Am 2. August 1843
[3.89.1] Nach kurzer Frist erreichten unsere Wanderer die Vollhöhe. Als aber der Lamech die Wohnung Adams und dann auch die Wohnungen der anderen Hauptstammkinder entdeckte, da sie ihm als solche von seinem Geist alsbald bezeichnet wurden, da fiel er alsbald auf sein Gesicht zur Erde nieder und sprach:
[3.89.2] „O Gott, Du allerheiligster Vater, welche erhabensten, von Deiner Hand selbst erbauten Wohnungen sind das!
[3.89.3] Meine Wohnung ist erbaut aus totem Lehm und Gestein und ist tot wie ihr Material und ihre Bewohner! Hier aber ist die Wohnung aus lebenden Bäumen errichtet und ist somit mit ihren lebendigen Einwohnern mitlebendig! Oh, um wie unschätzbar vieles ist doch eine solche Wohnung mehr wert, als da wert sind alle die Städte in der Tiefe!“
[3.89.4] Der Lamech hätte noch lange also geschwärmt, aber der Henoch trat zu ihm, hob ihn auf und machte ihn aufmerksam, wie soeben der Erzvater Adam mit der Erzmutter Eva aus seiner Wohnung trete, um mit Seth auf diese Höhe zu gehen und nachzusehen, ob sie sich (Henoch nämlich mit dem Lamech) noch nicht von einer Seite her nähern möchten.
[3.89.5] Als der Lamech auf diese Erklärung und Aufmerksammachung des Henoch samt seinem Gefährten das Urmenschenpaar erschaute, da ward er schwach und konnte eine Zeit lang vor lauter Ehrfurchtsschwäche kein Wort über seine Lippen bringen. Erst als der erste Ehrfurchtssturm sich so ein wenig gelegt hatte, brach er in folgende Worte aus und sprach:
[3.89.6] „O Du großer Gott, welche heilige Würde! Welch hoher Adel! Wie erhaben ist doch der erste Mensch, der ungeborene, der da ein reines Werk Deiner Hände, Deines allmächtigen Liebewillens ist!
[3.89.7] Ja, geliebtester Bruder Henoch! Wenn du mich auch nicht darauf aufmerksam gemacht hättest, so hätte es mir dennoch unmöglich entgehen können, dass dies das erste Menschenpaar der Erde ist! Die riesige Größe und die allervollkommenste Menschengestalt und das blendend-weiße hohe Alter zeugen ja überdeutlich dafür!
[3.89.8] O Bruder, ich habe viel erwartet von dem Eindruck, den der Anblick des Erzvaters in mir bewirken wird; aber wie weit sind nun alle meine Erwartungen übertroffen!“
[3.89.9] Hier blickte der Adam nach der Vollhöhe und machte einen Schrei der Freude, als er den Henoch erschaute.
[3.89.10] Alsbald eilte alles aus den Wohnungen und ging mit offenen Armen dem Henoch entgegen.
[3.89.11] Der Adam aber war diesmal trotz seines hohen Alters der Erste, der die Höhe erreicht hatte. Und als er auf der Vollhöhe beim Henoch sich befand, da umfasste er ihn mit seinen Armen, drückte ihn an seine Brust und sagte überaus bewegt:
[3.89.12] „O du mein geliebter Sohn, wie oftmal bin ich die etlichen Tage deiner Abwesenheit hindurch schon hier, deiner harrend, gewesen! Wie oftmal habe ich dich gesegnet! Daher sei mir zahllosmal willkommen!
[3.89.13] Auch du, mein Sohn Lamech, Sohn Mathusalahs, komme hierher und lasse dich segnen! Wie oft hatte dein Weib Ghemela hinabgeblickt, und wie oft gebetet, dass dich der Herr segnen und erhalten möchte! Siehe, dort von der Hütte Jareds eilt sie ja schon nahe atemlos hierher! Eile ihr doch auch entgegen, damit sie nicht so weit laufen darf, um dich zu erreichen, denn wie sie hat noch kein Weib ihren Mann geliebt!“
[3.89.14] Und der Lamech tat alsbald, was ihm Adam geraten.
[3.89.15] Darauf erst wurde der Adam der anderen Gäste ansichtig und bewillkommte sie und fragte sie seiner gewohnten Neugierde zufolge, wer und woher sie wären.
[3.89.16] Aber die Reisenden aus der Tiefe waren zu ergriffen ob des erhabenen Anblickes, als dass sie auf die Frage Adams eine Antwort zu geben vermochten. Darum beruhigte Henoch alsbald den Adam und gab ihm selbst kund, wer da seine Gefährten seien.
[3.89.17] Der Adam segnete sie dann und hieß sie ihm nun alle folgen in seine Wohnung und da zu nehmen eine Stärkung für den müden Leib. Und alles folgte ihm.
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