Am 4. Mai 1844
[3.271.1] Als sich auch der Drohuit von seiner Scheintrauer erholt hatte, natürlich nur nach Art der Komödianten, da ging er auch ganz schüchtern hin und küsste der Agla das Kleid, grüßte mit der tiefsten Ehrerbietung den Fungar-Hellan und sagte dann zu ihm:
[3.271.2] „Ich habe es ja dem in die volle Verzweiflung übergehen wollenden Gurat zum beruhigenden Trost gesagt: ‚Freund, lasse dich trösten, vertraue auf die Götter, und vertraue hoch deinem alleraufrichtigsten und edelsten Freund, und baue wie auf einen marmornen Grund auf die Liebe der himmlischen Agla, und du wirst dich bald überzeugen, dass diese Sache ein ganz anderes Gesicht hat, als du es dir in deiner immensen Trauer vorstellst!‘ Aber diese Worte fruchteten nichts bei ihm, und er raste nach wie zuvor.
[3.271.3] Nach einer Weile ergriff ich seine Hand und sprach wieder also zu ihm: ‚Freund, König des großen Reichs, Gurat, höre mich! Du tust grundirrig, wenn du den Charakter der himmlischen Agla nur im Geringsten irgend dem unsrigen gleichstellst! Denn siehe, sie ist eine Tochter eines Menschen auf jenen heiligen Höhen, die von den ersten Menschen der Erde bewohnt waren; wir aber sind ja keine Menschen mehr, sondern nur kaum matte Schatten der Menschheit!
[3.271.4] Daher sollen wir uns zur Agla auch wie Schatten verhalten, denn sie allein ist noch menschliche Realität und wir nur kaum ihr Schatten in der Abendsonne und dünken uns groß zu sein in unseren Charakteren, während wir doch alle zusammen, was Charakter betrifft, vor der himmlischen Agla nichts sind!
[3.271.5] Wollen wir aber nur einigermaßen auf die hohe Ehre, Menschen zu werden, Anspruch machen, da müssen wir mit der Agla wie ein Schatten mit dem Leib wandeln und nie denken, sie könnte sich an unserer Natur versündigen!‘
[3.271.6] Als ich solches zum Gurat geredet hatte, da ward er etwas ruhiger, aber dennoch immer noch sehr leidend, und fiel bald wieder in seine grenzenlose Traurigkeit und schrie: ‚Agla ist mein Herz, und Fungar-Hellan mein Haupt! Keines kann ich verlieren ohne Verlust meines Lebens, und doch ist hier eines dahin, Agla oder Fungar-Hellan!‘
[3.271.7] Da ich solches von ihm vernahm und daraus ersah, dass bei ihm alle meine gegründetste Tröstung ganz fruchtlos blieb, da überfiel mich selbst eine tiefe Schwermut, und ich sank ebenfalls in eine große Traurigkeit dahin!“
[3.271.8] Auf diese Rede, oder besser, auf diese reinste Lüge aus dem Stegreif ging die Agla ganz durch und durch gerührt zum noch sehr verstört aussehenden Redner, ergriff seine Hand, drückte sie an ihr Herz und sprach:
[3.271.9] „Du hast dich noch allezeit als mein Freund bewährt und standest darum bei mir noch allezeit in großen Gnaden; aber so sehr, wie diesmal, hast du dich noch nie als mein, des Königs und des Fungar-Hellan Freund bewährt! Darum aber will ich dich auch also belohnen, wie bis jetzt noch niemand in dieser Stadt belohnt worden ist!
[3.271.10] Siehe, ich habe noch zwei Schwestern, die mir an Schönheit nicht nachstehen! Diese will ich kommen lassen, eine für dich und eine für den Fungar-Hellan, auf dass ich dem Gurat bleibe; und ich meine, dieser Preis wird um uns ein Band schlingen, das keine Macht je zerreißen soll!“
[3.271.11] Mit diesem Antrage waren aber auch alle zufrieden, und es wurden sogleich Anstalten getroffen, diese Schwestern von der Höhe zu holen.
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