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160. Henochs Scheinrede als Gottesleugner

Am 21. September 1842

[2.160.1] Nach dieser Rede behieß der Abba den Henoch zu Sich und hieß auch alle anderen wohl achten auf das, was Er nun dem Henoch in aller Kürze anvertrauen werde.

[2.160.2] Und der Henoch begab sich eiligst dahin zum Abba, und alle anderen spitzten ihre Ohren und erweiterten gewaltig ihre Herzen.

[2.160.3] Und der Abba fing an, folgende Geschäftsworte an den Henoch zu richten, und sagte: „Henoch, höre du, und vernehmt es ihr alle; aber niemand von euch stoße sich daran!

[2.160.4] Es werden soeben vier vom Mittag her hier eintreffen; diese sind uneins über den Abedam. Zwei halten Ihn wohl schwachweg für den Jehova; zwei aber behaupten gerade das Gegenteil und halten Ihn für den Geist Ahbels.

[2.160.5] Sie wollen sich darum Rates erholen bei dir.

[2.160.6] Du aber schlage dich zur Partei der Leugner, und rede ihnen den Abedam samt dem Jehova heraus, damit sie vollends gottlos werden und wir dann in ihnen ein neues Gebäude aufführen können; denn auf einem also sandigen Grund lässt sich wohl nicht einmal eine Totenhütte, geschweige dann erst eine Wohnung für Mich errichten!

[2.160.7] Siehe, sie kommen schon; daher fasse dich, und rede, wie Ich es dir angeraten habe!

[2.160.8] Sei ernst, aber nicht trocken, und denke dabei, dass es arme Brüder sind, denen wir helfen wollen aus dem Grunde!

[2.160.9] Denn wahrlich, sage Ich euch allen, der Mich leugnet in seiner Blindheit, ist Mir um tausend Male lieber denn derjenige, der Mich in der Lauheit seines Herzens halbwegs bekennt, aber es kaum der Mühe wert hält, sich etwa mit seinem Bruder von Mir zu besprechen!

[2.160.10] Doch, sie nahen sich schon unserem Kreis; daher rüste dich, und keiner mache Mich vorderhand kennbar! Amen.“

[2.160.11] Und der Henoch dankte mit dem lieberbranntesten Herzen dem heiligen Abba und ging dann sogleich den vieren ein wenig entgegen und empfing sie da mit freundlichem Ernst.

[2.160.12] Als sie aber die Vollhöhe erreichten, da verneigten sich die Streiter vor den Vätern, und der Henoch fragte sie sogleich und sagte also:

[2.160.13] „Brüder, was hat euch denn hierhergeführt? Gebt in aller Kürze kund euren trüben Grund!“ – Und alsogleich fing einer aus ihnen an zu reden und sagte:

[2.160.14] „Unser Grund ist der Abedam; wir können darüber nicht ins Klare kommen! Ist Er Jehova oder nicht, oder ist Er nur der Geist Ahbels?

[2.160.15] Denn auch Ahbel soll bei seinen Lebzeiten eine große Wundermacht besessen haben und hatte – wie wir es von Mund zu Mund wissen – vor Kahin einen Berg zertrümmert, vor seinem Bruder Kahin, um ihn von seinem argen Vorhaben abzuhalten!

[2.160.16] Siehe, das ist unser Zwist! Gebe uns ein rechtes Licht in dieser Sache; denn wir alle halten sie für die allerwichtigste und allergrößte Hauptsache!“

[2.160.17] Und der Henoch öffnete darauf in Meinem Namen seinen Mund und sprach: „Brüder, was zwistet ihr euch um eine Wolllocke eines Lammes?!

[2.160.18] Was ist Abedam, was ist Jehova, so wir Ihn nicht aussprächen in unserem Gemüt und Gefühl?! Wie mögt ihr streiten um das, was nicht ist, weder so oder so?

