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94. Seth als Bruder des Herrn

Am 3. Juni 1842

[2.94.1] Als aber der Seth solche große Freundlichkeit vom Abedam vernommen hatte, da mochte er alsbald nicht weiter gehen, sondern fiel sogleich vor Ihm nieder und sagte:

[2.94.2] „O Du über alles guter, heiliger, liebevollster Vater! Ich, ein schwacher Mensch, bin ja nicht würdig, dass Du betreten möchtest meine Hütte, und bin unwürdig, dass Du mich nur ansähest!

[2.94.3] Und Du machst mich armen Sünder vor Dir zu einem Bruder, ja zu einem Bruder Deiner Liebe!

[2.94.4] O Du guter, heiliger, liebevollster Vater, nimm diesen Gedanken wieder aus meiner armseligen Brust, denn er ist zu erhaben, zu heilig, zu unendlich groß! Ich kann ihn gar nicht denken, ohne durch und durch zu erschaudern.

[2.94.5] Ich – Dir – ein Bruder! O Du großer, heiliger Gott, Vater und Schöpfer durch alle Ewigkeiten und alleiniger Erfüller der Unendlichkeit!

[2.94.6] Ich, eine Milbe, den Sand der Erde bekriechend, Dir – ein Bruder in der Liebe! Nein, nein, es ist unmöglich, dass ich solches zu denken vermöchte!

[2.94.7] Vater, lieber heiliger Vater, nehme den Bruder wieder zurück, und lasse mich sein einen Allergeringsten aus denen, die sich da dürfen Deine Kinder nennen!

[2.94.8] O Du lieber heiliger Vater, siehe, ich bebe ja noch am ganzen Leib!

[2.94.9] Es kommt mir solche Schwäche von der Übergröße des Gedankens, darum Du mich genannt hast einen Bruder Deiner Liebe.

[2.94.10] Daher nehme gnädigst diese übergroße und überheilige Last, deren ich wohl ewig nicht würdig sein werde, wieder von mir, damit ich wieder frei wandeln könnte vor Dir, vor Adam und der Eva, vor meinen Brüdern und Schwestern und vor allen meinen Kindern, die Du nun so gnädigst hast wollen durch Deine unendliche Erbarmung und Liebe zu Deinen Kindern aufnehmen!

[2.94.11] O Du lieber heiliger Vater, erhöre, erhöre gnädigst diese meine ängstliche Bitte; doch jetzt, wie allzeit, geschehe nur Dein heiliger Wille! Amen!“

[2.94.12] Der hohe Abedam aber bog Sich sogleich zum Seth nieder, hob ihn äußerst behände vom Boden der Erde, drückte ihn an Seine heilige Brust, und küsste ihn auf die Stirne, und sagte dann allerliebevollst zu ihm:

[2.94.13] „Seth, Mein geliebtester Bruder, siehe, jetzt bist du erst ganz vollkommen Mein Bruder, da du ihn Mir wieder zurückgabst!

[2.94.14] Siehe, ehedem habe Ich wohl in dir den lieben Bruder wiedergefunden zufolge der großen, alleruneigennützigsten Liebe deines Herzens, welche du deinen Brüdern und Schwestern und deinen und ihren Kindern aus Mir dadurch bezeugtest, dass du ihnen eröffnet hast alle die Kammern, in denen du durch deinen Fleiß aufbewahrt hast des Brotes und der haltbaren Früchte in gerechter Menge und hast den Eingang in deine Milch- und Honigkammer nicht verschlossen, sondern ludest alle Bedürftigen dahin, auf dass sie sich sättigen sollten.

[2.94.15] Jetzt aber, da deine Liebe sich auch mit der dir möglich größten Demut vereinigt hatte, bist du in aller Wahrheit und Wirklichkeit ein vollkommen rechter lieber Bruder Meiner Liebe!

[2.94.16] Damit du aber siehst, wie solches gar wohl möglich ist, so höre, – Ich will dich erleuchten:

[2.94.17] Siehe, die Liebe ist Mein eigenst innerstes Urgrundwesen. Aus diesem Wesen geht erst die eigentliche Gottheit oder die durch alle Unendlichkeit ewig wirkende Kraft [hervor], welche da ist Mein unendlicher Geist aller Heiligkeit.

[2.94.18] Dieses Urgrundwesen bin Ich aber Selbst, also wie Ich jetzt vor dir stehe, und da, aus dieser Brust ist die ganze Unendlichkeit erfüllt von Meinem Geist, der da ist Mein langer mächtigster Arm und allzeit also wirkt ins Allerunendlichste, wie Ich es in dieser Meiner Brust will.

[2.94.19] Siehe, demnach bin Ich auch überall durch diesen Meinen Geist vollkommen gegenwärtig und kann da bilden, schaffen und ordnen.

[2.94.20] Denn Meine Gedanken erfüllen stets den unendlichen Raum, welcher da ist ewig aus Mir; aber zur Erscheinung kommen sie erst da und dann, wo und wann Ich sie mit Meinem Willen ergreife und sie dann festhalte.

[2.94.21] Siehe nun, aus eben diesem Meinem Urgrundwesen aber habe Ich auch dich gestaltet, eine zweite sich selbst bewusste frei tätige Liebe aus Mir; nicht nur ein alleiniger Gedanke, sondern eine freie Liebe aus Mir!

[2.94.22] So du nun mit Mir eine und dieselbe Liebe bist, wie solltest du demnach nicht Mein Bruder sein, wenn deine Liebe ist gleich der Meinigen?

[2.94.23] Daher also sei ohne Furcht, und sei Mir stets ein rechter Bruder, und Ich sage dir, auch du wirst wirken frei im Geiste, wie Ich wirke frei erfüllend die Unendlichkeit.

[2.94.24] Wenn du aber einen Stein wirfst, da siehst du ja schon, dass der Arm deiner Leibeskraft länger ist als der fleischliche selbst; um wie vieles länger wird erst der Arm deines Geistes sein?!

[2.94.25] Daher: Bist du Mir in der Liebe ein rechter Bruder, so bist du es Mir auch im Geiste der Kraft! Die Folge, lieber Liebebruder Seth, aber wird dir erst zeigen, dass Meine Liebe in dir gar wohl würdig ist, Mir ein Bruder zu sein; denn Ich Selbst bin ja diese freie Liebe in dir.

[2.94.26] Daher folge Mir als Bruder nur mutig auf die Höhe; denn Ich sage es ja dir, dass du nun Mein wahrer Bruder bist und bleiben wirst ewig! Amen.“

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