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27. Farak entlarvt das Ränkespiel der übrigen Fürsten

[1.27.1] Ich will nicht gedenken der Misshandlungen, die bei einem solchen Bau stattfanden, sondern Ich will euch zur Hauptsache leiten. Als nun die Städte vollends erbaut waren, da traten die zehn Fürsten zum Hanoch und sprachen: „Hanoch, du großer, erhabener Gott aller Macht und Kraft (NB. obschon er schon schwächer war denn eine Mücke und gar keine Macht mehr besaß) und allergrößter Herr aller Gerechtigkeit (NB. welche nichts als Dieberei, Hurerei, Betrügerei, alles Böse, Gefühlskälte, Schlangenbrut, Grausamkeit, Lüge, Schmeichelei und Frevel allem zugrunde hatte). Siehe, dein Volk ist groß geworden unter der allerweisesten Führung deiner grenzenlosen, unbegreiflichen und unerforschlichen Gerechtigkeit (NB. Das war wahrhaft eine grenzenlose, für ihn ganz unbegreifliche und noch mehr aber noch gänzlich unerforschliche Gerechtigkeit) und hat sich ausgebreitet im ganzen, weiten Land deiner göttlichen Herrlichkeit und kann daher nicht mehr übersehen werden von dieser deiner hohen Wohnung, und wenn wir sie aus den Augen ließen, so würden sie dann tun, was sie wollten; ja, sie könnten sich sogar so weit verirren, dass sie statt dich, dem doch nun alleinig alle Anbetung gebührt, wieder den alten Gott Kahins anzurufen und anzubeten anfingen, und es könnte diesem alten Gott doch wieder einfallen, irgendjemanden von ihnen zu erhören und ihn mit einer unbesiegbaren Macht auszurüsten, da er dann ein großes Volk um sich sammeln, über uns herfallen und uns endlich sämtlich vernichten möchte. (NB. Solche Besorgnisse geziemen sich sehr wohl für einen so mächtigen Gott.)

[1.27.2] Und wir hätten endlich auch der gerechten Diener nicht genug, die da überall hingingen und die Früchte abnähmen und sie brächten hierher; und am Ende würden diese Diener uns überlisten auf dem Wege und würden verzehren am Ende selbst, was für dich nur, o großer Gott, die Erde gehorsamst hervorgebracht hatte.“ (NB. Also auch Furcht, zu verhungern, fing den großen Gott an zu quälen?)

[1.27.3] Und siehe, da wurde Hanoch sehr verlegen und wusste nicht, was da zu tun sein werde, da er von allem dem zuvor nichts erfahren hatte, wie sehr sich sein Volk vermehrt hatte. Endlich aber erhob er sich und sagte mit einer kreischenden Stimme voll Furcht: „Wie wär’s denn, wenn wir sie nach und nach, die Zuvielen, umbrächten und töteten und setzten sie auf die erste Zahl der Schwäche und Mutlosigkeit?! Was meint ihr, meine Getreuesten?“ (NB. Ein schöner Vorsatz für die göttliche Gerechtigkeit.)

[1.27.4] Und siehe, da sprachen die zehn: „O allergerechtester Gott, bedenke, was möglich und was unmöglich ist! (NB. Der allerweiseste, mächtigste und gerechteste Gott musste sich also auch von seinen Dienern über das Mögliche und Unmögliche belehren lassen.) Denn siehe, fürs Erste würden sie in großen Massen über dich und uns herfallen und uns allesamt vernichten, so wir nur einen erschlügen, und fürs Zweite bedenke des Gefäßes über den Sternen, davon uns der Kahin oft erzählt hatte, und so wir Gräuel zu üben werden anfangen, was da geschehen wird!“ (NB. Also hatte der große, mächtige Gott doch noch Furcht vor dem alten Gott?)

