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260. Die Ausstellung der erstochenen Gemahlinnen Waltars im Naëmetempel

Am 20. April 1844

[3.260.1] Die Agla befahl darauf den Häschern, dass sie die erstochenen Weiber in schwarze Tücher wickeln sollten und sollten sie dann ebenfalls draußen im Garten der Schönheitsgöttinnen begraben; vor der Eingrabung aber sollten sie im Tempel dieser Göttinnen eben diese erdolchten Weiber ganz entblößt ausstellen einen Tag lang, auf dass sich die Göttinnen daran weiden könnten.

[3.260.2] Die Häscher sagten zur Königin: „Große, mächtige Herrscherin! Dies zu tun, getrauen wir uns nicht so ganz recht sicheren Schrittes; denn das große Volk hält gar viel auf diese Göttinnen, und wenn wir dieselben zu sehr erschrecken und beleidigen möchten und diese sich dann beklagten beim Volk, so könnte das gar üble Folgen für uns, wie für eure Majestät, große, mächtige Herrscherin, haben!

[3.260.3] Denn wer grausam sein will, der muss politisch zu Werke gehen, dass man ihm die Grausamkeit nicht ankenne; sonst läuft er bald große Gefahr, und seinem Wirken werden sicher haltende Schranken gesetzt! Befolgen eure Majestät diesmal unseren Rat und lassen diese Leichen ganz heimlich irgendwo verscharren, und die Sache wird ganz gut und ganz spurlos fürs große Volk ablaufen!“

[3.260.4] Auf diese wohlgemeinte Einrede der Häscher fuhr die Agla wie ein Blitz auf und zückte vor jedem den Dolch, der ihr nicht augenblicklich den pünktlichsten Gehorsam leisten würde.

[3.260.5] Und die Häscher mussten tun, was die Königin wollte.

[3.260.6] Die Leichen wurden sonach losgebunden und jede einzeln eingewickelt in ein schwarzes Tuch und wurden am hellen Tage auf eben auch einundzwanzig Kamelen hinaus in den großen Garten transportiert und dort im Tempel der Naëme ganz entblößt ausgestellt.

[3.260.7] Die Häscher aber, als sie die Leichen ausgestellt hatten, eilten wie Diebe davon und ließen die Kamele samt allem im Stich, und sie sprachen: „Sind wir nur diesmal mit heiler Haut davongekommen; für alle nächsten ähnlichen Zwecke soll sich die Furie von einer Königin andere Häscher suchen! Wir werden ihr, wie dem König, nimmer dienen!“

[3.260.8] Es hatte aber der Generaloberpriester durch geheime Inspizienten alles schon erfahren, was die Agla tat, und beorderte sogleich eine starke Truppe hinaus zu den Göttinnen.

[3.260.9] Dieser Truppe kamen auf dem Rückgang die Häscher der Königin gerade in den Wurf und wurden sogleich in Empfang genommen. Als Gefangene mussten sie sogleich umkehren und die Truppe dahin führen, wohin sie die Leichen gelegt hatten.

[3.260.10] Als die Truppe mit den Häschern im Tempel anlangte und die noch von keiner Göttin beschauten Leichen erblickte, da fragte der Anführer die Häscher, ob sie diese herrlichen Weiber erstochen hätten.

[3.260.11] Die Häscher aber zeigten die Sache an, wie sie geschah.

[3.260.12] Da rief der Anführer der Truppe aus: „Bei allen Göttern und bei dem Urgott Selbst! Diese Königin ist die leibhaftige Satana selbst, von der in den Büchern Kinkars Meldung geschieht, denn eine solche Grausamkeit ist unerhört!

[3.260.13] Wie aber werden wir dieser Schlange der Schlangen ledig werden? Sie sitzt auf dem Thron, die ganze Hölle steht ihr zu Gebot! Das wird in Kürze ein Leben werden in dieser Stadt, davor die Tiger und Hyänen die Flucht ergreifen werden!“

[3.260.14] Darauf wandte sich der Anführer zu einem aus der Truppe und sprach: „Ein Exempel soll hier statuiert werden! Lasst Balsamierer herkommen! Ich will die Leichen einbalsamieren lassen, auf dass sie nicht verwesen, und werde sie in gläserne Särge tun hier im Tempel zur allgemeinen Beschauung mit der Aufschrift: ‚Der Königin Höllenwerk!‘

[3.260.15] Und ihr Häscher, grabt mir sogleich das Haupt Waltars aus; das soll auch balsamiert werden, und ich werde es dann in einer eigenen Glasurne über die Särge seiner Weiber setzen mit einer gerechten Inschrift!“

[3.260.16] Und alles geschah sogleich nach des Anführers festem Willen.

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