(Am 19. Oktober 1843 von 4 1/2 – 6 Uhr abends.)
[2.90.1] Es ist in diesem allem, wie in dem Gebot, geistig und naturmäßig durchaus nicht als sünd- oder fehlerhaft bezeichnet, dass jemand das mit seinen Händen für seine Notdurft Gesammelte und Verfertige sich aneigne, und zwar in einem solchen Grad, dass sein Nachbar durchaus nicht das Recht haben soll, ihm ein solches Eigentumsrecht auf was immer für eine Weise streitig zu machen. Im Gegenteil findet ein jeder nur eine vollkommene Sicherstellung seines rechtlich erworbenen Eigentumes darinnen.
[2.90.2] Wohl aber ist in allem dem Gesagten, wie im Gebot selbst, eine weise Beschränkung in dem Recht, zu sammeln, einem jeden geboten. Dass das Gebot aber solches im naturmäßigen Sinne sogar aus der göttlichen Ordnung heraus bezweckt haben will, lässt sich fürs Erste aus den ersten jedem Menschen angeborenen Ureigentumsrechts-Dokumenten auf das Sonnenklarste erweisen. Wie aber? Das wollen wir sogleich sehen.
[2.90.3] Wie viel bedarf der erste Rechtskompetent nach gerechtem Maße im Menschen, der Magen nämlich? Solches kann ein jeder mäßige Esser sicher auf ein Haar bestimmen. Nehmen wir an, ein mäßiger Esser braucht für den Tag drei Pfund an Speise; das lässt sich auf dreihundertfünfundsechzig Tage überaus leicht berechnen. Das ist sonach auch ein naturgerechtes Bedürfnis eines Menschen. Dieses Quantum darf er für sich alljährig sich ersammeln. Hat er Weib und Kinder, so kann er für jede Person dasselbe Quantum zusammenbringen, und er hat da vollkommen seinem Naturrecht zur gerechten Folge gehandelt. Einem starken Esser, der besonders schwere Arbeiten verrichten muss, sei das Doppelte sich zu ersammeln vollkommen frei gestattet.
[2.90.4] Wenn dieses allgemein beobachtet wird, da wird die Erde nimmer von einer Not zu klagen haben. Denn vom Herrn aus ist ihr fruchtbarer Flächenraum so gestellt, dass bei gehöriger Bearbeitung und Verteilung des Bodens zwölftausend Millionen Menschen vollkommen genügend ihren Lebensunterhalt finden können. Gegenwärtig aber leben kaum etwas über eintausend Millionen Menschen auf der Erde, und darunter gibt es bei siebenhundert Millionen Notleidende.
[2.90.5] Worin liegt der Grund davon? Weil eben die Bedingungen dieses göttlichen Gesetzes, welches in der Natur eines jeden Menschen gegründet ist, nicht in die lebendige Ausübung gebracht werden.
[2.90.6] Gehen wir aber weiter. Wie groß da ein Mensch ist, und wie viel er zur Bedeckung seiner Haut bedarf, lässt sich ebenfalls überaus leicht bemessen. Es sei aber einem jeden Menschen gestattet, sich nach Beschaffenheit der Jahreszeit eine vierfache Hautbedeckung zu verschaffen. Das ist der naturgerechte Maßstab für die Ansammlung der Kleiderstoffe und der Bereitung derselben. Ich will aber noch einmal so viel hinzufügen, was die Oberkleidung betrifft, und viermal so viel für die Unterkleidung, und das des reinlichen Wechsels wegen.
[2.90.7] Wenn dieser Maßstab beobachtet wird, da wird es auf der ganzen Erdoberfläche keinen nackten Menschen geben. Aber wenn auf der Erde ungeheure Kleiderstoff-Fabriken errichtet sind, die alle Kleiderstoffe in ihrem Urzustand um die barsten erzwungenen Schandpreise an sich kaufen, daraus dann eine zahllose Menge, und das bei weitem mehr luxuriöser als nützlicher Kleidungszeuge fabrizieren, und dieselben erst dann zumeist um himmelschreiende Preise an die dürftige Menschheit verkaufen, zudem aber auch so viele wohlhabende Menschen sich im Verlaufe von zehn Jahren, besonders weiblicherseits, mit mehr als hundertfachem Kleiderwechsel versehen – da wird dieses naturgerechte Ebenmaß auf das Allergewaltigste gestört, und von tausend Millionen Menschen müssen wenigstens sechshundert Millionen nackt herumgehen! Gehen wir aber weiter.
[2.90.8] Wie groß braucht denn ein Haus zu sein, um ein Paar Menschen mit Familie und der nötigen Dienerschaft ehrlich und bequem zu beherbergen? Geht aufs Land und überzeugt euch, und ihr werdet darüber sicher ins Klare kommen, dass zu einer solchen gerechten und bequemen Beherbergung keine hundert Zimmer fassende Schlösser und Paläste erforderlich sind.
[2.90.9] Was über ein solches Verhältnis ist, ist wider die Ordnung Gottes und somit wider Sein Gebot.
[2.90.10] Wie groß muss denn ein Grundstück sein? Nehmen wir ein mittelerträgliches Land. Auf diesem kann bei mäßiger Bearbeitung, und zwar auf einem Flächenraum von tausend eurer Quadratklaftern, für einen Menschen selbst in Mitteljahren ein vollkommen hinreichender, ein Jahr dauernder Lebensbedarf erbeutet werden. Bei einem guten Boden lassen wir das Doppelte vom Mittelboden für eine Person gelten. So viel Personen sonach ein Familienhaus zählt, so oftmal darf es naturrechtlich solchen bestimmten Grundboden-Flächenraum in den Besitz nehmen. Wir wollen aber in unserem Ausmaß recht freigebig sein und geben ad personam [für die Person] das Doppelte und bestimmen solches auch vollkommen als naturrechtlich von Gott aus gebilligt. Wenn die Gründe so verteilt würden, so könnten ebenfalls über siebentausend Millionen Familien auf der Erdoberfläche ihr vollkommen gesichertes Grundbesitztum finden.
[2.90.11] Wie es aber jetzt auf der Erde mit der Grundverteilung aussieht, so gehört der Grund und Boden kaum siebzig Millionen Grundbesitzern vollkommen zu eigen. Alles andere Volk ist entweder nur im Mit-, Unter- oder Pachtbesitz, und der noch bei weitem allergrößte Teil des Volkes auf der Erde hat nicht einen Stein, den er seinem Haupt unterlegen könnte.
[2.90.12] Wer sonach in was immer für einer Hinsicht über dieses jetzt gegebene Maß besitzt, der besitzt es gegen das göttliche und gegen das Naturgesetz widerrechtlich und trägt als solcher Besitzer die fortwährende Versündigung an diesem Gebot an sich; – welche Versündigung er nur dadurch zu tilgen imstande ist, wenn er den möglichst größten Grad der Freigebigkeit besitzt und sich gewisserart nur als einen Sachwalter ansieht, seinen zu großen Besitz für eine gerechte Anzahl Nichtshabender zu bearbeiten. Wie aber solches in diesem Gebot zugrunde liegt, wollen wir im zweiten Punkt dieser Nachbetrachtung ersehen.
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