[1.27.5] Und siehe, da sprach der Hanoch zu ihnen: „So hört denn und vernehmt meinen Willen, der da lautet gewaltig: Jeder von euch, meinen zehn getreuesten Dienern, beziehe eine der zehn Städte und herrsche und regiere in meinem Namen und gebe Gesetze nach der rechten Einsicht und Erkenntnis und halte auf die genaueste Befolgung derselben genau und strenge! So jemand von euch je nachlassen wird im gerechten Eifer, über den werde ich setzen den, der der Getreueste und Eifrigste von euch war. An der Einbringung der Früchte werde ich euch erkennen! Der erste, der da bringen wird die Gaben als rechte Gebühr für meine heilige Majestät, der wird auch das Lob der Gerechtigkeit als erster ernten, und ich werde das wenige von ihm annehmen, als wäre es vieles; die späteren aber werden müssen bringen vieles, und ich werde es annehmen, als wäre es nur weniges, da ich daraus deren Trägheit bemessen und ihren Handlungen ein gerechtes Lob oder einen gerechten Tadel werde zukommen lassen; und der letzte aber wird übergeben werden dem ersten, damit er sich bessere im Eifer und in der Strenge aller gerechten Sachen. Denn die strenge Gerechtigkeit ist das einzige Fundament eines Reiches, welches wir haben und besitzen ganz zu eigen.

[1.27.6] Das ist mein gerechter und gestrenger Wille, der ich bin euer Gott und Herr, da ihr keinen anderen haben könnt und auch nicht sollt mit allen den freien und dienstbaren Untertanen. Es hat wohl einmal irgendeinen alten Gott gegeben, der auch sehr mächtig war, solange er gerecht war; aber er soll dann die Gerechtigkeit haben fallen lassen und tat den Übeltätern Gutes wie den Gerechten aus einer gewissen Liebe, ähnlich unserer Regung zu den schönen Weibern, und hat sich dadurch gänzlich zugrunde gerichtet und ist nun nicht mehr.

[1.27.7] Daher bin ich nun an dessen Stelle jetzt, wie ihr mich seht; daher wird auch das Anrufen dieses alten Gottes sehr wenig nützen, da er nirgends und nichts mehr ist. Daher habt ihr euch in allen Angelegenheiten an mich zu wenden, dem nun alle Macht und Gewalt innewohnt! Amen.“

[1.27.8] (NB. Solche und noch viel ärgere Schilderungen muss ich heutzutage von vielen Hunderttausenden über mich hören, die ihren baren Unverstand durch ihre allerfinsterste Vernunft – ein Vermögen aller Tiere durch ihre scharfen Sinne – auf Meinen Thron setzen und so sich selbst anbeten und sich derzeit nicht mehr ‚Götter‘ – da ihnen dieser Name zu gemein und läppisch niedrig klingt –, sondern ‚Philosophen‘ oder ‚Weltgelehrte‘ und noch ‚Gelehrte‘ oder ‚Doktoren‘ aller Art nennen. Diese, allerfinsterster Art, wollen Mich sogar zwingen, zu ihnen erst in die Schule zu gehen, so Ich wollte ein Gott dieser so gar sehr aufgehellten Zeit den Übergelehrten sein; Ich sage aber, dass ein Regenwurm vernünftiger ist denn sie, obschon er nur einen Sinn hat. Ich sage, diese werden bald die allergrößten Augen machen und doch nicht mehr sehen denn eine Wühlmaus in der Erde und mit gespitzten und sehr langen Ohren nicht mehr hören denn ein Fisch im Wasser, da er keine Stimme, so auch kein Gehör hat.)

[1.27.9] Und siehe, das war den zehn Fürsten gerade ein gutes, unversiegbares Wasser auf ihre Mühle; denn da war ihren innersten Wünschen der Hanoch zuvorgekommen und gab ihnen ein strenges Gebot, was ihnen gerade recht war. Denn jetzt erst waren sie wie gemacht, berechtigt, jeden nur erdenklichen Unfug zu treiben und zu betrügen das Volk und ihren dummen Gott.

Am 15. Mai 1840

[1.27.10] (Und nun siehe: Als somit der Gott Hanoch seine Rede vollendet hatte, entließ er diese seine zehn Diener. Diese aber gingen, dem Anschein nach tief ergriffen von einer so gewaltigen Rede; in ihren Herzen aber waren sie über die Maßen fröhlich über die große Torheit Hanochs, da sie meinten, dass er aus allerlei Furcht und Besorgnissen ihnen ihren eigenen Willen zum strengen Gesetz gemacht hatte und am Ende selbst überzeugt zu werden anfing, dass er ein Gott sei. Allein über den letzten Punkt irrten sie sich gewaltig; denn der Hanoch wusste bei sich gar gut, dass er kein Gott war, da ihm seine Schwäche und gänzliche Erschöpftheit nur zu deutlich zeigten, welche Bewandtnis es mit seiner Gottheit hatte!

