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149. Henochs Rede über göttliche Ämter und den Unterschied zwischen dem Leben in Gott und dem Leben im Menschen. Des Fremden Frage nach dem Unterschied zwischen Geschöpfen und Kindern Gottes

Am 1. September 1842

[2.149.1] Und der Henoch sagte darauf zum Abedam: „Lieber Bruder, ich merke nun immer mehr und mehr, dass du in deiner ersten heutigen, an den Vater Adam und an mich gerichteten Rede eben nicht unrecht hattest!

[2.149.2] Aber mit dem Ablegen unserer Ämter geht es denn doch nicht so leicht, wie du es glaubst! Denn so uns da unsere Väter berufen hätten, da könnten wir solches ja ohne weitere Umstände tun.

[2.149.3] Aber siehe, da uns der allmächtige, heilige Wille Selbst berufen hatte wesenhaft durch Den, dem es wohlgefiel, deinen Namen zu tragen, so geht es mit dem Ablegen unserer Ämter nicht so leicht, wie du es glaubst! Denn solange wir das anerkennen müssen, dass der hohe Abedam der Herr Gott Zebaoth Selbst es war, müssen wir auch in allen Umständen die Bürde liebewillig tragen, welche Er uns auferlegt hatte.

[2.149.4] Denn sicher hatte Er uns das Amt nicht zu unserer weltlichen Verherrlichung gegeben, sondern zu unserer allzeitigen Demütigung vor Ihm und auch vor der Welt!

[2.149.5] Erkennen wir aber oder könnten wir vielmehr erkennen, dass der hohe Abedam Der nicht war, als der Er Sich uns durch Worte und Taten zu erkennen gab, da werde ich auch der Erste sein, der da deinem Rat folgen wird!

[2.149.6] Ich glaube aber, solches wird eben nicht zu leicht mehr tunlich sein. Denn wer kann also reden, wie da Er geredet hatte, und wer solche Taten verrichten, die Er vor unser aller Augen verrichtet hatte? Wer hat je solche Liebe in einem Menschen entdeckt, und wer je in eines Menschen Nähe solche Wonne empfunden, wie wir sie alle in der Seinigen empfunden haben?

[2.149.7] Siehe, aus solchen nur gar zu gewaltigen Gründen können wir denn auch unmöglich umhin, zu glauben, dass Er es war, als der Er Sich uns allen treulichst hatte zu erkennen gegeben.

[2.149.8] Da wir aber solches somit glauben müssen, so müssen wir schon auch in aller Liebe, Dankbarkeit, Geduld und Sanftmut und großer Demut die Bürde tragen, die Er Selbst uns auferlegt hatte!

[2.149.9] Des aber können wir beide versichert sein; zu unserem Verderben hatte Er solches sicher nicht getan!

[2.149.10] Daher glaube du auch nicht, dass wir darum angerannt sind, sondern Er will es also haben, und so wird es auch recht sein, weil Er es also haben will! Zu unserem Nachteil wird es nicht sein, sondern sicher nur zu unserem Vorteil; und so bleiben wir denn auch in Seinem allerheiligsten Namen, wozu Er uns berufen hatte! Amen.“

[2.149.11] Und der Abedam nahm diese Rede Henochs überaus beifällig auf und sagte: „Ja, ja, lieber Bruder, ich kann schauen, denken und reden, wie ich nur immer will, so bleibt mir am Ende doch nichts übrig, als mich eben also zu verhalten, wie du eben jetzt geredet hast; denn etwas Klügeres brächte ich ja schon in meinem ganzen Leben nicht über meine Lippen!

[2.149.12] Ich glaube jetzt auch fest, dass Er dem auch sicher den Verstand nicht versagen oder vorenthalten wird, dem Er gegeben hatte ein Amt!

[2.149.13] Doch siehe, die Fremden harren auf eine Antwort von dir; fertige sie doch einmal ab, und rede, was dir nur immer in den Sinn kommt! Rede sie ordentlich nieder, damit sie dann wortsättig uns sobald als möglich wieder verlassen möchten; denn das sind schon so ein paar recht ausgesuchte Beißer!

