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58. Der fremde Flüchtling Asmahael

Am 4. Februar 1841

[1.58.1] Und siehe, nach allem dem aber beugte sich Enos nach dem Begehren Adams zur Erde und richtete den Schwarzhaarigen auf und bat darauf Adam und Seth um die Erlaubnis, vor der Abreise von diesem Punkt ein paar Worte aus seinem Anliegen aussprechen zu dürfen.

[1.58.2] Und es wurde ihm von allen Seiten gewillfahrt, dass er nur reden möchte, wonach ihm verlange.

[1.58.3] Und siehe, da verneigte sich Enos, dankte für die Erlaubnis und begann folgende denkwürdige Rede an alle zu richten, welche also lautete:

[1.58.4] „Väter und Kinder! Mir kam soeben ein großer Gedanke in meinen Sinn und haftet nun, ein bleibender Strahl eines heftigen Blitzes, in meiner stark erregten Seele: Ich habe einst geträumt – es war damals, als ich einmal überschlief den Aufgang, dass mir darüber ein kleiner Vorwurf zuteilwurde –, dass wir uns, eben wie jetzt, dahier befanden und betrachteten diese wunderbare Gegend und hatten recht viele Freude über unsere vielen Kinder, die wir eben auch zu einem bevorstehenden Sabbatsopfer einluden. Und siehe da, als wir uns eben so freuten, da kam eine stark leuchtende Gestalt in unsere Mitte, so dass wir uns alle entsetzten ob ihres starken Lichtes! Allein die Gestalt ließ uns nicht zu lange in unserer entsetzten Lage, und enthüllte sich bald vor unseren lichtgeblendeten Augen.

[1.58.5] O Väter und Kinder, diese enthüllte Gestalt war Ahbel und führte einen ähnlichen Menschen vor das Angesicht des Erzvaters und sprach mit gar sanfter Rede:

[1.58.6] „Höre Vater! Außer mir ist vom Kahin niemandem irgendetwas Arges begegnet, außer dass mein Leib für dich verlorenging. Siehe, ich habe dem Kahin von Herzen alles verziehen und habe das umso leichter tun können, da ich nie einen Groll auf ihn hatte. Und da er sich flüchtete in späterer Zeit vor seinem Sohn Hanoch und kam gen Mittag an das Gestade eines allergrößten Gewässers der Erde und da verschmachtete vor Hitze, Hunger, Durst und Furcht mit den sehr wenigen geretteten Seinigen, siehe, da kam ich mit der Zulassung des ewigen, heiligen Vaters eigenwillig hinzu, offenbarte mich ihm, fand ihn in Tränen großer Reue, dass er mich bis ins Innerste dauerte, lehrte ihn dann einen wasserdichten Korb flechten und führte ihn und die Seinen dann über die Wogen in ein fernes, fruchtbares und sicheres Land.

[1.58.7] Und ich tat desgleichen noch mit mehreren seiner Nachkommen aus Hanoch, die eines besseren Sinnes waren.

[1.58.8] Doch nie getraute ich mich, auch nur einen aus Hanoch, der großen Stadt Kahins, zu dir, o Vater, zu führen; denn ich kannte wohl deinen gerechten Zorn über das Haupt Kahins. Doch aber wusste ich auch, was der Herr zum Kahin geredet hatte, da dieser über die weite Erde floh voll bitterer Reue, da Er ihn versicherte, sagend: Wer da Kahin totschlüge, soll siebenmal gerochen werden!

[1.58.9] Nun aber bringe ich dir auch nach dem Willen Jehovas einen Gott suchenden Flüchtling aus der Tiefe; daher gebe ihm, was er sucht, und nehme ihn in aller väterlichen Liebe auf; denn auch in seinen Adern kreist dein Blut!

[1.58.10] Erwecke ihn mit deinem Segen, und der Herr wird deine Kinder erwecken, auf dass sie dann predigen möchten Seinen Namen gar wunderbar zur möglichen Rettung der Erde den Kindern in der Tiefe.