[1.27.11] Aber er wollte nur die anderen in der groben Blindheit erhalten und befestigen und Gott sein des Gewinnes wegen und dachte: „Den Blinden ist gut predigen; denn die unterscheiden nicht schwarz und weiß und halten den Tag für Nacht, und so umgekehrt.“ Allein hierinnen irrte auch er. Und so war zwischen ihnen ein wahres Narrenverhältnis, da immer einer den anderen für den Dümmeren und Größeren hält.

[1.27.12] Und als sie nun wieder in ihrem Gemach zusammenkamen, da fing der Kad an, eine Rede an alle zu richten, und sagte: „Nun, ihr meine Brüder, die wir noch den Kahin zu unserem Vater haben und haben gesehen den Erzvater Adam und die Erzmutter Eva, die nicht kennt und nicht gesehen hat der Hanoch, noch je sehen wird den Adam. Seht, Kahin, unser Vater, war ein Übeltäter, wie keiner je von uns es war und je sein wird, und da er sich an den Gott Adams gewendet hatte, so gab ihm Dieser, was er wollte.

[1.27.13] Nun, was brauchen wir denn mehr?! Wir wissen und sind Augen- und Ohrenzeugen dessen großen Taten; somit wissen wir, wo der große Machthaber wohnt! Tun wir, was der Kahin tat in der Not, auch im Überfluss, – und seid versichert, es wird sich bald weisen und zeigen, wer der eigentliche Herr im Land der Tiefe ist! Errichte daher ein jeder von uns diesem Gott einen Opferaltar und opfere Ihm da die Früchte des Landes, und die Macht darob wird nicht unterm Wege bleiben; und dann wird Hanoch, der Narr, lange gut warten können auf die Majestätsgebühr seiner eingebildeten Heiligkeit von uns, die wir Adam gesehen haben und die Eva.“

[1.27.14] Und siehe, als der Kad beendet hatte seine Rede, da erhob sich Kahrak und sprach: „Brüder, wenn es so ist, da haben wir ja eine gewonnene Sache! Seht, was mich anbelangt, so stimme ich vollkommen dem Kad bei; müssten wir denn nicht Narren sein, größer denn ganz Hanoch, so wir Mächtigeren ihn füttern sollen für nichts als zur Bestärkung seiner Narrheit und ihn mästen auch noch dazu, damit er noch geiler würde, zu beschlafen unsere schönsten Weiber, und so sie ihm nicht mehr schmeckten, wir uns, wie ihr alle wisst, erst noch eine außerordentliche Gnade daraus machen sollen, wenn er einem eine überlässt?! Da glaube ich, wir behalten die schönsten für uns! Die weniger schönen geben wir unseren Dienern; die übrigen sollen ein Eigentum sein unserer Untertanen, und der Hanoch kann dafür ein Blutlecker seiner eigenen Töchter werden und die Schande schmecken aus seiner eigenen Faust und mager werden wie das Bein eines Bockes und essen mit den Kälbern und trinken mit den Vögeln. Und wie er tat mit unserem Vater, warum sollen wir ihm nun nicht ein Gleiches tun? Hat er sich auch Dinge vorbehalten, was zu tun vergaß der Vater Kahin und musste fliehen, da er doch sein Vater war wie der unsrige – und seht, er ist uns nur ein dummer Bruder; was soll uns denn nun hindern, ihm zu entgelten die Flucht Kahins? Seht, das ist meine Meinung, vorteilhaft für jeden von uns, da ich von meiner Seite tun werde dem alten Gott, wie es Kad für recht und wirksam sehr weise fand.“

