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207. Lamechs Traurigkeit, weil der Mensch Gott nichts Verdienstliches tun kann. Die Demut als Anfang der reinen Liebe

Am 10. Dezember 1842

[2.207.1] Nach dieser Rede Kisehels ward der Lamech zwar wohl um vieles heiterer, aber dennoch also wie jemand, der da den besten Willen hat, recht fröhlich zu sein, kann aber dabei dennoch nicht verbergen, dass er einen sehr engen Schuh am Fuß hat, der ihn fortwährend drückt.

[2.207.2] Solchen Zustand merkte wieder alsobald der Kisehel, nahte sich dem Lamech und sagte dann zu ihm: „Höre, Bruder Lamech, ich muss es dir sagen, dass du noch durchaus nicht frei bist in deiner Seele!

[2.207.3] Heimlich verarbeitest du noch so manches und magst damit zu keinem Ende gelangen; sage mir, wo es dich noch drückt, und ich will dir ja überall gerne Licht verschaffen und mit der Gnade des Herrn helfen aus jeglicher Not!“

[2.207.4] Und der Lamech wandte sich gar freundlich zum Kisehel und sprach: „Mächtiger Freund und Bruder, ich lobe und preise nun Den, der da ewig lebt, dessen Gewalt kein Ende hat, und dessen Reich und allmächtige Herrschaft unendlich ist und währt ewiglich für und für!

[2.207.5] Ja, ich, Lamech, ehre, lobe und preise nun Den, gegen welchen alle, die da auf der Erde wohnen und mächtig sind, als pur nichts zu rechnen sind!

[2.207.6] Denn Er macht es, wie Er will, sowohl mit den Kräften im Himmel, als auch mit denen auf der Erde, und niemand kann Ihm wehren und niemand Ihn fragen und sagen zu Ihm: ‚Was machst Du, Allmächtiger?‘

[2.207.7] Denn Er ist ein alleiniger Herr und kann tun, was Er will. Wen Er will züchtigen, den züchtigt Er; wen Er demütigen will, den demütigt Er; den Er versuchen will, den versucht Er.

[2.207.8] Dem Er die Sünde vergeben will, dem vergibt Er sie ohne Vorhalt; so Er jemanden töten will, so tötet Er ihn, wann Er will, und braucht nicht zu ihm zu sagen: ‚Morgen will ich dich töten!‘, sondern wann Er will; und niemand kann Ihn zur Rechnung ziehen und niemand Ihn richten, denn Er ist erhaben über alle Himmel und über alle Menschen der Erde!

[2.207.9] Siehe, Bruder, solches alles weiß ich nun! Aber es ist mir mit allem dem dennoch nicht viel geholfen; denn ich kann nun denken, wie ich nur kann und mag, so kommt am Ende dennoch nichts anderes heraus als: Gott allein ist alles in allem, wir alle zusammengenommen aber sind eitel nichts gegen Ihn!

[2.207.10] Das Einzige, dass wir Ihn nämlich lieben, ehren, loben und preisen können und dürfen, ist etwas im Anbetracht unter uns nur; aber im Anbetracht Seiner allmächtigen, unendlichen und ewig göttlichen Wesenheit ist es eben auch nichts! Denn so wir, alle Menschen und Tiere der Erde und alle Kräfte der Himmel, gegen Ihn nichts sind, was sollte Ihm demnach unsere Liebe, unser Lob, unsere Ihm gegebene Ehre und all unser Preisen sein?!

[2.207.11] Also können wir Ihn im eigentlichen Sinne auch gar nicht lieben, nicht loben, nicht ehren und nicht preisen, sondern da wir solches tun, so tun wir es nur im Anbetracht unserer eigenen Wohlfahrt! Denn wer mag Gott erhöhen, da Er von Ewigkeit der Allerhöchste ist?

[2.207.12] Wer kann Gott durch sein Lob verherrlichen, Ihn, vor dem Himmel und Erde nichts sind?! Wer kann Ihn lieben, Ihn, die unendliche Macht, Kraft und Gewalt?! Wer Ihm ein gerechtes Opfer darbringen, Ihm, dem alles ist ein urewiges Eigentum?!

[2.207.13] Also tun wir solches alles ja nur rein unsertwegen und können im eigentlichen Sinne wegen Gott ja doch unmöglich etwas tun!

[2.207.14] Und doch möchte ich solches alles nur wegen Gott tun – und nicht auf diese Art notgedrungen nur wegen meiner Wohlfahrt!

[2.207.15] Wie aber ist solches möglich, von diesem wahren Standpunkt aus betrachtet?

[2.207.16] Ich sehe nun gar wohl, dass alle die Versuchungen allein von der großen Gnade Gottes abhängen und wir dafür Ihm nur ewig danken können, darum Er unser also gedenkt, Er, der unendliche, ewige Gott!

[2.207.17] Dass wir Ihm aber dagegen gar nichts tun können, siehe, das bedrückt nun meine Seele, macht traurig mein Herz!

[2.207.18] O Bruder, solches kannst du also nicht in der Tiefe und Fülle empfinden wie ich, der große Schuldner! Warst du auch ein Schuldner, so warst du es aber dennoch nicht in dem Umfang, wie ich es war, und so kannst du auch, wie gesagt, das nicht so sehr empfinden wie ich, was das heißt, ein Schuldner zu sein und für die Schuld keinen Ersatz bieten zu können!

[2.207.19] Nun weißt du alles, was mich drückt; rate mir daher, so du es kannst, oder so es dir möglich ist!“

[2.207.20] Solche Rede machte den Kisehel stutzen, und er wusste im Ernst sich anfangs nicht alsogleich zu fassen; als aber zu dem Behuf wieder Mein Geist über ihn kam, da vertröstete er den Lamech alsbald mit folgenden Worten:

[2.207.21] „O Bruder Lamech, was du nun empfindest, das empfanden wir alle lange schon und empfinden es jetzt umso lebendiger, da du es mit uns empfindest; aber dabei wissen wir aber solches aus des Herrn eigenem heiligen Munde, dass Ihm eben gerade der Dank von unserer Seite am angenehmsten ist, so wir unsere vollste Nichtigkeit gegen Ihn begreifen!

[2.207.22] Wenn du keine Worte mehr findest in dir, Ihm zu danken, und kein vollends würdiges Opfer für Ihn, so bist du ein rechter Danker, Preiser und Anbeter Gottes, des heiligen Vaters!

[2.207.23] Siehe, das ist die rechte Demut, und diese ist der Same fürs ewige Leben in Gott.

[2.207.24] Sie ist der Anfang der reinen Liebe, diese aber das ewige Leben selbst.

[2.207.25] Darum sei nun überfroh und heiter, denn gerade in dem hast du eben jetzt den ewigen Geist des wahren, ewigen Lebens überkommen!

[2.207.26] O Lamech! Bruder! Meine Freude über dich ist groß geworden!

[2.207.27] Bleibe also, so wirst du leben ewig, ewig, ewig! Amen.“

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