[1.58.11] O Väter und Kinder! Und so sehe ich nun denselben Menschen unter uns, wie ich ihn damals sah, und sah auch soeben den leuchtenden Ahbel verlassen diese Stätte, und der Henoch sah es wahrlich auch, darum er schweigsam war. Und so ist mein Anliegen zu Ende. Denkt und tut, was euch wohlgefällt! Amen.“

[1.58.12] Und Henoch beteuerte alsogleich die Aussage des Enos mit einem: „Ja, es war und ist also!“

[1.58.13] Und siehe, da aber der Adam solches vernommen hatte, so ward er ganz erstaunt und fragte begierig: „Wo ist Ahbel gestanden?“

[1.58.14] Enos und Henoch aber zeigten gleichzeitig ein und dieselbe Stelle an, und so glaubte ihnen Adam fest, da sie sich nicht geirrt hatten in der gleichzeitigen Bezeichnung der Stelle, da Ahbel gestanden hatte seine Treue und Liebe vor Adam.

[1.58.15] Nach dem aber ließ er sich noch von jedem insgeheim bezeichnen die Gestalt Ahbels; und da die Bezeichnungen auch in diesem Punkte übereinstimmten und gar wohl beschrieben dessen Gestalt, da blieb dem Adam kein Zweifel übrig, die volle Echtheit dieses Gesichtes alsogleich anzunehmen.

[1.58.16] Und auf diese Art überzeugt, rief nun Adam freudig aus: „O Ahbel, was du mir bringst, nehme ich auf, und wäre es Kahin selbst!

[1.58.17] Daher bringt ihn her zu mir, den schwachen Schützling Ahbels, auf dass ich ihn segne und ihn aufnehme in unsere Mitte und ihm zeige in mir der Erde ersten nicht geborenen, sondern unmittelbar aus der allmächtigen Hand der ewigen Liebe hervorgegangenen Menschen und die Mutter aller Menschen, die aus mir hervorging, und endlich Den, von dessen Größe, Macht, Heiligkeit und Liebe alle Ewigkeiten und wesenvolle Unendlichkeiten treulich zeugen wie wir alle, da uns gegeben ward ein ewiger Geist aus und von Gott Selbst!“

[1.58.18] Nach dem brachten sie ihm den Schwarzhaarigen hin, und Adam rührte ihn an und segnete ihn dreimal und fragte ihn um seinen Namen. Dieser aber sprach: „O großer, erhabener Erstling Gottes, des großen Königs der Erde, du weiser Vater aller Väter der Erde, verzeihe mir armem Flüchtling aus der Tiefe, der ich an der Hand einer lichten Gestalt, den tötenden Händen Lamechs entrissen, hierher geführt wurde! Siehe, ich habe keinen Namen; denn ich war nur ein arbeitender Sklave, und diese haben in der Tiefe keinen Namen, sondern werden allda gerufen gleich den Tieren durch leeres, unartikuliertes Geschrei. Sie dürfen die Sprache nur verstehen, aber nicht reden; wer da je möchte einen verständigen Laut über seine Zunge bringen, der würde darum alsogleich seine Redelust mit dem grausamsten Tode bezahlen müssen!

[1.58.19] Daher zürne nicht, dass ich armer Sklave dir nicht geben kann, was du von mir verlangst; denn siehe, in der Tiefe geht es gar grausam zu, und es gibt wohl keinen mehr, der da seines Lebens sicher wäre. Denn wohin sich jemand nun fliehend wenden möchte, so wird er alsobald eingeholt von Lamechs Häschern und Kriegsknechten; und da er gefangen wird, wird er auch ohne alle Gnade und Erbarmen auf das Grausamste getötet!

[1.58.20] O du großer Vater der Väter der Erde! Da unten geht es also zu, dass die daselbst verübten Gräuel keine menschliche Zunge zu erzählen vermöchte. Die grausame Tötung der arbeitenden stummen Sklaven ist wohl das Allergeringste noch; denn es kann doch noch mit einem Namen bezeichnet werden. Aber es werden da auch namenlose Gräuel verübt, – doch solche dir zu erzählen, werde ich wohl niemals wagen, damit dadurch die Höhen nicht entheiligt werden möchten! Amen.“

[1.58.21] Als aber der Adam mit seinen Kindern solche Erzählung von dem Namenlosen vernommen hatte, da entsetzte er sich gewaltig und wollte schon einen Fluch über die Tiefe aussprechen, allein der Namenlose fiel ihm ins schwere Grimmwort, sagend:

[1.58.22] „O halte zurück dieses unheilschwere Wort, du guter Vater der Väter der Erde; denn höre! Die da unten stehen nicht an auf deinen Fluch; denn die haben des Fluches in großer Überfülle. Lamech genügt der ganzen Erde; denn so der große König über den Sternen Seinen bittersten Fluch über die Erde donnern möchte, so brauchte Er der Erde nur noch einen Lamech zu senden, und du, o Vater der Väter der Erde, kannst versichert sein, dass, ehe die Sonne hundertmal auf- und niedersteigen möchte, die Erde außer dem Lamech kein lebendes Wesen belästigen würde!