[1.27.15] Aus allen ertönte nur ein einstimmiges Einverständnis auf die Rede Kahraks, worauf sich Nohad erhob und zu reden anfing, sagend: „Ihr kennt mein Amt und Fach, dem ich nach dem Willen Hanochs vorgestanden habe mit aller Treue, allem Fleiß und Eifer! Doch frage ich euch alle, was ich davon durch die lange Zeit gewonnen habe, so wird mir gewiss jeder von euch die Antwort geben: Nichts weiter und mehr als nichts! Das heißt: Ich half dem größten Betrüger betrügen und war somit selbst ein betrogener Betrüger; ich musste seines Heucheltruges wegen vor der Menge schlecht leben, mir öffentlich – bloß einer dummen Scheinheiligkeitsmeinung halber – als allerstrengster Rechtlichkeitspfleger jeden heiteren Genuss versagen, um dafür geheim statt eines Lobes und einer unsichtbaren Entschädigung und Entgütung für öffentliche Unbilden von seiner unbegreiflichen Narrheit noch die allerderbsten Verweise und Drohungen aller Art zu empfangen. Ihr alle habt es leichter gehabt und konntet tun nach eurem Vergnügen vieles, was zu tun mir unmöglich war, da ich gerade an der Spitze seiner rechtlichen Narrheit stand und musste tun und in genaue Ausführung bringen jeden seiner tollsten und verabscheuungswürdigsten Wünsche, damit sie dann durch meine gezwungene Heuchelei, worauf ich mich wohl verstand – oder eigentlich verstehen musste –, irgendeinen rechtlichen Anstrich bekamen, wofür ich dann als rechtmäßiger Betrüger mich der Vollgültigkeit meines Betruges wegen wieder habe müssen betrügen lassen, und das dreifach: zuerst von Hanoch des Rechtes wegen, fürs Zweite von mir selbst des Volkes wegen, und fürs Dritte vom Volk und euch allen des Hanoch wegen. Ich glaube, euch einen hinreichenden Grund meiner vollsten Unzufriedenheit an den Tag gelegt zu haben und dadurch auch meine Truggestalt vor euch zu den Füßen. Und nun urteilt selbst, ob ich etwa unrecht habe, wenn ich aus Dankbarkeit für solche Anerkennungen den dreifachen Betrug von mir nehme und ihn so mit aller Gewalt auf Hanochs Haupt hinschleudere, da ich ihn enthüllen werde vor dem Volk. Und er möge dann hernach sehen, wohin seine Gottheit den Lauf richten wird, und soll ihr nachrennen wie ein Hinkender einem Hirsch. Und somit will ich auch tun, was der Kad für gut fand, und will den Rat Kahraks in die genaueste Ausführung bringen, und meine Abgaben sollen unschädlich sein seinen Augen, und das Getrabe meiner Kamele wird nicht belästigen sein Ohr. Und so nehme ich Besitz von der Stadt meines Namens.“

[1.27.16] Und siehe, da sagten die Übrigen: „Nohad hat vollkommen gut geredet, und so tue er auch rechtlich und gut.“

[1.27.17] Darauf erhob sich Huid und bog den Ton seiner Brust wie einen Blitz in die arge Versammlung und sprach heftiger denn alle übrigen, sagend: „Hört mich wohl an, Brüder und Söhne Kahins, des Geächteten, und versteht jedes meiner Worte von großer Bedeutung!

[1.27.18] Wer vermöchte alle die Blutstropfen zu zählen, welche durch meine starken Hände nach den Urteilssprüchen Nohads, des Betrogenen, aus den Rücken und Lenden des armen und schwachen Volkes, die so gut wie Hanoch und wir Nachkommen Kahins sind, geflossen sind nicht etwa der Übertretung irgendeines Gebotes wegen oder irgendeiner Faulheit oder auch nur der allergeringsten scheinbar strafbaren Ursache wegen, sondern bloß, wie ihr alle wisst, rein nur ihm zum Vergnügen und Zeitvertreib, nicht zu gedenken jener Misshandlungen beim Bau all der Städte, – so zwar, dass es mir gänzlich unbegreiflich ist, wie diese Armen noch das Leben haben erhalten durch diese schon so lange Marterzeit. Er wusste uns bei jeder Gegenvorstellung die Gebrechlichkeit des bewussten Gefäßes über den Sternen vorzuhalten und vergaß gänzlich dessen unter der Erde!

[1.27.19] Aber ich frage euch alle nach Recht und Billigkeit, ob es dem Volk nicht besser ginge unter den Trümmern des Gefäßes als unter unseren beständigen Hieben von zähen Ruten, harten Knitteln und festen Prügeln! Und sagt, was hat er denn fürs Gefäß der Liebe unter der Erde getan? Ich glaube, außer den zahllosen Blutstropfen unserer Brüder wird sich wenig darinnen befinden! Und hätten wir listigerweise die Regierung nicht an uns gebracht, hätte er nicht auch einen um den andern gewiss angefangen töten zu lassen als Gott des Gräuels?

