(Am 12. Juli 1843 von 5 1/4 – 6 3/4 Uhr nachmittags.)
[2.41.1] Nun seht und habt wohl Acht; ich habe in mir das Ausgesprochene getan, und ihr habt solches getan durch mich, und so wird es auch ein Leichtes sein, die freiere Weisheit mit der Kraft des Herrn in uns zu erfassen und sie begreiflich vorstellig zu machen für unsere Begriffe. Um aber die Sache gehörig zu erfassen und zu begreifen, müsst ihr vorerst die [Zahl] der Stockwerke und Galerien in Anschlag bringen.
[2.41.2] Wir sind im sechsten Stockwerk oder auf der siebten Galerie, also in jeder Hinsicht über der Hälfte des Gebäudes. So die untere Grund- und bei weitem größere Hälfte der Brust des Menschen und somit all dem der Liebe entspricht, so bedeutet diese zweite, obere Hälfte den Kopf des Menschen und entspricht somit dem Verstand und der Weisheit desselben.
[2.41.3] Hier stehen wir sonach auf der ersten Stufe der Weisheit oder auf derjenigen Stufe, wo die reine Weisheit und die Liebe zusammengreifen. Wenn ihr nun dieses ein wenig beachtet, so wird euch das Zierakulum dieses Säulenrondeaus, wie auch gleicherweise dieselben Verzierungen aller Rondeaus dieses Stockwerkes auseinanderzugehen anfangen.
[2.41.4] Seht hier den Altar; er stellt vermöge seiner Gestalt, Farbe und Verzierung die in die Weisheit reichende Liebe dar. Die kleine Säule, in welche der geheimnisvolle Kreis eingefestet ist, stellt gewisserart den Hals des Menschen dar, entsprechendermaßen aber die größtmöglichste Demut. Was geht aber aus der Demut hervor? Seht an den eingefesteten Kreis. Durch diesen Kreis wird das Haupt des Menschen dargestellt; entsprechendermaßen aber ist es das Licht der Weisheit, welches aus der Wärme der Liebe hervorgeht.
[2.41.5] Die Sternchen, aus denen er zusammengefügt ist, samt den ebenfalls aus Sternchen zusammengesetzten Figuren, welche seinen freien Raum ausfüllen, bezeichnen die mannigfaltigen Erkenntnisse und Einsichten, welche natürlichermaßen allesamt und sämtlich ein Angehör der Weisheit sind. Der Sternenkreis zuunterst am Boden um den Altar aber besagt, dass die Liebe, ihre wahre Demut und auch ihre Weisheit göttlichen Ursprunges sind und gehen hervor aus der Werktätigkeit des Menschen nach dem göttlichen Willen.
[2.41.6] Durch den siebenfachen Kreis wird der göttliche Wille beschaulich dargestellt. Die einzelnen Sternchen aber, aus denen er zusammengesetzt ist, bezeichnen die Werke, welche der Mensch verrichtet in der göttlichen Ordnung zufolge der Erkenntnis des göttlichen Willens. Aus dem aber geht hervor, dass niemand Gott lieben kann, so er nicht erfüllt Seinen Willen. Wer aber Seinen Willen erfüllt, indem er seinen eigenen Willen, sich selbst verleugnend, gefangen nimmt, dem erst wird die Liebe zu Gott zuteil. Und so sind die Werke nach dem Willen Gottes die edlen Samenkörner, aus denen da erwächst die überaus und über alles beseligende und für ewig belebende Liebe zu Gott!
[2.41.7] So aber jemand solche Liebe überkommen hat, der hat auch mit ihr die Weisheit überkommen, welche gleich ist der göttlichen Weisheit, weil die Liebe selbst, aus der solche Weisheit hervorgeht, göttlich ist. Dass die mannigfach geformten Zeichen des Kreises die vielfachen zusammenhängenden, in der göttlichen Ordnung und Weisheit begründeten erhabensten Erkenntnisse bezeichnen, braucht kaum näher erwähnt zu werden.
[2.41.8] Insoweit hätten wir denn auch unser Zierakulum gelöst. Aber wir erblicken ja noch vom Plafond herabhängend ganz frei einen ähnlichen Kreis, wie der in die kleine Säule eingefestete ist, und dieser horizontal hängende Kreis berührt mit seinem Zentrum genau genommen die oberste Sphäre unseres in die kleine Säule eingefesteten Kreises. Was wird wohl dieser Kreis bezeichnen?
[2.41.9] Dieser Kreis bezeichnet die göttliche Weisheit, wie diese beständig aus den Himmeln einfließt und fortwährend belebt und ordnet die ihr entsprechende Weisheit eines jeglichen Menschen, der da lebt der göttlichen Ordnung gemäß.
