Hier ist Dein Kapitel

216. Lamech erkennt seinen Irrtum und Grund seiner Scheußlichkeit

Am 22. Dezember 1842

[2.216.1] Als der Lamech solches vom Kisehel vernommen hatte, da ward er wie von einer hellen Flamme durchleuchtet und erwärmt und rief nach einer kurzen Weile also aus, sagend nämlich:

[2.216.2] „O du mein lieber Bruder und Freund! Was überaus Großwichtiges und unaussprechlich Herrliches hast du mir jetzt aus deiner dir von Gott verliehenen Weisheit kundgetan?!

[2.216.3] Ja, jetzt sehe ich es erst vollends ein, wo es bei mir und uns allen am allermeisten gesteckt hatte! Wir suchten Gott zwar in allen Ecken und Winkeln in der sogenannten Gerechtigkeit, wollten darauf in eine beschauliche Weisheit gelangen und uns dadurch Gott erschaulich machen, haben aber dabei anfangs schon als eine schweigende Bedingung im Hintergrund folgendes aufgestellt:

[2.216.4] ‚Wenn Gott irgend Einer ist, so muss Er Sich auf diese Art finden lassen, und das beschaulich; lässt Er Sich aber auf diese Art nicht finden, so ist Er entweder gar nicht, oder Er ist irgendein Schwächling!

[2.216.5] Und eines wie das andere berechtigt uns dann, sich selbst zu einem Gott aufzuwerfen!‘

[2.216.6] Ich habe einst bald darauf, als mich mein schon mehr denn halbgöttlich sich dünkender Hochmut an meinen Brüdern den Gräuel begehen ließ, zwar wohl in aller Wahrheit vernommen ein göttliches Wort, welches mich, den sich ob der verübten Gräueltat sehr Beängstigten, in den Schutz nahm; aber da solches Wort auf mich eben so sanft und überaus gutartig erging, so brachte am Ende meine Weisheit den überaus ärgerlichen Schluss zuwege: also sei Gott zwar wohl vorhanden, aber Er müsse ein Schwächling sein, habe Furcht vor mir und getraue Sich mir nicht zu nahen!

[2.216.7] Dieser Schluss war dann der Grund zu aller meiner Scheußlichkeit, die dir wohlbekannt ist.

[2.216.8] Du hast mir zwar schon so manches gesagt, aber so hell war mir noch keines deiner Worte, daraus ich hätte also klärlichst erschauen mögen, welch ein Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen obwaltet, als gerade aus diesem!

[2.216.9] Nun erst erschaue ich die ganze Fülle meines Irrtums!

[2.216.10] Wer sonach von Gott nur etwas Weniges gehört hatte, der kann Ihn schon auch lieben, kann sich stets mehr stärkend üben in dieser Liebe, damit sie gar bald der allermächtigste Grund seines Lebens wird.

[2.216.11] Und wenn sie solches ist geworden, dann hat auch der Mensch sich dem allmächtigen Gott auf die alleinig gerechte Weise genähert, und Gott wird Sich ihm zu erkennen geben nach der Gerechtigkeit der alleinigen Liebe, die des Menschen Herz, Seele und Geist alleinig nur für Gott zu beleben vermag!

[2.216.12] Da ich aber solches nun klar fasse aus deinen Worten, so möchte ich dich denn noch um ein ähnliches Beispiel gar bruderfreundlichst bitten, auf dass mir dadurch diese heilige Lehre desto fester würde und ich auch noch mehr ähnlich herrlichsten Stoff hätte zur Belehrung gar vieler armen Sünder, die da teils durch mich, teils aber auch durch ihren eigenen Willen auf Abwege geraten sind!“

[2.216.13] Und der Kisehel erwiderte dem Lamech darauf und sagte zu ihm: „Lieber Bruder Lamech, du hast mir durch diese deine wahre Herzensbitte eine der allergrößten Freuden bereitet, wie überhaupt durch dein ganzes gegenwärtiges Benehmen!

[2.216.14] Ich möchte dir darum ja auch noch tausend solcher Beispiele kundgeben; aber siehe, es ist solches nun bei dir nicht vonnöten!

[2.216.15] Du hast die Wahrheit dadurch in der Tiefe erschaut; alles andere aber wird dir die Liebe zum Herrn schon ohnehin in der reichlichsten Fülle bieten, des sei vollends versichert!

[2.216.16] Siehe aber, so es in dir noch Nacht wäre, so hättest du den Grund der Wahrheit schwerlich erschaut!

[2.216.17] Denn so in der Nacht noch einige Sterne mehr oder weniger am Firmament schimmern, so macht solches den Boden der Erde nicht heller, und du wirst bei solchem Licht schwer unterscheiden, was da auf dem Boden liegt.

[2.216.18] Wenn aber die eine Sonne aufgegangen ist, da bedarf es der Sterne nimmer, wie zweier Sonnen nicht, denn der einen Licht ist stark genug, um alles zur Übergenüge zu erleuchten!

[2.216.19] Daher auch begnüge du dich einstweilen mit der einen Sonne, bis die wahre, lebendige in dir selbst aufgehen wird!

[2.216.20] In dieser Sonne Strahlen aber wirst du dann schon ohnehin alles in höchster Überfülle treffen, was dir nötig sein wird!

[2.216.21] Und so lasse uns denn ziehen zur Stadt, da schon gar viele unser harren! Amen.“

TAGS

Kein Kommentar bisher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Letzte Kommentare