht über ihre Schwangerschaft; denn das in ihr ist, ist wunderbar gezeugt vom heiligen Geiste Gottes!‘ – Das Weib aber erstaunte sich darob und sagte zu mir: ‚Mann, sage mir die Wahrheit!‘ – Ich aber sagte zu ihr: ‚Komm, siehe und überzeuge dich mit deinen Augen!‘“
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