Am 28. April 1842
[2.76.1] Nach vollendeter Erzählung aber, da der Thuarim zu weinen anfing aus großer Reue wegen der vermeintlichen großen Unbill, die er Mir angetan habe, ergriff Ich als der hohe Abedam alsbald seine Hand und sagte dann zu ihm:
[2.76.2] „Höre und verstehe, du, Mein lieber Thuarim, was du getan hast in deinem Gesicht, gereicht dir so wenig zu einer Sünde, als es einem von irgendeiner Berghöhe herabstürzenden Stein zur strafbaren Schuld gerechnet werden kann, so durch seinen mächtigen Fall irgendein Unheil angerichtet worden wäre.
[2.76.3] Daher magst und kannst du wohl ruhig sein; denn solchen Sinn hat dein Gesicht nicht, und die Worte, die du in dir vernommen hast, gehen nicht etwa wesentlich nur dich an, sondern da hat alles einen allgemeinen Sinn, und die Worte gelten jedermann.
[2.76.4] Du aber warst von Mir ja nur berufen, solches zu erschauen im Geiste in dir, aber nicht, als hättest du darob müssen ein Fehl begehen gegen Mich.
[2.76.5] Damit du aber solches Gesicht nicht ohne Nutzen für alle die Nachwelt geschaut hast, so höre und verstehe denn, und also auch ihr alle, was dieses Gesicht besagt! Solches aber ist dessen Sinn:
[2.76.6] Dein äußerer Versuch, mit den Leibesaugen in dich zu schauen, stellt das törichte Abmühen des Weltverstandes vor, da er in geistige Verhältnisse eindringen will, während er doch von nichts als nur von lauter materiellen Begriffen sich selbst bildend zusammengestellt ist, das heißt, er ist nichts als bloß nur ein Aufnahmeorgan der Seele, durch welches diese zur Anschauung der Außenwelt gelangt.
[2.76.7] So er aber nur das ist, wie sollte er hernach können Geistiges erschauen und, wie gestaltet dasselbe ist, in sich erfassen?
[2.76.8] Die feurigen Kreise aber, die deine Augenverdrehung hervorgebracht hatte, bedeuten die sogenannten Witzfunken des Weltverstandes, welche ihm aber fürs geistige Schauen ebenso viel nützen wie die Feuerkreise den naturmäßigen Augen, – das heißt, er wird dadurch geradeso wenig schärfer und gesünder wie das naturmäßige Auge durch derlei Anstrengungen und Quetschungen.
[2.76.9] Siehe, das ist der Anfang deines Gesichtes, und das geht nicht dich an in diesem deinem inneren Zustand, sondern die ganze Welt, darum Ich dich nun ihr zu einem Propheten gebe auf diese Art, wie du es an und in dir erfahren hast.
[2.76.10] Du warst aber dabei ärgerlich, und zwar einmal sogleich, als Ich euch beheißen habe, dass ihr alle in euer Inneres schauen sollt, und dann, als du deine Versuche gemacht hast und dennoch nichts auszurichten vermochtest.
[2.76.11] Siehe, auch dieser Ärger war kein natürlicher Ärger mehr, sondern er kam darum über dich, auf dass da angedeutet würde der Hochmut des Weltverstandes, der da nie ein Gefangener sein will in der Wahrheit, sondern frei und ein Herrscher bei allem Mangel des Lichtes und sich nur dann glücklich wähnend, so von allen Seiten seiner Dummheit gehuldigt wird, und ruhig nur dann, wenn er mit Spott und Hohn seinen Brüdern auf den Köpfen, sich herablassend, herumsteigt!
[2.76.12] Siehe, solches geht dich auch nun nicht mehr an; denn darum habe Ich dich zu einem Propheten gemacht, dieweil du keine Schuld in deinem Herzen hattest!
[2.76.13] Solches alles bedeutet sonach dein Gesicht bis dahin, als du in den Sand zu sinken anfingst. Was aber besagt hernach der Zustand, da dich die Nacht des Sandes in sich begrub und du dann stets tiefer sankst und hattest Not mit dem Atem und batest um Errettung; es wurde dir aber keine zuteil?
[2.76.14] Siehe, hier fängt schon deine innere Erklärung an zu wirken und zu leuchten!
[2.76.15] Der Sand aber bedeutet alle die Weltwisstümlichkeiten, wenn sie anfangen, vollends das Herz der Seele gefangen zu nehmen, wodurch dann dieses in große Angst und Verwirrung gerät ob des Druckes und der Nacht, was alles der Verstand über das arme Herz verhängt.
[2.76.16] Da auch wehrt sich das Herz nach aller Möglichkeit und schiebt den Sand vom Mund weg und macht sich einen sparsamen Luftraum und sehnt sich flehentlich nach der Errettung.
[2.76.17] Aber der überreiche, nie zu wenig habende Weltverstand lässt sich da sein Recht nicht mehr nehmen, versandet das Herz nur noch mehr und mehr.
[2.76.18] Da aber dann das Herz ungeduldig wird und anfängt zu verzweifeln, und der Verstand sieht, dass es ihm unmöglich wird, über dasselbe zu siegen, da lässt er es endlich sinken in den Schlamm derjenigen Begierden, welche er selbst lange eher schon irgendwann in dasselbe geschoben hatte.
[2.76.19] Hier erfährt dann erst das Herz die vollste Unzulänglichkeit desjenigen und die barste Schändlichkeit dessen, womit es der Weltverstand bereichert hat.
[2.76.20] Das Herz fängt da an, sich zu empören gegen den also trüglichen Verstand, und ergrimmt in sich selbst. Siehe den glühenden Chaos-Pfuhl!
[2.76.21] Da aber dieser scheidende Moment ein allerbitterster – sowohl von Seiten des Herzens, wie nicht minder von Seiten des Weltverstandes – ist, so gerät das Herz darüber in die größte Raserei, da es jetzt gänzlich alles Lichtes bar wird wie der Verstand ohne das Herz alles Wärme- und Zündstoffes für sein Truglicht.
[2.76.22] Siehe, hier fingst du an, gegen Mich loszuziehen im Herzen und zu fluchen im Verstand!
[2.76.23] Ich sage dir aber, dass Ich niemals sehe auf die Werke des Verstandes, so ihn das Herz verabschiedet hat.
[2.76.24] Über das Herz aber gieße Ich dann alsbald Mein heilendes Liebelicht aus, damit da alsbald heile zum ewigen Leben das wunde, zu Mir heimkehrende Herz, wie du solches durch die innere Stimme deutlich vernommen hast.
[2.76.25] Aber auch solches alles geht dich nichts an, denn dich mache Ich dadurch zu einem Propheten, damit du dadurch zeugen sollst fürder wider alle Welt und ihre Weisheit. Daher sei ruhig, und fürchte dich nimmer; denn Ich habe solches in dir hervorgerufen, damit du allzeit zeugen sollst aus Mir gegen alle Torheiten der Welt! Amen.“
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