[1.58.23] Daher, o Vater der Väter der Erde, darüber du fluchen wohl möchtest, o höre, da segne die fluchschwer belasteten Tiefen der Gräuel du lieber; denn so du noch mehren da möchtest mit Flüchen den finsteren Boden der Gräuel, dann wehe, dann wehe den armen und stummen Arbeitern der Tiefe!

[1.58.24] Ihr reichlich vergossenes Blut schreit schon ohnehin gleich den brausenden Stürmen hinauf zu den Sternen um Rache; und wenn du dazu auch der Tiefe wohl fluchen noch möchtest, dann möchten bald blutige Wogen die heiligen Spitzen der Berge umspülen!

[1.58.25] O Vater der Väter der Erde, da segne, o segne, wo rechtlich fluchen du möchtest! Amen.“

[1.58.26] Und siehe, als der Adam solche Bitte vernommen hatte, ward er gerührt und lobte den namenlosen Jüngling und fragte ihn: „Höre, du armer Sohn aus dem Blute Kahins! Da du in der Tiefe nicht reden durftest, woher hat deine Zunge beinahe Kenans Beugsamkeit erlangt?

[1.58.27] Denn du sprichst, als wenn du schon von jeher unter uns ein geweihter Sänger Gottes gewesen wärest; und so sind deine Worte wohl gemessen und fassen allzeit den rechten Sinn. Sage mir getreu, woher dir solches geworden ist!“

[1.58.28] Und siehe, alsbald ermahnte sich der Namenlose und antwortete: „O Vater der Väter der Erde! Danach du fragst, dich staunend ob meiner gelösten Zunge, des freut sich mein jugendlich Herz, sich zu rühmen vor dir als dem Vater des weisesten Lehrers!

[1.58.29] O sehe und höre: Der Lehrer, der solches gar weise zu reden mich lehrte, war jener, der treu mich hierher vor dich, Vater der Väter, geleitet! Du kennst ihn und hast ihn schon eher denn die, so dich treulich hier horchend und wartend umgeben, gekannt: es war Ahbel, dein leuchtender Sohn, der, von höherer Liebe durchlebt, mir löste die stockende Zunge, damit ich zu reden vermöchte der Wahrheit gar seltene Formen vor dir wohlgefällig, wie auch vor all deinen von Gnade und Segen erfüllten Nachkommen.

[1.58.30] O Vater der Väter der Erde, nun weißt du alles, das ehedem fremd dir mocht’ klingen; o lasse daher mich, den armen und fremden Entflohenen der Tiefe, allhier auf den heiligen Höhen, zu suchen in eurer Mitte denjenigen mächtigen Herrscher voll Recht und voll Güte, von dem all die Sterne, der Mond und die Sonne so wunderbar zeugen!

[1.58.31] O Vater der Väter der Erde, sprich liebevoll Amen!“

[1.58.32] Da aber der Adam solche Rede vernommen hatte, ward er dermaßen gerührt, dass er kein Wort zu reden vermochte, und seine Augen schwammen in freudig mitleidigen Tränen.

[1.58.33] Endlich aber überwand sich Adam und sprach voll Rührung zum Namenlosen: „Höre, du lieber Fremdling aus der Tiefe der Gräuel, wenn es also mit dir steht, wie du mir durch deine Zunge bestätigend kundgegeben hast, dass ich es nimmer zu bezweifeln vermag, dass es nicht also wäre, wie du es aussagtest, und dir dadurch schon Gott wunderbar eine gar große Gnade erzeigt hatte, so ist es ja wohl füglich, dass wir, dessen Kinder, nicht anders handeln werden an dir, wie unser aller großer, heiliger Vater an dir in Seiner unendlichen Erbarmung gehandelt hatte; und so geschehe dir, wonach dein Herz dürstet.

