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98. Henoch und Seth berichten über die Gräuelszene in der Morgengegend

Am 9. Juni 1842

[2.98.1] Es dauerte nicht lange, so erreichten die zwei Gesandten auch schon die Vollhöhe wieder und traten nach der früheren geheimen Beheißung Abedams alsbald mit ziemlich verstörten Gesichtern vor den schon über alle Maßen ängstlich neugierigen Adam hin.

[2.98.2] Er aber fragte sie auch alsogleich, was sie entdeckt hätten.

[2.98.3] Und der Henoch, voll Liebe, aber fragte auch statt einer Antwort sogleich den Adam entgegen, sagend nämlich:

[2.98.4] „Vielgeliebter Vater Adam, siehe, nachdem ich und der Seth auf ein Haar dasselbe gehört und gesehen haben, so kann dir jeder nur dasselbe kundgeben!

[2.98.5] Da wir aber nicht zugleich reden können, so muss hier ja die Frage gestellt werden, welcher aus uns soll dir denn die geschaute Gräuelszene und dann alle die vernommenen grässlichen Lästerungen gegen dich und gegen Gott erzählen?“

[2.98.6] Bei dieser Gegenfrage prallte der Adam zurück und konnte eine ziemliche Weile lang vor lauter Entsetzen kein Wort aus seinem Munde flott machen, bis ihn der Henoch noch einmal fragte, ob sie reden dürften oder nicht.

[2.98.7] Hier sagte der Adam mit großer Heftigkeit: „Ja! – Nein! – Ja, ja! Du, du Henoch, – Seth, – nein, nicht der Seth, sondern du, du Henoch, erzähle!“

[2.98.8] Und alsbald fing der Henoch folgendes an zu erzählen, sagend nämlich:

[2.98.9] „So vernehme denn, vielgeliebter Vater Adam, was die Schlammtiefen gegen dich, gegen uns, und also auch gegen Gott unternommen haben!

[2.98.10] Du weißt es, dass der Lamech schon am gestrigen Sabbat einen feurigen Angriff versucht hatte, um zu erstürmen und zu erklimmen unsere Höhen.

[2.98.11] Doch hier weißt du auch, wie er vom hohen, überheiligen Vater zurückgeschlagen worden ist.

[2.98.12] Da die arge Schlange aber keine Ruhe und keine Rast hat, so benützte sie die ganze, durch die Flammen des Weißberges helle und weit und breit wohlerleuchtete Nacht, ließ allenthalben Feuerbrände in den Wäldern legen. Dadurch wurden alle die wilden Tiere als unsere getreuen Höhenwächter verscheucht, und eine unzählbare Schar wohlbewaffneter kleiner Menschen mit schwarzen Haaren und fast ganz nackten Leibes erklimmen die Morgenhöhen und lagern sich nun dort und nehmen alles in Beschlag, was sie nur immer dort finden – als: Früchte, Tiere und allerlei Hausgeräte – und gehen als volle Eigentümer in den Wohnungen der Morgenkinder aus und ein.

[2.98.13] Auch eine große Menge Weiber und Kinder haben sie bei sich.

[2.98.14] Soeben aber, wie wir beide von der Zwischenhöhe hinabblickten in die Morgengegend, sandte ihr Anführer Kundschafter aus, nachdem er ihnen zuvor folgenden lauten Befehl gab:

[2.98.15] ‚Geht und durchsucht haarklein, wo sich irgend des Scheusals, der da soll Adam heißen, verruchte Brut befindet, und ob er, das Scheusal selbst, sich etwa noch irgendwo unter seiner Tiger- und Hyänenbrut lebend befindet!

[2.98.16] Hört, wen ihr immer trefft, den ermordet alsogleich, schneidet ihm dann die Ohren vom Kopf und bringt sie mir hierher zum Zeugnis eurer getreuen Tat.

[2.98.17] Solltet ihr aber irgend das noch leben sollende alte Scheusal von einem Adam treffen, das tötet nicht, sondern schleppt es hierher zu mir, damit ich eigenhändig in dessen Eingeweiden meine Rache kühlen kann für den Fluch, den er über den Kahin, unseren Stammvater, tat!

[2.98.18] Also soll sich auch der vorige Gott Jehova soeben jetzt unter seiner scheußlichen Brut, vom Geiste Lamechs vollends besiegt, befinden.

[2.98.19] Wer von euch Den mir gefangen bringt, der soll ein Vizekönig von Farak werden und obendrauf noch tausend der allerschönsten Weiber zur Mitgabe erhalten!

[2.98.20] Denn diesen Jehova will ich selbst knebeln und ihn dann dem großen Lamech überliefern, damit er mit ihm tue nach seiner Gerechtigkeit, wie er schon getan hat mit seinem Namen.

[2.98.21] Solltet ihr irgendwo die Naëme, unseres großen Gottes Lamech Tochter und dessen zwei Weiber finden, so bringt sie alle unversehrt hierher; ihre Männer aber erwürgt sogleich auf das Grausamste, schneidet ihnen dann die Köpfe ab und bringt sie mir zum Zeugnis!

[2.98.22] Solltet ihr irgend die entführten dreißig Beischläferinnen des großen Gottes Lamech treffen, die erst vor wenigen Tagen ihm geraubt worden sind, so bringt sie als gute Beute ebenfalls hierher; euer Lohn dafür soll nicht gering ausgemessen werden!

[2.98.23] Wehe aber euch, wenn ihr leer zurückkehrt!

[2.98.24] Ihr habt heute gesehen, wie Lamech im Augenblick den ganzen Himmel mit Sonnen angefüllt hatte und sie dann wieder vergehen hieß.

[2.98.25] Daher bedenkt wohl, wessen Diener ihr seid! In seinem Namen müssen ja Berge vor euch weichen!

[2.98.26] Und also geht und vollzieht diesen Befehl! Amen.‘

[2.98.27] Siehe, du vielgeliebter Vater Adam, solches haben wir gesehen und gehört, und also stehen die Dinge da unten!

[2.98.28] Unter uns aber ist ja der heilige, liebevollste Vater im Abedam; daher sei ferne alle Furcht und Angst unseren Herzen! Amen.“

[2.98.29] Bei dieser lauten Erzählung befiel den alten Adam ein solches Fieber, dass er darob weder sitzen noch stehen konnte.

[2.98.30] Endlich ergrimmte er aber also stark in seinem Herzen über die Tiefe, dass er aufsprang und wollte schon den grässlichsten Fluch über dieselbe aussprechen; aber der Abedam trat ihm in den Weg und sagte gar sanft ernst zu ihm:

[2.98.31] „Adam, Adam, warum willst du schon wieder fluchen?!

[2.98.32] Siehe, Ich bin ja der Herr! So Ich aber solches nicht tue, warum solltest du es tun?

[2.98.33] So aber die Flut gestiegen bis hierher, da lasse uns Fischer sein und sehen, ob wir diese Armen nicht fangen mögen in unsere Netze des Lebens!

[2.98.34] Solches wird dem Lamech übler bekommen als tausend deiner Flüche, vor denen nicht einmal ein Sperling vom Dach fliegen wird.

[2.98.35] Wahrlich, sage Ich dir, heute wirst du sie noch alle segnen, die du jetzt verfluchen wolltest!

[2.98.36] Daher gehe du jetzt nur wieder auf deinen Platz.

[2.98.37] Du, Kisehel, und du Sethlahem, aber geht sogleich, mit aller Macht ausgerüstet, zum Befehlshaber Lamechs hin und richtet an ihn die Worte Meines Willens! Amen.“

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