[1.27.20] Wir selbst mussten grausam sein, dieweil wir noch seine Diener waren, um ihm jeden Verdacht zu ersparen. Allein die Städte sind nun erbaut, das Volk ist verteilt, die Macht ist unser wie die neue Anerkennung des alten Gottes und das Ihm gelobte Opfer; was brauchen wir noch mehr? Gehorchte uns das Volk, so wir es misshandelten, so wird es uns gewiss nicht untreu, so wir dessen geschlagenen Wunden heilen wollen und werden durch weisere und mildere Gesetze als durch diese der schwarzen Grausamkeit. Seht, ich bin böse genannt; aber ich möchte hier eine große Frage setzen: wer eigentlich böser ist, ob ich, ob Hanoch, oder die Schlange Kahins? Ich glaube, der Hanoch ist ein Meister aller Bosheit, und die Schlange muss all ihre Brut in sein Herz gelegt haben; sonst wäre nicht möglich, zu gedenken solcher Grausamkeiten von einem Bruder an seinen Brüdern durch seine und der Brüder Brüder!

[1.27.21] Daher glaube ich, wir machten ihn uns selbst untertänig und dienstpflichtig und ließen ihn nach und nach entgelten vom Volk seine Grausamkeit mehrfältig statt der Majestätsgebühr; und so kann er dann den rechtlichen Tribut auf seinen eigenen Rücken nehmen und tragen, wohin er will.“

[1.27.22] „Recht und weise ist deine Rede, Bruder Huid“, sprachen die Versammelten, „und dem Hanoch geschehe das nach deiner Rede, welche uns alle traf in die Mitte des Auges, das da oft geschaut hatte seine großen Frevel.“

[1.27.23] Und siehe, da erhob sich der Hlad und sprach in bündiger Kürze: „Brüder, ihr wisst, wie ich gefühllos gegen alles sein musste, um gewisserart das strenge Recht zu personifizieren oder die willkürliche Grausamkeit Hanochs als unerbittliches Recht darzustellen, und musste daher zu allen diesen seinen bösen Spielen gleiche billigende Miene machen. War ich auch nicht der Schläger selbst, so war ich doch der Aufseher dabei und musste zählen die Streiche Huids und aller Helfershelfer dessen und sie dankbar überbringen allzeit dem Hanoch. Seht, damals musste ich gefühllos scheinen, da ich es nicht im Geringsten war; nun will ich mich umkehren, wie ihr seht! Gegen Hanoch will ich sein, was ich so oft zu sein scheinen musste dem Volk, unseren Brüdern; und den Brüdern aber will ich sein warm, ein kalter Entgelter ihrer von Hanoch erlittenen Unbilden an Hanoch selbst. Meine Treue gegen ihn sei kalte Vergeltung, und mein Fleiß soll mich machen zum Ersten unter euch, und die Stimme seines Lobes soll ins Heulen und Brüllen verwandelt werden und soll werden zu einem Ohrenschmaus den so oft Misshandelten; und mit den Blutstropfen seines Rückens sollen sich die bleichen Gestalten ihre Wangen röten!

[1.27.24] Da ich sonst mit euch allen vollends einverstanden bin, so glaube ich, dass mein Urteil kein unrechtes ist, so ich handle nach meinem Gefühl, das lange genug wie starr zusehen musste all den Gräueln und Freveln Hanochs. Denn wer Gefühl und Empfänglichkeit hat für Schmerz und Qual, der hat es gewiss auch fürs Wohltun; das habe ich gesehen zahllos oft. Daher lasst uns in der Zukunft regieren durch Wohltun. Dem, der da täte Übles, dem geschehe nach Maßgabe seiner Tat mit Nachsicht, da er auch ein Bruder ist; dem Gehorsamen und Wohltäter aber geschehe Gutes zehnfach. Und dann erst werde dem alten Gott ein würdig Opfer dargebracht, das Ihm gewiss wohl gefallen wird, so wir Ihm das wiederbringen, was Kahin und Hanoch für uns alle so frevelnd leichtsinnig verloren haben.“

[1.27.25] Und siehe, da erhoben sich alle und verneigten sich gegen Hlad und sprachen: „O Bruder! Von uns allen ist dein Urteil das richtigste; du bist am nächsten den Kindern Adams. Daher sollst du uns ein Muster sein, nach dem wir alle unsere Verfügungen ordnen und richten werden und auch fest wollen.

