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132. Über die Vergänglichkeit der Dinge

Am 3. August 1842

[2.132.1] Diese heiligen Worte Abedams brachten den Enos zwar vollkommen zu sich, aber wenn er hinblickte gen Morgen und nicht mehr sah den altgewohnten Berg, so erschauerte er noch durch und durch, und er konnte sich in dieser nun ganz veränderten Gegend nicht finden und so sich recht verstehen.

[2.132.2] Aber dieses ungewohnte Aussehen der Gegend war es nicht allein, was ihn so ganz heimlich in sich erschauern machte, sondern der durch diese Erscheinung stets lebendiger werdende alte Gedanke an die Vergänglichkeit aller Dinge.

[2.132.3] Das war sonach für unseren Enos noch eine starke Klippe im Meer des sturmbewegten Lebens.

[2.132.4] Da aber natürlicherweise solches doch vor dem hohen Abedam nicht verborgen sein konnte, so sagte dieser alsogleich zu ihm:

[2.132.5] „Enos, was nagt an deiner Seele? Siehe, Ich bin noch hier und habe Meinen Mund nicht geschlossen! Weißt du denn noch nicht, dass nur Ich allein auf jegliche Frage eine lebendig wahre Antwort zu geben vermag und will demjenigen, der Mich darum fragt?

[2.132.6] Doch Ich kenne dein Gemüt, so will Ich dir denn auch die Frage erlassen und dir eine gute Antwort geben auf das, darob du dich zeitweise schon von jeher gekümmert hast in deinem Herzen und dich jetzt umso mehr kümmerst, da du von der vor deinen Augen stehenden Erscheinung zu dem Ende noch mehr und lebendiger überzeugend bestärkt worden bist.

[2.132.7] Siehe, dich drückt die Vergänglichkeit der geschaffenen Dinge, darum du dich beständig grübelnd fragst: ‚Was wird denn aus dem Leib werden, so ich Geist und Seele ihn werde dereinst ablegen müssen?

[2.132.8] Warum darf und kann denn der Leib nicht mit dem Geist verschönert, verherrlicht und durch und durch lebendig dauerhaft für ewig vereint bleiben?‘

[2.132.9] Und da dich jetzt das plötzliche Zunichtewerden des Berges, die sichere Vergänglichkeit noch mehr vor die Augen gestellt, eben in dieser deiner alten Grübelfrage bestärkt hatte, so erschauerst du nun auch umso mehr, je öfter du hinblickst an den Ort, da erst vorgestern Morgen Adam in der prophetischen Meinung war, dass vor eben dem Berg, vor dem er als erster Mensch der Erde nun tiefseufzend trauert und weint, auch dereinst der Erde letzter trauern und vergehen werde.

[2.132.10] Da Ich aber jedoch ein besserer Prophet in der höchsten Fülle aller Meiner unendlichen Weisheit bin denn der damals ganz umsonst und ganz töricht trauernde Adam, so sage Ich dir fürs Erste, dass die damalige Vorsage Adams so gut wie ganz vollkommen leer war, aus dem Grunde hauptsächlich Ich auch bei dieser Gelegenheit diesem verhängnisvollen Berg ein Ende machte und somit auch der noch verhängnisvolleren Vorsage Adams!

[2.132.11] Was aber deine Gemütsfragen betrifft, so sage Ich dir fürs Zweite, dass sie noch um sehr vieles leerer sind denn die Vorsage Adams.

[2.132.12] Wie kannst du dir denn aber auch nur im Traume von einer Vergänglichkeit der Dinge etwas beifallen lassen?

[2.132.13] Glaubst denn du, ein Ding vergehe darum, so es aus deiner fleischlichen Augen trugvollster Sichtbarkeit tritt?!

[2.132.14] O du schwachsinniger Denker und Seher! Sind denn nicht alle Dinge nichts anderes als allein nur Meine durch die Liebe festgehaltenen Gedanken?

[2.132.15] Und die Geister aber freigestellte Ideen Meiner Liebe, darum sie alle haben einen freien Willen und ein freies für sich selbst abgeschlossenes Leben?

[2.132.16] Wenn Ich nun einen festgehaltenen Gedanken von Mir wieder freilasse, sage: ist er darum denn wirklich vergangen, wenn Ich ihn von den festhaltenden Banden der Liebe befreit habe und er nun wieder aufsteigt in den großen Kreis Meiner Geister, welche da gleich geformten Feuerflammen alle Unendlichkeit erfüllen?!

[2.132.17] Oh, Ich sage es dir, auch das erste Moospflänzchen, das der ersten Meeresklippe dieser Erde entspross, besteht und lebt sogar in diesem Meinem großen Kreis gar wohl noch fort, – und der Erde letztes wird dereinst dieses sein Vorurgroßväterchen brüderlich lebendig treffen!

[2.132.18] Also ist auch dieser Berg nur gelöst, aber nicht vernichtet worden, –

[2.132.19] und umso weniger wird das dereinst dieser dein Leib des Geistes!

[2.132.20] Wie er aber ist, kann er nicht bestehen in die Länge; wohl aber wird er nach und nach dem vollendeten Geist gereinigt wiedergegeben werden, wenn auch nicht in dieser Form mehr, so aber doch als ein ewig unzerstörbares geistiges Kleid.

[2.132.21] Darum soll auch niemand Frevel und Sünde treiben mit seinem Leib; denn der solches täte, der wird dereinst auch mit zerrissenen Kleidern im Geiste einhergehen müssen!

[2.132.22] Und so denn gibt es keine Vergänglichkeit der Dinge, wohl aber eine Löse derselben.

[2.132.23] Solches also verstehe wohl, und sei vollends ruhig! Amen.“

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