[1.58.34] Und siehe hier an meiner rechten Seite den ebenfalls sehr jungen Henoch! Siehe, der ist nun ein gesegneter Redner Gottes; der soll nun dein fernerer Lehrer in Gott, unserem liebevollsten Vater und Herrn der Unendlichkeit, werden!

[1.58.35] Und da du ferner keinen Namen hast, so will ich dir einen Namen geben, danach du ‚Asmahael‘ heißen sollst, das ist ‚ein getreuer Fremdling, suchend Gott‘! Denn hier muss jedes Ding seinen Namen haben und jede Handlung ein Wort und wohl bezeichnet sein jede Beschaffenheit und innehaftende Eigenschaft, und wie, wann, wo, warum, wodurch etwas ist und geschieht, muss da bezeichnet sein genau; daher kann ein Mensch um desto weniger ohne Namen umhergehen.

[1.58.36] Es muss aber jeder Name genau entsprechen dem, der ihn empfing; wer aber einen Namen empfangen hatte, der soll treu demselben leben, sonst ist er ein Lügner, da er nicht handelt, danach sein Name lautet. Und so du nun einen Namen hast, so erkenne zuerst denselben, und handle getreu danach, sonst wirst du ein Lügner im Angesichte Gottes und aller Seiner Kinder werden und wirst zuschanden werden vor jeglichem Stäubchen, das da allzeit entspricht seinem Namen.

[1.58.37] Und so segne ich dich noch einmal und sage dir: Asmahael! Ich, Adam, der erste Mensch, der auf dieser Erde hervorging aus der Hand Gottes, des ewigen, heiligen, liebevollsten Vaters, segne dich gleich meinen Kindern, darum du ein treuer Träger sein sollst deines Namens!

[1.58.38] Und so reiche ich dir meine Hand und erhebe dich herauf zu meinen Kindern.

[1.58.39] Und nun, meine Kinder, folgt meinem Beispiel, und werdet dessen Väter, und du, lieber Henoch, werde sein Bruder und Lehrer!

[1.58.40] Du, Jared, aber sollst ihn beherbergen für immer anstatt des Henoch, der da ein Einwohner meiner Hütte geworden ist.

[1.58.41] Der Herr eröffne dir dein Herz und alle Sinne deiner Seele zum ewigen Leben deines Geistes in Gott! Amen.“

[1.58.42] Darauf fiel Asmahael alsogleich zu den Füßen Adams nieder, küsste dieselben und dankte überlaut für die so große Gnade, die ihm da zuteil geworden war in der Höhe Meiner Kinder; denn er fing auch alsobald in sich die Wirkung des Segens zu gewahren an, darum er denn auch also zu jubeln anfing, sprechend:

[1.58.43] „Asmahael, gar ein herrlicher Name, den ich wohl unwürdig zu tragen noch bin; doch der Meinung bin ich, dass ein Name, im Anfang gegeben, dem treuen Empfänger gesetzlich die Pflicht, diesen heiligen Richter (ein großes, lebendig Gebot) auferlegt, demselben zu folgen, soweit die Erkenntnis nur immer den Pfad mag eröffnen. Und müsste da jemand der Sonne und Sterne gar ferne gelegene Bahnen verfolgen als Träger des bindenden Namens, so müsste er’s freulich und treulich erfüllen, darum ihm die Gnade so groß ist geschehen, – und wäre selbst höher gestellt die gnädige Ford’rung des heiligen Namens! O Vater der Väter der Erde, für den, der gar oft mit dem Tode zu ringen genötigt wurde, o hört, für den ist dem Weg des ewigen Lebens zu folgen fürwahr nicht beschwerlich; und so man im finstersten Schlamm der Gräuel der Sünde stets kämpfend sich elend den Weg musste bahnen zum sparsamsten Licht und einem noch kargeren Leben, das öfter im zartesten Keim erdrückt vom finstersten Zweifel schon wurde, – o hört, wie leicht ist dagegen zu folgen dem leuchtenden Weg lebendig zum Leben!

[1.58.44] O herrlicher Name ‚Asmahael‘, schönster, mich leitender Stern da hinauf zu den ewigen, heiligen Höhen des Lichts und des Lebens; o hört, umsonst wird der Fremdling nicht tragen nun ein solcher Gnade so heiliges Geschenk, amen, amen, da sage ich amen!“

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