[1.27.26] Das warme Blut der armen Brüder hat geschmolzen das Eis um dein Herz, und nun bricht eine Fülle der Wärme aus demselben hervor; darum handle in dieser Wärme, und erwärme uns alle mit deinem Überfluss!“

[1.27.27] Und siehe, es erhob sich auch der Uvrak und sprach: „Brüder, seht und hört! Alle eure Urteile sind richtig, recht und gerecht, aber das des Hlad ist nach meiner scharfen Erkenntnis das einleuchtend richtigste. Und somit bin ich bis auf eines ganz seiner Meinung, und dieses eine ist von großer Wichtigkeit, die da ist: Große, vorsichtige Schlauheit in allem, was wir nur immer unternehmen. Denn seht: Rechttun, wohltun, richtig und rechtlich urteilen, gerechte Vergeltung, eine sichere Ordnung, – das sind Dinge, die von großem, öffentlichen Nutzen sind fürs Volk sowohl, als auch für uns alle; und alle diese Dinge langen aus zwischen uns und dem Volk. Aber nun wissen auch alle freien Bürger der Stadt Hanoch, dass wir Fürsten und Hanoch für diese Dummköpfe ein wahrer Gott ist, was sich nun keiner von ihnen, um tausend Prügel nicht, wird nehmen lassen; und mehr als alle diese Freien ist all unser Volk in diesem Wahn gefestet.

[1.27.28] So wir nun aber alsogleich unsere Hände an Hanoch legen, so werden wir dadurch sie alle gerade auf uns hetzen; und so der Hanoch hinzutreten würde in ihre Mitte und ihnen erläutern würde, dass wir ihm die Hände gebunden haben, damit er nicht hätte abwehren können unsere Misshandlungen, die wir an ihnen verübt haben, – so dieses geschieht, fällt das Volk über uns her, und wir gehen zugrunde unter der Last der Massen.

[1.27.29] Daher ist List und große, vorsichtige Schlauheit unumgänglich nötig, wenn wir unsere Pläne durchsetzen wollen, damit die Sache uns kann nütze werden. Da ich nun sein geheimster Ratgeber war in allen Sachen, so weiß ich auch am besten, wie die Sachen stehen. Daher ist meine untrügliche Meinung diese: Dem Hanoch wenigstens drei Jahre lang den verlangten Tribut scheinhalber zu entrichten, unterdessen das Volk gut halten, damit es uns anhänglich werde, und dann öfter die Tüchtigeren an Verstand belehren über das nichtige Wesen Hanochs und über alle seine Betrügereien und allergröbsten Anmaßungen, ihnen zeigen Spuren des alten Gottes und ihnen dazu noch begreiflich machen, wie von uns alles, so hart es auch sein mochte, nur darauf angelegt war, sie endlich aus dem harten und schweren Joch Hanochs als Brüder zu retten, und dass dieses jetzt hatte geschehen müssen, denn sonst wären sie alle sämtlich umgebracht worden.

[1.27.30] Ich gebe euch meine vollste Versicherung, wenn wir das Volk so unterrichten und behandeln es nach Hlads Meinung, so sind wir im unberechenbaren Vorteil, und ich glaube, selbst der alte Gott wird uns da die Herrschaft nicht streitig machen, so wir Ihm auch noch dazu ein Opfer geben wollen. Dann erst bin ich auch sicher, dass der Hanoch vom Volk erfahren wird, dessen schon sehr weise erwähnt haben meine einsichtsvollen und übererfahrenen Vorredner Huid und Hlad.

