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124. Adam fragt nach den Kindern der Mitternacht

Am 29. Juli 1841

[1.124.1] Die Väter gelangten nun gar bald zur mitternächtlichen weit ausgedehnten Wohngegend. Adam segnete nach der Sitte dieselbe und dann all die Hauptstammkinder, worauf sich dann alle zu einer kurzen Ruhe niederließen.

[1.124.2] Als sie aber darauf schon bei einer halben Stunde gerastet hatten, siehe, da fing es sie alle überaus hoch zu wundern an, dass sich während dieser Zeit auch nicht eines der Mitternachtkinder irgend erschauen ließ. Und alsbald beschied Adam den Henoch zu sich und fragte ihn um den Grund, sagend nämlich:

[1.124.3] „Henoch, indem dich der Asmahael also gekräftigt hat in unser aller Angesicht, dass sich die ‚Verdorrte Erdhand‘ vor deines Wortes Hauch beugen musste, siehe, es sind keine Kinder hier! Wo sind sie hin?

[1.124.4] Hat sie vielleicht die zusammenstürzende Wand begraben und also alle samt und sämtlich getötet? Oder sage, so es dir möglich ist, wohin sind sie gezogen, oder was da mag geschehen sein mit ihnen allen?

[1.124.5] Denn siehe, die Gegend sieht wahrlich aus, als hätte erst vor kurzem der schmähliche Tod unter ihnen ein allgemeines Erntefest gehalten!

[1.124.6] Ich möchte darüber wohl den Asmahael (Herrn) fragen; allein wahrlich, dazu fehlt mit manchen anderen mir der Mut ganz und gar. Denn wenn ich bedenke, wer hinter dem Asmahael verborgen ist, und wieder, was und wer ich bin, da versagen mir alsbald die Zunge und Lunge ihren Dienst, und ich vermag dann beinahe kein Wort mehr herauszubringen. Überdies sagt mir aber auch noch mein Herz: ‚Was willst du denn den allwissenden Gott fragen, als wenn Ihm etwa irgendetwas fremd sein sollte, das da insgeheim vorgeht in dir?! Hat Er nicht von Ewigkeit her deine Gedanken geordnet, lange zuvor schon, als Er dich noch zu einem gedankenfähigen Wesen aus Seiner unendlichen Liebe und Erbarmung bildete?!‘

[1.124.7] Siehe, lieber Henoch, darum vermag ich nicht, was ich nun gar überaus gerne möchte! Tue daher du, was ich nicht mehr kann! Weißt du aus dir vom Asmahael aus etwas, so beruhige mich und all die übrigen damit; sieht es aber auch in deinem Herzen aus wie in meinem, da wende dich nur alsbald an den Asmahael, – Der wird uns alle sicher auch aus dieser großen Verlegenheit und Angst allergnädigst und überbarmherzig erlösen! Amen.“

[1.124.8] Und als der Henoch solches vom Adam vernommen hatte, verneigte er sich vor ihm und wollte hineilen zum Asmahael und Selben von des Adam Anliegen benachrichtigen, da ihn die menschenlose Gegend selbst ganz gewaltig wundernahm. Allein er hatte noch kaum den ersten Fuß gehoben, so war den beiden auch schon der Asmahael zuvorgekommen und stand schon ganz wortfertig in ihrer Mitte und begann folgende Worte an sie zu richten, sagend:

[1.124.9] „O Adam! Meinst du denn in deinem Herzen, darin dein sehr geschwächter Geist wohnt, der Herr sei wie ein König der Tiefe oder sei dir gleich, darum es dann viel Wesens bedürfe, um zu Ihm zu gelangen?! Siehe, Ich habe keine Wachen vonnöten und keine Türwärter und auch nicht rangmäßig geordnete, erstgeborene Hauptstammkinder, durch welche erst jemand bei Mir sollte eingeführt werden; auch verlange Ich nicht, dass jemand vorher bei einer Stunde lang vor Mir auf seinem Angesicht liegen soll, auf dass er dadurch würdig werden möchte, sich alsdann aufzurichten vor Mir, seinem Gott und Schöpfer, sondern alles, was Ich liebend verlange, ist ein treues, zu Mir gewendetes, liebevolles und demütiges, durch Reue geläutertes Herz, und mit einem solchen hat vor Mir kein Mensch einen Umweg vonnöten, da Ich ihm doch sicher allzeit noch dazu der ohnehin Allernächste bin und sein muss! Und wäre es nicht also, wer möchte da wohl auch nur einen allerschnellsten Augenblick lang sein Leben zu erhalten, dieweil ja doch alles Leben zuallermeist und am allerknappsten aus Mir ist und auch ewig nimmer von irgendwo anders her sein kann!

[1.124.10] So du dich aber fürchtest, den allwissenden Gott um etwas zu fragen, wie ist’s denn hernach, dass der Allwissende Sich nicht scheut, euch um so manches zu fragen eurer selbst wegen, auf dass ihr erwachen möchtet?

[1.124.11] Ich meine aber, dass im Falle einer Unkunde der Unwissende mehr Ursache hat, sich fragend an den Allwissenden zu wenden, als der Allwissende an den Unwissenden.

[1.124.12] Wenn also Ich euch frage, die ihr Antwortlose seid, so wird es wohl auch nicht gefehlt sein, so ihr Mich fragt um das, was ihr nicht wisst, aber doch überaus gerne wissen möchtet!

[1.124.13] Siehe, Adam, Mir ist gar wohl bekannt deine Not! Du fragst nach den Kindern der Mitternacht und möchtest gar wohl gerne erfahren, wohin diese gekommen; allein für diesen Augenblick sage Ich es dir nicht, sondern du musst sie suchen und suchen lassen. Und hast du dann niemanden gefunden, sodann erst komme zu Mir und frage Mich, und Ich werde dich dann zu den Kindern führen; denn das Verlorene muss zuvor gesucht werden! Amen.“

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