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109. Asmahael hilft Seth aus der Klemme

[1.109.1] Unter solchen Gesprächen hatten die Väter nun auch den halben Weg zurückgelegt, und der Adam wünschte hier ein wenig auszuruhen; denn es war nach eurer Rechnung elf Uhr geworden, um welche Zeit die Sonne schon heiße Strahlen zur Erde zu senden begann.

[1.109.2] Und so war unter dem sehr kühlenden Schatten eines großen, schon vielstämmigen Bahaniabaumes eine kleine Rast für den alten Adam in leiblicher Hinsicht gar wohl erwünscht und am rechten Platze, und das fürs Erste der Stärkung wegen und fürs Zweite der Kühle wegen und fürs Dritte wegen einer hier all den Vätern wohlbekannten, überaus frischen und reichlichen Wasserquelle, welcher Adam schon von jeher eine besonders stärkende Kraft zuschrieb.

[1.109.3] Hier also ließen sich die Väter nieder und lobten und priesen Mich aus ganzem Herzen, und es freuten sich, die Mich schon erkannt hatten, über all die Maßen, – nur den Seth etwas ausgenommen; denn sein Versprechen an den Enos ließ ihm keinen freien Pulsschlag zu und drückte ihm gewaltig das Herz zusammen!

[1.109.4] Es merkte aber bald der Adam, dass dem Seth etwas nicht gar fein zusammengehe, und fragte ihn: „Höre, mein geliebter Sohn, und sage mir, was dich beirrt.

[1.109.5] Denn siehe, du atmest wie einer, der da rechnet, wo es keine Zahlen gibt oder nichts, das er zählen möchte! Was ist es? Tue deinen Mund auf vor mir und dein Herz vor Dem, der unter uns wandelt! Amen.“

[1.109.6] Seth aber wurde noch verlegener, da Enos ihm zur Seite war, und konnte auch nicht ein Wort herausbringen.

[1.109.7] Und nun erst trat der Asmahael in die Mitte und half also dem armen Seth aus seiner harten Klemme durch folgende Rede, da Er sagte:

[1.109.8] „So jemand gefangen wird, entweder so oder so, durch Wort oder Tat, da er nicht also geläufig ist wie ein anderer, der ihn gefangen, da liegt die Schuld der Gefangennehmung nicht an dem Gefangenen, sondern an dem, der ihn gefangen.

[1.109.9] Denn so ein Wolf behände fängt einen saumseligen Esel, dessen Beine von Natur aus langsamer sind denn die des leicht springenden Wolfes, wer möchte es da dem Esel zur Schuld halten, dass er sich habe vom Wolf fangen und verletzen lassen, da doch offenbar allein der viel schneller laufende Wolf der allein Fangschuldige ist, dieweil er am unrechten Platze seine Fang- und Schnellläufigkeit ausgeübt hatte, während er sich nur mit Hirschen, Rehen und Gämsen messen sollte und anderen Schnellfüßlern der Wälder!

[1.109.10] Wenn aber ein Wolf sich eigenbelustigend fangen lässt von einem Esel und dieser dann in seiner Dummheit dem Wolf mit seinem harten Huf den Kopf zerschmettert, wahrlich, da ist der durch die sich selbst belustigen wollende Gefangengebung verletzte Wolf ja selbst schuld, dass ihn des Esels Dummheit zugrunde gerichtet hatte! Seth, kennst du dieses Bild?

[1.109.11] Wie gefällt dir der Wolf und wie der Esel? Hast du aber Weisheit vor dir und für dich, was hat denn deine Füße umstrickt, dass du nicht in deiner schlauen Vorlustberechnung nicht auch berechnen mochtest, was der Esel tun wird, so er den Wolf, der sich saumselig zeigt, erreicht?

[1.109.12] Siehe, nicht das Gesetz, wie du kläglich dachtest, sondern nur die Torheit straft sich also!

[1.109.13] Wer hieß dich den noch blinden Enos fragen danach, das zu sagen dir vorderhand von Gott verboten wurde?

[1.109.14] Siehe, in der List liegt kein Funke Weisheit; denn es ist etwas anderes an der bescheidenen Klugheit – und etwas ganz anderes an der Schlauheit. Die Klugheit geht ihren Weg sicher, während die List nicht selten sich der Dummheit ergeben muss.

[1.109.15] Für diesmal sei dir geholfen darum du solches tatest aus Liebe; aber fürs Künftige sehe zu, dass dir dein Esel nicht mit dem Huf zu nahe an den Kopf kommt, – sonst möchte es dir ergehen wie dem Wolf!

[1.109.16] Und du, Enos, harre auf die Antwort bis morgen, und du sollst zuletzt es erfahren, darum du dich rechtfertigtest vor deinem Vater und machtest bange seinem Herzen; darum harre bis morgen! Amen.“

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