[1.27.31] Beherzigt wohl meine Rede, ihr meine Brüder und hohen Söhne Kahins!“ – Und siehe, alle verneigten sich und sprachen: „Amen, so soll es geschehen, damit eines jeden Rede gültig werde gegen Hanoch, den verruchten Ächter unseres Vaters und schändlichen Frevler des alten, mächtigen Gottes.“

[1.27.32] Da ließen sich die anderen wieder auf ihre Sitze nieder, aber der Farak blieb stehen und blickte erst ernst um sich herum, als wollte er sehen, ob nicht hinter jedem Redner etwas noch verborgen geblieben wäre, womit sich keiner ans Tageslicht wagte; und was er suchte mit den Augen, fand auch bald und leicht sein Verstand. Nun fing er an gewaltig zu reden, und seine Rede schonte niemanden gleich einem Schwert auf dem Schlachtfeld, sagend:

[1.27.33] „Brüder, so ihr noch wert seid dieses Ehrennamens! Ich habe vernommen eure Reden, die ihr vor mir laut gemacht habt eure Gedanken und hieltet aber verborgen eure Begierden hinterlistig gegeneinander und habt einander angelogen mit euren Plänen und seid dadurch geworden zu gegenseitigen Meuterern, da ein jeder von euch im Sinne hat, sich heimlich davonzumachen und dem Hanoch anzuzeigen, dass er aus übergroßer Treue zu ihm vor dem wichtigen Antritt der Regierung seiner Weise eine Versammlung der Fürsten, wie sie soeben vor uns ist, zuwege gebracht habe und habe sie alle zu stimmen gesucht, dass sie ein Urteil von sich geben schändlich über Hanoch, damit dem Hanoch dann klar würde, welchen Händen er die zehn Regierungen anvertraut habe, – wodurch dann der Hanoch ihn ausrüsten würde mit aller Macht und ihn dann setzen möchte zum Alleinfürsten über uns alle; die Übrigen könnten dann leichtgläubiger Folge Hanochs das Los Kahins unter sich teilen.

[1.27.34] O ihr Schurken, ihr Auswürfe aller Bosheit! Fragt euch alle selbst, ob nur je ein ehrlicher Zug euch zu etwas gemacht hat? Denn alles, was ich bin und ihr seid, ist euch zu werden gelungen durch List, Schlauheit, Betrug, Schmeichelei und Heuchelei. Hat das arme Volk noch nicht gelitten genug? Ist es nicht schon ohnehin so elend geworden, dass es beinahe keinen Menschen mehr gleicht? Hat es nicht schon ohnedies beinahe den letzten Tropfen Blutes unter euren Hieben vergossen? Und was haben wir ihm je dafür Gutes getan, da es uns so lange willig ernährt hat für nichts als für Misshandlungen aller erdenklichen Art? Haben sie nicht, die ihr Tiermenschen nanntet, die nämlichen Rechte auf alles, was die Erde trägt? Und es war ihnen untersagt, zu essen von all den Früchten, die da reif geworden sind, sondern bloß von den faulen? Und ihr seid damit nicht zufrieden, sondern wollt sie noch tausendmal unglücklicher und elender machen, als sie es schon ohnehin sind?!

[1.27.35] Dadurch bewogen sage ich euch allen ohne Scheu, so ihr regieren wollt das arme Volk, dessen ihr nicht wert seid, dass es eure Brüder sind, so lasst alle Bosheit und Hinterlist, und leitet sie im Angesichte Gottes, des wahren und alten, und seid auch dem Hanoch wahre Brüder und nicht Betrüger eurer Köpfe und Gurgeln wegen, und macht euch dessen würdig durch wahre Treue, wozu ihr geworden seid durch Betrug und List, sonst wird der alte Gott euer Opfer nicht ansehen und wird zu Hilfe kommen den Schwachen wider euch und euch machen zu Sklaven der Bestien, denen ihr den Namen gabt, der auf eurem Grunde gewachsen ist! Bedenkt wohl die Rede des Grausamen, amen.“

[1.27.36] Siehe, als der Farak seine Rede beendet hatte, da blieben die anderen wie angemauert sitzen und wussten auch nicht ein Wort zu ihrer Entschuldigung über ihre Lippen zu bringen, und es dachten die meisten bei sich: „Der ist uns heimlich bei dem alten Gott zuvorgekommen; denn wie konnte er uns sonst so haarklein durch und durch schauen? Und da es nun einmal so ist, wer wird an seiner Seite bestehen? Wäre er zu vernichten, dann wäre es ein Leichtes! Aber nun – wer wird seiner Macht sich zu widersetzen vermögen? Ehe wir noch eine Hand heben, wird die seine uns schon vernichtend treffen; daher wollen wir ruhig abwarten, was die Sachen für Wendungen nehmen werden, und da wird sich dann wohl zeigen, was da ferner zu machen sein wird.“

