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245. Der Windtempel

Am 15. März 1844

[3.245.1] Im Osten von Hanoch, und zwar in einer Entfernung von drei Tagereisen, befand sich ein mäßiges Gebirge.

[3.245.2] Der höchste Teil dieses Gebirges bestand aus vier gleich hohen Hügeln, die da alle eine ziemlich regelmäßige Kegelgestalt hatten; diese vier Hügel standen aber nicht etwa nach der Reihe hin, sondern also, dass ihre Spitzen die Ecken eines ein wenig verschobenen Vierecks bildeten.

[3.245.3] In der ziemlich bedeutenden Hochebene zwischen diesen vier Hügeln befand sich ein nicht unbedeutender See, der gut bei drei Stunden im Umfang hatte. Dieser See hatte vier ziemlich starke Abflüsse, und das natürlich durch die vier Täler zwischen den vier Hügeln.

[3.245.4] Auf einem jeden dieser Hügel war ein offener Säulentempel erbaut, und etwas tiefer, am See schon, befanden sich die Wohngebäude für die Priester, die aber keine Türen hatten, die irgend offen am Gebäude ersichtlich gewesen wären, sondern von der entgegengesetzten Seite des Hügels ging ein Tunnel, durch den allein man in das Wohngebäude gelangen konnte; also ging auch ein unterirdischer Gang von jedem Wohngebäude zum Tempel auf der Höhe des Hügels.

[3.245.5] In der Mitte eines jeden Tempels war ein mächtiger Pfeiler erbaut. An einer jeden der vier Wände des Pfeilers war ein kolossaler hohler Metallkopf von plumper Arbeit eingemauert. Ein jeder dieser Köpfe hatte einen also offenen Mund wie ein Mensch, der da etwa eine Kohle oder sonst etwas anbläst; nur war natürlich die Öffnung gut zwei Schuhe im Durchmesser habend.

[3.245.6] Von dem Pfeiler ging unterirdisch eine über zwei Schuhe im Durchmesser habende Röhre bei zweihundert Klafter in eine ganz verborgene künstliche Grotte hinab, die so groß war, wie jetzt ein ziemlich großes Bethaus; dort ward ein mächtiges Windgebälge durch ein Wasserrad getrieben, das in einer jeden Sekunde bei zehntausend Kubikfuß Luft durch die besagte Röhre in einen der Tempel beförderte. Natürlich hatte ein jeder Tempel in der Talschlucht ein eigenes Gebälge.

[3.245.7] Viermal im Jahr war in diesem Wunderort ein großes Opferfest, das natürlich hier den vier Winden galt, abgehalten worden. Diesen vier Winden musste jedermann von allem, was er hatte, recht reichlich opfern, sonst hatte er ganz entsetzliche Stürme zu befürchten. An den bestimmten Opferfesttagen wimmelte es von Tausenden und Tausenden der Wallfahrer, welche alle mit Opfern aller Art reichlich beladen waren.

[3.245.8] Wenn die Tempel recht umlagert waren, da kamen, wie gezaubert durch eine verborgene Tür, die an einer Säule künstlich angebracht war, die Priester im Tempel zum Vorschein, gaben mit einer Fahne ein Zeichen in die Gegend, da sich das Geheimgebälge befand, und alsbald ließen die Mechaniker das Gebläse in die vollste Tätigkeit treten, und aus den Blasmundöffnungen der vier kolossalen Köpfe fing an ein so mächtiger Luftstrom zu gehen, dass er noch in einer Entfernung von zwanzig Klaftern die Gewalt eines Orkans ausübte.

[3.245.9] Dadurch erkannte nun das Volk die Herren der Winde und musste ihnen manchmal große Opfer bringen, wenn es sie für sich gewinnen wollte, durfte aber dennoch nie zu fest rechnen auf ihre Treue; denn die Herren der Winde mussten ja sehr locker sein.

[3.245.10] Dasselbe Gebläse konnte auch auf die Oberfläche des Sees gerichtet werden durch andere Röhren, wodurch dann der See in ein ziemliches Wogen versetzt wurde, besonders in der Gegend, wo die Röhre zum Gewässer des Sees stieß.

[3.245.11] Was derlei großartige Illusionen auf das dumme Volk für Wirkungen ausübten, kann sich ein jeder leicht denken!

[3.245.12] Nächstens solcher Skizzen mehr.

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