[2.41.10] Dass sich diese beiden Kreise berühren, bezeichnet, dass der wahren göttlichen Weisheit Geist im Menschen in die Tiefen derselben, welche durch das Zentrum dargestellt sind, eindringt, und kann demnach himmlische und göttliche Dinge begreifen, ja mit dem Herrn Selbst wohl erschaulicherweise umgehen und sich mit Ihm besprechen wie ein Kind mit seinem Vater, oder wie ein Bruder mit dem anderen. Seht, das ist nun das Ganze, kurz möglichst und wohlverständlich dargestellt.
[2.41.11] Ihr sagt und fragt hier freilich: Lieber Freund und Bruder! Woher nehmen denn die Menschen dieses Zentralsonnen-Weltkörpers solche Weisheit, in welcher fürwahr buchstäblich das ganze geistige Lebenswesen eines jeden auf unserer Erde lebenden Menschen mit der höchsten Klarheit bezeichnet wird? Wenn Menschen auf unserer Erde zufolge geistiger Entsprechung Ähnliches errichten würden, so wäre das begreiflich, weil, wie du es augenzeuglich weißt, der Herr und Schöpfer aller Himmel und Welten auf dieser Erde Selbst leibhaftig gelebt, gewandelt und gelehrt hat. Aber auf diesem Weltkörper, der sicher in einer unaussprechlichen Entfernung von unserer Erde absteht, solche Weisheit zu treffen, die ganz vollkommen der göttlich irdischen gleicht, ist fürwahr überaus seltsam. Wie ist das möglich?
[2.41.12] Meine lieben Freunde und Brüder, diese Frage würde euch in einem Verein himmlischer Geister einer sehr bedeutenden Lache aussetzen. Wovon ernähren sich die Finger und Extremitäten eures Leibes? Ihr esst doch nicht in die Extremitäten hinein; die Füße haben keinen Mund und Schlund, um eine eigens für sie bestimmte Nahrung aufzunehmen, die Hände und die Finger an denselben haben dergleichen auch nicht, und so hat euer Leib noch eine zahllose Menge von großen und kleinen Teilen, welche alle ihr nicht einzeln abzufüttern braucht.
[2.41.13] Der Mensch hat nur einen Mund und einen Magen, was dieser aufnimmt, geht an alle anderen Teile gehörig präpariert über; also hat er auch nicht in einem jeden Glied ein Herz, sondern er hat nur eines in der Brust, und dieses hat seine Adern und Gefäße durch den ganzen Leib ausgebreitet und sendet durch dieselben sein Leben in alle Fibern des ganzen Leibes, und das allenthalben nach der wohlberechnet zweckmäßigen Aufnahmefähigkeit fürs Leben.
[2.41.14] Ihr habt aber gehört, dass die ganze große Schöpfung Gottes naturmäßig wie geistig vollkommen einen Menschen darstellt, welcher Mensch somit in der endlos großen Allgemeinheit sicher auch nur einen Magen und ein Herz hat. Ihr kennt den großen Kostgeber und kennt auch die Kost, mit der der große Kostgeber Seinen großen Menschen speist; sie heißt das Brot des Lebens, oder zu deutsch gesprochen, sie ist die Liebe Gottes!
[2.41.15] So ihr aber in allen Teilen eures Leibes eine und dieselbe Kost findet, die ihr in euren Magen aufnehmt, und überall dasselbe Blut, welches dem Herzen in alle eure Leibesteile entströmt, so wird es doch auch kein Wunder sein, so ihr in diesem Teil des großen Weltmenschen dieselbe göttliche Liebe und Weisheit findet, welche ihr auf eurer Erde gefunden habt und auch noch allzeit findet und finden könnt.
[2.41.16] Eine solche Zentralsonne ist gewisserart ein Hauptnerv des großen Weltmenschen, und die kleineren Sonnen und Planeten sind gleich den kleineren Nebennerven, Adern und Fasern; und der Hauptnerv wird doch sicher vom selben Saft ernährt, von welchem die kleineren Nerven, Fibern und Fasern ernährt und erhalten werden. Wo ein Herr, ein Schöpfer und ein und derselbe Gott ist, da kann es auch in Seiner unermesslichen Schöpfung nur eine göttliche Liebe, eine göttliche Weisheit und eine göttliche Ordnung geben! Außer ihr möchtet noch irgendeinen zweiten Gott und Schöpfer annehmen, vorausgesetzt, dass euer Gemüt und Verständnis einer solchen Torheit fähig wäre; da könnte man dann auch wohl auf eine andere Ordnung der Dinge gegründetermaßen hinblicken und allenfalls eine Frage aufwerfen, wie da die eurige war. Aber bei obwaltenden nur vollkommenst eingöttlichen Umständen bleibt es bei einer Kost, bei einer Weisheit und bei einer Ordnung. Da wir aber nun solches alles doch sicher klar einsehen, so wollen wir uns auch sogleich wieder um ein Stockwerk höher begeben, und das zwar in das siebte oder in die achte Galerie. Sieht diese Rundtreppe auch so ziemlich luftig aus, so macht euch aber dennoch nichts daraus; denn sie wird uns schon noch ertragen; und so denn wollen wir gehen.
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