[1.27.37] Und siehe, da nun niemand mehr zu reden wagte, da trat noch einmal der Farak hervor und fragte sie: „Nun, wie ist euch denn? Hat denn keiner mehr den Mut, als Redner aufzustehen und mir zu entgegnen? Wo ist nun eure List, euer Betrug, eure Schlauheit, eure Schmeichelei, eure Heuchelei, wo eure Lügen, wo eure Macht, wo euer Fürstentum und wo euer betrogener Gott Hanoch?

[1.27.38] Ja, ich sage euch, eure stumme Gedankensprache ist nicht entgangen meinem Ohr, und wie sich die Sachen auch wenden mögen, so werdet ihr auch ganz richtig machen, was da zu machen sein wird nach Recht und Billigkeit; und wer von euch nicht danach handeln wird genau, der wird geächtet werden gleich dem Kahin, von dem ihr sagt, dass er euer Vater ist, da er doch nach Recht handelte, – nur zu blind und streng, wodurch er sich gefangen nahm, und musste fliehen vor seinem eigenen Werk. Wohin, – das weiß niemand als der alte Gott; und so Er es jemandem wollte kundmachen, so würde der es wissen. Allein das ist nicht Sein Wille. Seht, er war gerecht aus Furcht vor dem Gericht des Alten, und er fehlte dadurch in aller Handlung, da er nichts aus Liebe tat, die ihm doch geboten war vom alten Gott vor allem.

[1.27.39] Ihr habt sogar alle Gerechtigkeit aus dem Felde geschlagen und an ihre Stelle List, Betrug, Schlauheit, Lüge und andere zahllose Schändlichkeiten mehr noch dazugesellt, die keine Namen haben ihrer Ruchlosigkeit halber, und glaubt, der alte Gott wird gleich bereitwilligst euch unterstützen in allen euren Niederträchtigkeiten, deren Zahl kein Ende hat, so ihr Ihm nur irgendein blindes Feuer als Opfer vormachen werdet. Oh, ihr irrt euch gewaltig; dieser Alte hat scharfe Augen und kennt genau euer ganzes Wesen, wie es beschaffen ist vom Ersten bis zum Letzten. Daher ist Sein Ohr ferne von euch und wird euch nie mehr erhören in eurer grenzenlosen Verruchtheit, so ihr auch die ganze Erde Ihm als Opfer anzünden würdet, so ihr nicht zuvor eure Herzen reinigt mit dem Feuer einer unbegrenzten Liebe zu euren durch euch schwachen Brüdern und unglücklichen Schwestern, und euch enthaltet von aller Hurerei, die Männern von zweihundert Jahren ganz unbegreiflich schlecht ansteht zu einem Fürstenamt.

[1.27.40] Nun beantwortet meine Fragen, so ihr könnt, oder sagt, was ihr nun noch entschlossen seid zu tun, mir so gerade ins Angesicht, wie ich es euch ohne Scheu gesagt habe, so ihr euch getraut; denn ich strebe nach keiner Herrschaft noch nach irgendeinem Fürstentum wie ihr, sondern nur nach der genauen Erfüllung der mir auferlegten Pflichten meines Amtes und nach dem Wohlgefallen des Alten, – daher ich auch nie ein Unrecht beging, noch geschändet habe ein Weib, noch eine Jungfrau, und noch weniger Fräulein von zwölf Jahren und darunter, wie ihr, weswegen ihr mich auch den Grausamen genannt habt, da ich nicht wollte sein gleich euch ein fauler Schurke.

[1.27.41] Dies sollen meine letzten Worte sein, damit ihr wisst, wen ihr vor euch seht, nämlich mich, den Grausamen, den ihr aber nie näher kennen sollt als nur so weit, als es nur die höchste Not erheischt, wie die gegenwärtige ist, damit nicht alles ewig – ja, ich sage ewig – zugrunde gehen möchte im wieder erweckten Zorn des alten, ewigen, heiligen Gottes! Daher frage mich keiner je näher, woher und wodurch! Amen.“

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