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160. Ohlad sieht sich nicht in der Lage, die Tempel eröffnen zu können

Am 11. November 1843

[3.160.1] Darauf ließ sich Ohlad nicht mehr aufhalten und ging rasch zum Tempel hin, der sich stets mehr in die allerheftigsten Flammen einzuhüllen anfing.

[3.160.2] Als er den Flammen auf zehn Schritte nahe kam, da ging schon eine solche Hitze ihm entgegen, dass er sie nicht mehr zu ertragen vermochte, und die goldenen Schlüssel des Tempels wurden so heiß, dass er sie auch nimmer in der Hand zu halten vermochte.

[3.160.3] Er blieb daher stehen eine kurze Zeit und dachte unter dem steten schrecklichen Toben der Orkane, der unzähligen Blitze und des gewaltigen Feuers:

[3.160.4] „Was soll ich nun tun? Dem Tempel mich noch mehr zu nahen, ist unmöglich, denn zu groß ist der Flammen Hitze. Die Schlüssel kann ich jetzt schon kaum mehr halten, so heiß sind sie geworden; wie glühheiß werden sie aber erst werden, so ich mich noch mehr den unerträglich heißen und gar schrecklich wütenden Flammen nähern möchte?!

[3.160.5] Ich weiß aber nun, was ich tun will! Wäre es des allmächtigen Gottes Wille, dieses Sein Heiligtum zu eröffnen, da würde Er mir sicher keine solchen erschrecklichen Hindernisse in den Weg legen!

[3.160.6] Es ist also sicher Sein Wille nicht, die Tempel eröffnen zu lassen! Daher will ich es nun also machen, wie ich es als Rat gemacht habe, wenn mehrere wider meine Aussprüche sich entgegensetzten, nämlich: Ich ziehe mich ganz bescheiden zurück, und lasse den Tempel öffnen, wem immer solches beliebt!

[3.160.7] Es wäre fürwahr die größte Tollheit, wenn ein schwacher Mensch es nur mit der Kraft eines Riesentigers aufnehmen wollte, der stark genug ist, einem Riesenstier den Kopf in Blitzesschnelle herabzureißen; wie toll aber müsste man als Mensch erst sein, mit Gott, dem allmächtigsten Wesen von Ewigkeit, in den offenbarsten Kampf zu gehen?!

[3.160.8] O nein! O nein! Das tue ich nimmer; denn das Feuer ist heiß, es brennt gar entsetzlich! Mit diesem Element kann es der Mensch nicht aufnehmen; daher sage ich jetzt nicht mehr: ‚Nur vorwärts!‘, sondern ganz bescheiden: ‚Nur zurück, und das so geschwind als möglich!‘

[3.160.9] Damit wandte sich Ohlad um und ging sehr schnellen Schrittes zurück, allwo die zehn Boten standen.

[3.160.10] Da angelangt, ward er sogleich von ihnen befragt, ob er den Tempel schon eröffnet hätte.

[3.160.11] Er aber erwiderte: „Erhabene Freunde des Herrn, des allmächtigen Gottes! Das könnt ihr tun, die ihr mit dem Feuer sicher näher verwandt seid als ich; ich aber habe nun schon meine Schule durchgemacht und habe ganz klar in die Erfahrung gebracht, dass der Mensch sich nie an das Unmögliche wagen soll!

[3.160.12] Hier sind die noch ganz heißen Schlüssel! Ich übergebe sie euch und somit meine ganze Amtswürde! Tut damit, was ihr wollt; ich aber werde Gott in Seiner Macht anbeten und mich ganz zurück ins gemeine bürgerliche Leben ziehen!

[3.160.13] Denn fürwahr, wo es mit Gott einen gar so mächtigen Haken hat, da ist Ihm nicht zu dienen! Ich erkenne Ihn nun und liebe Ihn, aber weiter will ich mit Ihm nichts zu tun haben!

[3.160.14] Dass ich nicht unwillig war, Ihm zu dienen mit dem größten Ernst, das habe ich vor aller Welt, wie vor euch, an den Tag gelegt; wenn Er mir aber darum ein solches Mordspektakel vor die Nase schiebt, das meiner Kraft zu überlegen ist, da ziehe ich mich zurück, und überlasse jedem anderen dies Geschäft!“

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