[2.149.14] Daher siehe, dass wir ihrer ehestens loswerden!“

[2.149.15] Und der Henoch wandte sich darauf alsogleich zum Fremden und sagte zu Ihm: „Höre, lieber Bruder, dein Einwurf ist also richtig und gut und wahr, dass sich ihm nichts entgegenstellen lässt, – nur scheint er hierher nicht so ganz zu passen; denn es ist doch wohl sicher ein unendlich großer Unterschied zwischen unserem Leben und dem Leben in Gott!

[2.149.16] Unser Leben wird selbst im allervollkommensten Zustand ein bedingtes bleiben, während das allerheiligst vollkommenste Leben in Gott ein ewig freiestes und allerunbedingtestes ist. Für Gott gibt es keinen Tod, sondern vor Ihm ist alles durch Seinen Willen bedingt, wie das Leben, also auch das Gericht oder der Tod, für unseren Gesichtskreis genommen.

[2.149.17] Vor Gott lebt alles; vor Gott kann kein Gericht bestehen, sondern nur Seine ewige Ordnung, die Er Selbst ist aus Ihm frei heraus.

[2.149.18] Alle Geschöpfe aber bestehen vermöge dieser Seiner freien Ordnung in Ihm, bedingt durch die Verhältnisse eben dieser freien Ordnung.

[2.149.19] Sonach können wir als Seine Geschöpfe unsere bedingten Verhältnisse ja doch nicht auf Ihn übertragen und uns dadurch mit Ihm auf eine gleiche Stufe stellen.

[2.149.20] Und so kann Sich wohl der Schöpfer um alle die Verhältnisse Seiner Geschöpfe kümmern, wir aber tun hinreichend, wenn wir nur Seinen allerheiligsten Willen erfüllen.

[2.149.21] Die Sonne geht auf und unter und bringt uns den Tag; können wir es anders machen? Ob die Sonne solches tut durchs Gericht oder durch ein freies, lebendiges Wollen, was soll uns das kümmern; denn wir wissen es ja dessen ungeachtet, dass sie nur den Weg wandeln kann, den ihr Seine Ordnung vorgezeichnet hatte!

[2.149.22] Und also steht es auch mehr oder weniger mit uns Menschen. Wir können zwar auf dem Boden der Erde frei hin und her wandeln, aber niemand kann den Erdboden verlassen und sich frei erheben hinauf zu den Wolken des Himmels!

[2.149.23] Also meine ich, ihr solltet es bei meinem früheren Ausspruch bewendet sein lassen und nicht wieder etwa mit einem neuen Einwurf kommen! Solches solltet ihr wohl beachten!“

[2.149.24] Und der Fremde erwiderte: „Lieber Henoch, du hast wohl gesprochen, und ich will es dir gelten lassen; aber nur möchte ich dazu noch den Unterschied zwischen Geschöpfen und den Kindern Gottes kennenlernen!

[2.149.25] Gibt es da keinen, so hast du vollkommen recht; gibt es aber einen, so wirst du dir schon müssen gefallen lassen, deine Worte entweder zurückzunehmen oder doch sehr gewaltig handeln zu lassen!

[2.149.26] Daher berichte mir solches, sonst gebe ich dir keine Ruhe!“

[2.149.27] Hier fing der Henoch noch mehr zu stutzen an. Der Abedam aber sagte: „O Geduld, nur jetzt verlasse mich nicht!

[2.149.28] Wenn er aber noch mit einem solchen Einwurfe kommt, dann soll er es mit mir zu tun bekommen! Wahrlich, ich will ihn über alle Berge hinausreden! Der soll denken an eine solche Rede aus meinem Munde!

[2.149.29] Bruder Henoch, nur jetzt fasse dich noch! Dann aber lasse den Streiter mir über, so er etwa noch mit einem solchen Einwurfe kommen sollte!

[2.149.30] Mein Beweis wird ihn sicher über alle Berge treiben! Bruder, du wirst mich doch verstehen?!“

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