Am 19. April 1843
[3.20.1] Hier wandte sich die Satana zum Herrn und sprach zu Ihm: „Herr, wie soll ich mich zu Dir wenden im Herzen? Du hast mir ja das Herz genommen und hast daraus geschaffen den Adam, sein Weib und all seine Nachkommen!
[3.20.2] Siehe, also habe ich ja kein Herz mehr und kann Dich darum auch unmöglich in mein Herz aufnehmen oder mich wenden in meinem Herzen zu Dir! Schaffe daher in mir wieder ein Herz, und ich will tun, was Du sagst!
[3.20.3] Mögen die Früchte noch so herrlich sein, die ich Dir tragen könnte; wenn Du mir aber den Samen des Lebens vorenthältst, da Du mir das Herz Adams nicht wieder gibst, das allein der Befruchtung fähig ist, und ich somit in mir völlig ohne Leben bin, welch andere Früchte lassen sich da von mir wohl erwarten als nur allein die des Todes und des Gerichtes, die mich dereinst richten sollen, und das als eine allergrößte Hure?!
[3.20.4] Du hast leicht auszusprechen, denn Du bist der Herr und tust, was Du willst, und hast niemanden zu fragen und lässt Dir auch von niemandem etwas einraten.
[3.20.5] Was Du willst, das muss endlich doch geschehen, und wer da etwas anderes will als Du, den kannst Du verderben oder ihn wenigstens so lange von Dir in irgendeinem Gericht halten, bis er nicht ganz sich hat von Deinem Willen verschlingen lassen, wie Du auch Selbst ehedem gesagt hast, dass Dir von nun an ganz allein das Geringe, also die völlig glanzlose Einfalt gefallen solle ewig.
[3.20.6] Das ist Dir, dem Herrn, freilich wohl gar überaus leicht, und wer kann Deinen Sinn ändern? Aber ganz anders verhält es sich mit dem Geschöpf, deren erstes ich bin aus Dir! Dieses ist kein Herr und hat keine Macht, außer nur diejenige, die Du ihm geben willst, – mit welcher Macht es aber dennoch nichts Erhebliches richten kann für sich, sondern allein nur durch Dich, das heißt, es muss sie nach Deinem Willen gebrauchen, und tut es je nur nach seinem eigenen, von Dir ihm verliehenen sogenannten freien Willen, so sündigt es, fällt von Dir ab und fällt aber auch sogleich in ein unter jedem Gesichtspunkt von Dir gestelltes Gericht!
[3.20.7] Dir ist es ein Leichtes, dem Geschöpf zu sagen: ‚Richte dich selbst nach Meinem Willen, so wirst du Meinem Gericht entgehen!‘ Das ist aber auch richtig, denn so sich jemand selbst das Leben nimmt, da brauchst Du dann freilich wohl keinen Tod so oder so mehr über ihn zu senden.
[3.20.8] Du fühlst Dich wohl als Gott und Schöpfer unbesiegbar ewig; aber kannst Du Dich auch fühlen als ein Geschöpf? Kannst Du als das in Dir Selbst ewig unzerstörbare Leben empfinden je, wie es dem sterbenden oder vergehenden Geschöpf zumute wird im Augenblick, wenn es stirbt?
[3.20.9] Siehe, das Geschöpf leidet da die schrecklichste Angst und Qual und hat auch schon im schönsten Leben das stets mahnende Gefühl in sich, welches zu ihm spricht: ‚Du freust dich des Lebens umsonst, denn es wird bald eine Zeit kommen, in der du das Leben wie ein Frevler wirst büßen müssen!‘
[3.20.10] Dann aber ist auch des Lebens ohnehin nur matteste Freude wie abgeschnitten, da über ein gegenwärtiges Leben sich nur matt vor sich hin ein allfälliges künftiges glauben, aber nicht erschauen lässt; und lässt es sich auch ziemlich glauben noch, so muss aber für dies allfällige künftige Leben dennoch zuvor das halbe Geschöpf völlig zugrunde gehen, und das auf die elendeste Weise oft, wie ich solches in der Tiefe nur gar zu oft schon gesehen habe.
[3.20.11] Warum denn also, und warum nicht anders? Weil Du der Herr bist und kannst tun, was Du willst, und weil Du als Gott und Schöpfer nimmer empfinden kannst in der völligen lebendigen Wesenheitsfülle, wie es dem Geschöpf ergeht, wenn es Deinem allmächtigen Willen zufolge absterben muss.
[3.20.12] Wenn Du es nur wenigstens schmerzlos vergehen ließest, so wollte ich auch noch nichts sagen; was aber hast Du denn davon, dass das Geschöpf eher noch für das bittere Geschenk des Lebens gemartert werden muss, bis es wenigstens mehr denn zur Hälfte muss vernichtet werden, wo unter gewissen Dir, dem allmächtigen Herrn, unwohlgefälligen Verhältnissen nicht ganz und gar ewig!
[3.20.13] Siehe, in dem allem, wie ich Dir jetzt offen dargetan habe, habe ich kein Herz, und kann mich daher im selben auch nicht zu Dir wenden! Lasse daher Du nur etwas handeln mit Dir, und ich will wieder ein Herz zu Dir fassen!
[3.20.14] Aber unter solchen Verhältnissen kann ich Dich ewig nie lieben; denn also bist Du auf der einen Seite pur Liebe, auf der anderen aber ein allerbarster Tyrann, der alles Fleisch getötet haben will unter großer Angst und Qual und dann erst dem Geist geben will ein Leben, das aber niemandem klar sein soll, wie es beschaffen sei.
[3.20.15] Das Fleisch ist meine Frucht, wenn Du es aber tötest, wie und wofür sollte und könnte ich Dich denn da wohl lieben?!
[3.20.16] Daher lasse handeln mit Dir, und ich will Dich lieben!“
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