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150. Die Demütigung des vorwitzigen Abedams durch den Fremden

Am 2. September 1842

[2.150.1] Es wandte sich aber hier der Fremde an den Abedam und sagte zu ihm: „Bruder und Freund Abedam, so dich meine sicher wichtigen Einwürfe so stark beirren und du mich bei einem nächsten sogar über alle Berge hinausreden willst, siehe, solches kannst du ja alsogleich tun; und ist dir dein vermeintlicher Sieg gelungen, da hast du den Henoch und dich dann ja vor allen künftigen Einwürfen des Lebens und der Liebe verwahrt!

[2.150.2] Ich meine aber, wenn das Leben keine Kinderspielerei, sondern eine Sache großen Ernstes ist, da dürften denn derlei Einwürfe doch wohl von größerer Wichtigkeit sein denn deine Behaglichkeit.

[2.150.3] Übrigens bin ich ja dir noch mit keiner Frage zur Last gefallen; warum willst du denn hernach blasen, wo es dich doch nicht im Allergeringsten brennt?!

[2.150.4] Wie aber gesagt, so du Lust hast, mich ordentlich niederzureden, da fange nur alsogleich an, und es soll sich am Ende doch zeigen, wer diesen Kampfplatz als Sieger behaupten wird!

[2.150.5] Ich meine aber ganz zuversichtlich, dass bei diesem Kampf du den bei weitem Kürzeren ziehen dürftest!

[2.150.6] Daher fasse dich wohl, so du etwa noch Lust haben sollst, dich mit mir in einen Wortkampf einzulassen!

[2.150.7] Dich beirrt meine Weisheit, darum sie die deinige überragt, und besonders jetzt, da du der Meinung bist, von der Gegenwart Jehovas, an dessen Seite du beständig warst, die Weisheit ordentlich mit dem Löffel gespeist zu haben, und alle deine Brüder im Abend sollen darum dümmer sein denn du, damit du ihnen dein großes Weisheitsübergewicht so recht derb könntest fühlen lassen.

[2.150.8] Weißt du’s aber nicht, und hast du solches nicht vernommen, dass nur allein die Liebe, Geduld, Demut und Sanftmut die einzigen Grundpfeiler aller Weisheit sind?

[2.150.9] Kannst du aber nun sagen, dass solches in dir ist, so du dich ärgerst über mich, und das aus keinem anderen Grunde, als nur indem du mich für tiefsinniger und weiser wähnst denn dich?!

[2.150.10] Ja, aus eben dem Grunde magst du sogar Gott, die ewige Treue und Wahrheit, einer Anrennerei beschuldigen!

[2.150.11] Abedam, siehe, siehe einmal in dein Herz! Wie muss dieses denn beschaffen sein, dass es schon heute Den verleugnen kann, von dem es gestern noch die größten, wunderbarsten Wohltaten empfing?

[2.150.12] Hat denn der hohe Abedam nicht mehr um dich verdient, als dass du Ihn nun verleugnen willst und willst mich lieblos aus purem Weisheitsneid über alle Berge hinausreden?

[2.150.13] O wie schlecht musst du die Worte Abedams erfasst haben!

[2.150.14] Wann wohl hatte Er jemandem den Weisheitsneid anbefohlen?

[2.150.15] Wie kannst du aber je auf die wahre Weisheit einen Anspruch machen, so dein Herz voll Ärger ist?

[2.150.16] Daher reinige zuvor dein Herz, und es soll sich dann zeigen, wie viel Weisheit im selben Platz haben wird!

[2.150.17] Verstehst du solches? Ich sage dir aber: Verstehe es, oder streite mit mir! Denn deiner Kraft bin ich vollends gewachsen; denn ich kenne dich und den hohen Abedam besser denn du!“

[2.150.18] Diese Worte gingen dem Abedam so vollends zu Herzen, dass er vor großer Reue zu weinen anfing, und er bat den fremden Bruder um Vergebung und sagte zum Schluss seiner Bitte:

[2.150.19] „Bruder, da du mich in aller Weisheit ums Tausendfache übertriffst – was ich jetzt aus dieser deiner wahrhaft himmlisch rein wahren Mahnrede gar überaus klar entnommen habe – und ebenfalls vom Abend her bist, so werde mein Helfer und Stellvertreter! Denn was soll ich machen aus meiner großen Torheit?

[2.150.20] Der hohe Abedam hatte mir solch ein Amt sicher nur zur Selbstprobe meiner Demut auferlegt, was ich jetzt umso deutlicher ersehe; daher wird es wohl recht sein, dass du mein Stellvertreter werdest!“

[2.150.21] Aber der Fremde erwiderte ihm: „Meinst du denn, der hohe Abedam hatte Sich mit dir einen sogenannten Spaß machen wollen? Oh, da hast du Ihn schlecht erkannt und begriffen!

[2.150.22] Siehe, den Er berufen hatte, da hatte Er auch sicher vorgesehen, warum Er ihn berufen hatte! Aber Er wirft darum dennoch keinem Berufenen die Weisheit auf den Rücken nach, sondern diese soll sich jeder Berufene erst auf den Wegen zu eigen machen, die Er ihm zu dem Behuf durch viele tausend Worte gezeigt und somit treulichst vorgezeichnet hatte.

[2.150.23] Daher bleibe du, wozu du berufen warst, und wandle auf den vorgezeichneten Wegen, so wirst du des dir verliehenen Amtes schon auch vollends mächtig werden! Solches sollst du wohl verstehen und danach handeln!“

[2.150.24] Diese Worte rollten wie starke Donner durch die Seele Abedams, und der Henoch und alle Väter staunten über die große Weisheit des Fremden.

[2.150.25] Der Adam sagte darauf zum Seth und auch zu den übrigen: „Wahrlich, ich muss es gestehen, dieses Fremden Weisheit ist groß!

[2.150.26] So er vom Morgen her gekommen wäre, so dächte ich, hinter ihm steckte etwa gar schon Puristas Flamme; aber vom Abend her ist solches wohl nicht zu gedenken!“

[2.150.27] Und der Fremde erwiderte darauf dem Adam: „Was redest du denn? Ist denn nicht am Vorsabbat sogar der Asmahael aus der Tiefe zu euch gekommen? Warum sollte sich denn hernach im Abend nicht auch ein weiser Bruder vorfinden?

[2.150.28] Siehe, das ist ein falsches Urteil von dir!“ Und der Adam wusste darauf nichts zu sagen.

[2.150.29] Der Fremde aber wandte sich darauf zum Henoch und erbat sich die Löse seines Einwurfs. Der Henoch aber bat den Fremden, ihm zuerst seine Meinung darüber kundzugeben, darauf er dann erst ein Ja, und sicher nicht ein Nein von sich geben werde.

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