Am 11. November 1842
[2.190.1] Als sich nun alle hinreichend gesättigt hatten, da standen sie auf, dankten Mir für die Gnade, und der Sethlahem sagte zu den Weibern und Mägden:
[2.190.2] „Ihr Weiber und Mägde, sammelt die Reste, und tuet sie in einen Korb zusammen, damit die bald zurückkehrenden Weiber auch ihren gerechten Teil zu ihrer Sättigung finden mögen!
[2.190.3] Die Körbe aber nehmt ihr zur Hand, und geht damit zur Stadt! Ordnet im Hause Lamechs alles, und fegt alle die Gemächer, damit sie rein werden zum Empfang des neuen Königs, der da nun geworden ist ein lieber Bruder zu uns! Also geht, und tuet das euch Anbefohlene! Amen.“
[2.190.4] Und alsobald legten die Weiber und Mägde ihre Hände an das anbefohlene Werk und lobten und priesen dabei Mich, darum sie für würdig befunden wurden, von Meinen Boten beschäftigt zu werden.
[2.190.5] Als diese Weiber und Mägde sich aber zur Stadt hinein begeben hatten, siehe, da kamen auch schon die anderen drei und hinter ihnen der raue Thubalkain mit einer tüchtigen Schar Bergleute, die schon mit allerlei für den Bergbau nötigen Werkzeugen versehen waren.
[2.190.6] Als sie nun vollends beim Lamech angelangt waren, da übernahm zuerst der Sethlahem die Weiber, führte sie an den Korb und behieß sie, dass sie sich durch Speise und Trank laben und stärken sollen. Als die Weiber solches vernommen hatten, da fing alsbald eine nahe überirdische Freude aus ihren Angesichtern an zu strahlen.
[2.190.7] Laut fingen sie an, Mich zu loben und zu preisen, und sagten nach dem zum Sethlahem:
[2.190.8] „O du großer Bote Dessen, den da unsere Zungen nie wert sein werden auszusprechen, sind wir denn wohl noch dieser Gnade wert, dass wir zu uns nehmen möchten diese sicher von euch gesegnete Speise, und sind wir wohl noch fähig, dieselbe zu uns zu nehmen?“
[2.190.9] Und der Sethlahem erwiderte den drei Weibern: „So ich es euch sage, warum fragt ihr da noch? Daher fragt nicht mehr, sondern seid heiteren Mutes, und esst und trinkt in aller Freudigkeit eures Herzens!
[2.190.10] Wenn ihr euch werdet gestärkt haben, sodann lobt Gott den Herrn, nehmt dann den Korb, und geht zur Stadt, und tuet im Hause Lamechs, was da schon tun eure Gefährtinnen! Amen.“
[2.190.11] Mit dem Bescheid waren die drei Weiber auch vollends zufrieden und begaben sich alsbald zum Korb, aßen und tranken; und nachdem sie Gott in ihren Herzen durch ihre große Freude gelobt hatten, erhoben sie sich und eilten zur Stadt in das Haus Lamechs.
[2.190.12] Gleichzeitig aber, während nämlich der Sethlahem mit den drei Weibern seine Sache abmachte, begannen auch die etwas schroffen Unterhandlungen mit dem Thubalkain von Seiten des Kisehel und Lamech, welche sogestaltig waren:
[2.190.13] Als der Thubalkain vor dem Lamech und vor den Boten mit seiner Schar Halt machte, da hob er alsbald einen schweren Hammer von seiner Achsel und schlug mit demselben so gewaltig auf den Boden, dass darob derselbe auf hundert Klafter im Umfang erbebte, und fragte dann mit einer höchst rauen Stimme:
[2.190.14] „Vater Lamech, was willst du von mir, das ich tun soll? Soll ich etwa diese sieben großen Gebirgslümmel mit meinem Hammer breitschlagen? Oder brauchst du neue Waffen?
[2.190.15] Oder soll ich etwa die Köpfe der Berge etwas mehr herabtreiben zur Tiefe? Rede, was du willst, das ich tun soll!“
[2.190.16] Lamech aber sah den Thubalkain sehr bedeutungsvoll an und sagte zu ihm, auf den Kisehel zeigend: „Nicht ich, sondern dieser da wird es dir sagen, was du zu tun hast!
[2.190.17] Poche aber nicht zu viel auf deinen schweren Hammer, sonst könnte er dir wohl zu schwer werden!“
[2.190.18] Hier wandte sich der Thubalkain alsogleich an den Kisehel und fragte ihn: „Also, wenn du mich hast rufen lassen, warum meldest du dich denn nicht?! Fürchtest du dich denn gar so sehr vor mir, oder ist dir fremd meine Zunge? Also rede, wenn du übrigens reden kannst!
[2.190.19] Die Weiber haben etwas von einem vorgefundenen edlen Metall gesprochen; sage, was hat’s damit für eine Bewandtnis?!“
[2.190.20] Und der Kisehel richtete sich auf und sagte zum Thubalkain, ihn gleichsam fragend: „Sage mir zuvor, aus welchem Grunde hast du soeben mit deinem Hammer also gewaltig auf das Erdreich geschlagen, und aus welchem Grunde hast du uns mit dem Namen ‚Gebirgslümmel‘ belegt, – sodann erst will ich dir meinen Willen kundtun! Also rede! Amen.“
[2.190.21] Und der Thubalkain verzog alsbald sein Gesicht in tausend grimmige Muskelfalten und sagte, wie aus einer Feueresse Zornfeuer sprühend: „Was sagst du, elende Kreatur?! Du Raubvogel der schönen Weiber aus der Stadt meines Vaters!?
[2.190.22] Soll ich dir sogleich deinen Schädel breitschlagen, oder erst nach einer Weile?!
[2.190.23] Da seht nur einmal her, das Schmarotzergeschmeiß von den Steinwänden herab will etwa gar noch eine Ehrung von uns?!
[2.190.24] Es wäre wirklich schade um meinen Hammer, dass er einen so dummen Kopf zermalmen solle!“
[2.190.25] Hier wandte er sich zu seiner Schar und sagte zu ihr: „Kehrt wieder zurück mit mir, denn für solche Lümmel ist unsere Bergkunst nicht geschaffen worden!
[2.190.26] Damit du großer Dummkopf aber wissest, warum ich dich einen ‚Lümmel‘ nenne, so sage ich dir: Weil du einer bist! Und das ist auch dein großes Glück; denn wärst du etwas weniger dumm, als du es von Natur aus bist oder wenigstens zu sein scheinst, so hättest du statt dieser Antwort wohl diesen Hammer gekostet und hättest dann sagen können, wie er dir geschmeckt hat! Verstehst du solches?!“
[2.190.27] Darauf hob der Thubalkain wieder seinen Hammer auf die Achsel und wollte gehen.
[2.190.28] Aber der Kisehel hob seine Hand empor, und donnerte: „Thubalkain! Ich sage dir, du bleibst! Amen.“
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