[2.160.19] So du siehst in einiger Ferne ein Häufchen auf dem Weg und meinst, solches sei ein Stein, dein Bruder aber behauptet, das Häufchen sei nur ein Maulwurfshügel, siehe, da ist doch etwas, darüber sich so lange streiten lässt, bis ihr nicht das Häufchen selbst zum Schiedsrichter macht! Wen wollt ihr denn da zum Schiedsrichter machen, wo nichts als eure leeren Gefühle und Gedanken es sind, die sich so oder so aussprechen und haben keinen anderen Grund als die eigene Leerheit, entweder so oder so?!

[2.160.20] Ihr streitet, ob der Abedam, der uns durch drei Tage lang mit Seiner Wissenschaft ergötzte, Jehova sei oder nicht.

[2.160.21] Ich aber sage euch, fragt zuerst, ob es überhaupt irgendeinen Jehova gibt!

[2.160.22] Was wollt ihr aber tun, so ich euch sage: Es gibt nirgends einen Jehova, sondern nur einen unendlichen Raum und eine ewige Zeitendauer!?

[2.160.23] Dass sich in diesem Raum nach den Zeiten die verschiedenen, für sich stummen Kräfte ergreifen mussten und dadurch hervorbringen erstlich unförmliche Klumpen, welche dann den blind wirkenden Kräften zur notwendigen Unterlage wurden, und endlich nach und nach verschiedene andere Produkte durch ihren gegenseitigen Zwang, das lehrt uns die ganze Natur; wo aber hat sie je sich im Jehova ausgesprochen?

[2.160.24] Ist es denn daher nicht offenbar klüger, den Grund, der da vor uns allen offen liegt, tiefer zu untersuchen und zu prüfen als einen, der sich bloß durch in uns waltende Naturkräfte mit der Zeit also entwickelt hatte wie etwa ein eitel leerer Traum?!

[2.160.25] Wenn es überhaupt irgend je eine sich ergreifende und sich selbst bewusste Kraft unter dem Begriff Gott geben kann, so kann sie ja erst aus uns hervorgehen, da wir die ersten Wesen auf dem langen Wirkungskreis der Naturkräfte sind, in denen sich sicher zum ersten Mal eben diese Kräfte anfangen, ihrer selbst mächtig und mehr und mehr bewusst zu werden!

[2.160.26] Oder habt ihr je gesehen, dass da ein Stein sich zum Wassertropfen bilden möchte? Wohl aber ist solches umgekehrt der Fall, und ein kleiner Stein besteht schon aus einer Unzahl Wassertropfen, die da aufgelöst ein halbes Meer ausmachen dürften!

[2.160.27] Also kann ja erst auch ein Gott aus uns hervorgehen als eine Zentralkraft des Sichselbstbewusstseins, wie da aus den vielen Wassertropfen ein Stein hervorgeht, nicht aber umgekehrt!

[2.160.28] Seht demnach die entsetzliche Leerheit eures Zwistes, und besinnt euch eines Besseren; werdet aber zuvor Schüler der tiefen Weisheit, dann erst sucht das, worüber ihr jetzt streitet! Versteht meine Worte wohl! Amen.“

[2.160.29] Hier fingen die vier zu beben an und wurden ganz blass, und nur der eine sagte zum Henoch: „Bruder, warum hast du uns nun getötet? Was sind wir jetzt, und was haben wir zu erwarten? Nichts als die endliche ewige Vernichtung?!

[2.160.30] O hättest du uns doch in unserem Wahn gelassen! Wie glücklich waren wir darinnen!

[2.160.31] Denn unsere Herzen hatten doch irgendeinen Grund; jetzt aber hast du uns hingestellt auf den Abgrund des ewigen Verderbens! Was sollen wir jetzt beginnen?

[2.160.32] O Jehova, o Abedam, wärest Du noch hier! Um wie vieles lieber wären wir betrogen von Dir, als jetzt also furchtbar aufgeklärt vom Henoch!

[2.160.33] Henoch, betrüge uns wieder, damit wir doch ruhig sein können, dieweil wir leben! Amen.“

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