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171. Die neunundneunzig Räte protestieren gegen die Gesetze König Ohlads

Am 27. November 1843

[3.171.1] Der Redner aus den neunundneunzig Räten aber sprach, anstatt sich auf den Empfang der Gesetze vorzubereiten:

[3.171.2] „Das ginge uns gerade noch ab! Behalte du deine sicher nicht vielsagenden Gesetze nur ganz fein bei dir samt der göttlichen Strafsanktion; denn es ist genug, dass wir freiwillig auswandern und dir somit die Alleinherrschaft überlassen!

[3.171.3] Aber durch die Annahme irgend sanktionierter Gesetze deine Alleinherrschaft auch über uns anzuerkennen, wo wir auch immer hinziehen und uns wohnhaft machen möchten, das werden wir bleibenlassen und gegen ein gewaltsames Aufdringen sogar zu protestieren wissen!

[3.171.4] Denn gibt es einen Gott, der dir auf den alten Thron dieser Stadt verhalf, so muss Er gerecht sein und weise; ist Er aber das, da kann Er unmöglich jenen Wesen, die frei sein sollen nach Seinem Schöpfungsplan, Gesetze aufdringen wollen, durch die sie in alle Sklaverei gesetzt werden!

[3.171.5] Ein freies Geschöpf unter Gesetzen ist doch sicher der größte Widerspruch, die größte Unordnung, ein in Säcke eingepferchter Wind! Wie sollte sich so ein Widerspruch in Gott, der die höchste Freiheit Selbst ist und ewig sein muss, wohl je vorfinden?!

[3.171.6] Ja, wo große Menschengesellschaften, wie hier in Hanoch, beisammenleben, da sind gewisse Einteilungen als sittlich bürgerliche Gesetze vonnöten; aber ihr Grund ist eben kein anderer als die Aufrechthaltung der Freiheit eines jeden gebildeten Menschen, und im Gegenteil für den noch nicht gebildeten aber eine Schule zur Bildung seines Wesens für die Freiheit.

[3.171.7] Siehe, da sind gewisse Gesetze vonnöten, denn ohne sie wäre der gebildete Mensch unter den ungebildeten gerade so gestellt, als befände er sich unter den reißenden Bewohnern eines dichten Waldes.

[3.171.8] Wenn aber irgendeine ganz wohlgebildete Menschengesellschaft sich irgendwo auf einem noch freien Platz der Erde ansiedelt, die zufolge ihrer hohen Bildung wohl sicher wissen wird, was sie zu tun hat, wofür und warum sollte sie sich da durch Gesetze von Seiten eines Menschen, mit dem sie ewig nichts mehr zu schaffen haben wird, binden lassen?

[3.171.9] Sage, kann dafür selbst die höchste Weisheit im Gottwesen auch nur einen halbwegs vernünftigen Grund dartun?

[3.171.10] Wir genügen uns! Werden wir unter uns Gesetze für nötig finden, da werden wir sie uns schon selbst geben; solange aber dies nicht der Fall sein wird, bleiben wir frei und leben unter dem alleinigen Gesetz der gegenseitigen Freundschaft! Und werden wir etwas ins Werk setzen wollen, da werden wir uns gegenseitig beraten; und was die Mehrzahl für gut findet, bei dem hat es zu verbleiben.

[3.171.11] Also ist es auch jetzt unser allgemeiner Entschluss, von dir unter gar keiner Bedingung Gesetze anzunehmen, wes Inhaltes sie auch immer sein mögen! Ja, wir verbitten uns sogar einen Rat von deiner nun alleinköniglichen Seite!

[3.171.12] Lasse uns daher frei fortziehen, wie wir dich zur Eröffnung der Tempel fortziehen ließen; darin allein bestehe, was wir von dir verlangen und von dir dann auch annehmen!“

[3.171.13] Als der Ohlad solches vernommen hatte, erregte er sich und sprach: „Amen, sage ich, und ihr werdet dieses Gebäude nicht eher verlassen, bis ihr euren starren Willen und euren großen Hochmut unter mein Zepter werdet gebeugt haben!

[3.171.14] Ich kenne eure Absicht; sie ist meuterischer Art! Daher ist das nun mein erstes Gesetz an euch, dass ihr so lange hier gehalten werdet, bis ihr nicht die Demut als den Kulminationspunkt aller menschlichen Freiheit anerkennen werdet!

[3.171.15] Denn nicht um eure physische, sondern um eure geistige Freiheit handelt sich’s hier! Diese aber bestehe in der Demut und nicht im meuterischen Hochmut! Besiegt den zuerst, und es wird sich zeigen, ob euch meine Gesetze in eurer Freiheit beirren werden oder nicht! Also geschehe es! Amen.“

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