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19. Ein Prachtbau auf einer Anhöhe

(Am 29. Mai 1843 von 4 1/2 – 6 1/2 Uhr nachmittags.)

[2.19.1] Ich sollte euch zwar fragen, wie euch dieser neue Ort gefällt. Allein, da ich nun auf eurem Grund und Boden mit euch einhergehe, so kann ich solches aus der guten Ordnung der Dinge wohl nicht tun, indem doch der Fremdling, so er zu einem Hausbesitzer kommt, denselben nicht fragen kann, wie ihm sein Eigentum gefalle; wohl aber kann der Hausbesitzer solch eine Frage an den Fremdling stellen. Doch ihr mögt mich hier noch nicht fragen um solches, da ihr selbst noch stark Fremdlinge in eurem Eigentum seid; daher muss ich denn doch die Ordnung umkehren und euch die Frage geben, die ihr eigentlich mir geben solltet.

[2.19.2] Dies wäre einerseits wohl gut; aber ich sehe einen anderen Haken, und dieser besteht in der noch sehr mangelhaften geistigen Beschauung in euch, derowegen ihr auf meine Frage eben nicht die ersprießlichste Antwort zuwege bringen dürftet. Was wird denn da wohl zu tun sein? Wir wollen gleich einen Mittelweg finden, auf welchem wir uns darüber verständigen werden, und dieser Weg wird darin bestehen, dass wir die Frage ganz weglassen und sodann zu einer beschaulichen Erörterung übergehen.

[2.19.3] Nun seht denn, dieser neue Ort ist fürwahr noch herrlicher um Bedeutendes als es der erste war. Auf einer bedeutenden Berghöhe steht ein überaus prachtvollstes Gebäude. Die Wände sind von lauter durchsichtigem Gold, die Säulengänge vor den Wänden bestehen aus diamantenen und Rubinensäulen, das Dach des überaus großen Gebäudes bildet eine Kaiserkrone, welche mit überaus großen, allerfeinsten Edelsteinen besetzt ist.

[2.19.4] Vor der Ebene den Berg hinan bis zum ersten Säulengang führt eine überaus breite Stiege, deren Staffeln aus undurchsichtigem Gold angefertigt sind. Die Geländer beiderseits der Staffeln bestehen aus lauter Pyramiden, welche von Spitze zu Spitze mit Ketten von rotem Gold miteinander verbunden sind.

[2.19.5] In der Mitte einer jeden Pyramide ist ein weißer, runder Sonnenstein eingefügt, welcher im Ernst einen unbeschreiblich schönen Glanz von sich wirft; und zwischen einer jeden Pyramide hinter der Kette steht ein prächtig ausgewachsener Pappelbaum, dessen Blätter wie mit Gold eingefasste grüne allerfeinste Sammetstreifchen spielen, und ein Baum ist so groß wie der andere.

[2.19.6] Und zugleich bemerke ich auch, dass über die breite Treppe herab noch obendrauf drei bei einer Klafter breite Sammetstreifen, zwei von grüner und in der Mitte ein einzelner von der schönsten roten Farbe, also gezogen sind, dass sie sich in den Staffeln gehörig fest anliegend staffelmäßig mit den Staffeln selbst einfurchen.

[2.19.7] Und diese Treppe geht nicht in einem Zuge von Staffel zu Staffel fort, sondern wie ich bemerke, so hat sie von je dreißig zu dreißig Staffeln einen sehr geräumigen Absatz, über welchem sich obendrauf noch ein überherrlicher Triumphbogen angebracht befindet. Der Triumphbogen besteht, wie ich sehe, über die ganze Breite der Stiege aus je dreißig diamantenen Säulen, welche zuoberst mit Bögen aus den überaus stark von selbst leuchtenden Sonnensteinen verfertigt sind.

[2.19.8] Über den Bögen aber ist erst eine Galerie angebracht, auf welcher sich gar herrlich herumwandeln lassen muss. Und wie ich bemerke, so ist die Galerie abwechselnd aus lauter Rubinen und Smaragden erbaut. Fürwahr, das will ich doch eine wahrhaft sonnenkaiserliche Pracht nennen!

[2.19.9] Und da seht nur wieder noch einmal hin; der ganze vollkommen runde Berg, der da einer ziemlich flachen, aber zuoberst stumpfen Pyramide gleicht, ist an seinem Fuß von einem allerherrlichsten bei hundert Klaftern breiten Wasserkanal umgeben. Der ganze Kanal ist künstlich angelegt und durch und durch gepflastert mit dem feinsten weißen Marmor, und die beiden Ufer sind mit goldenen Geländern eingefasst. Die Wege zu beiden Seiten des Geländers sind blank gepflastert mit Jaspis, und der Weg ist an der Seite, welche vom Kanal abgewendet ist, mit den herrlichsten Fruchtbäumen besetzt.

[2.19.10] Hier, wo die Treppe oder die Stiege über den Berg hinaufgeht, ist eine überherrliche Brücke aus rotem Marmor angefertigt. Und das künstlich zierratierte Geländer besteht aus weißem Gold, und seine Zierrate sind besetzt mit vielen und kostbaren Edelsteinen. Aber das Herrlichste sind die spitzigen Obelisken, aus der Mitte des Wassers im Kanal ein jeder bei dreißig Klaftern hoch emporgehend. Der Obelisk ist aus Topas, und in der Höhe schießt ein noch einmal so hoher Wasserstrahl empor und fällt in zahllosen strahlenden Perlen wieder in den weiten Kanal herab. Und da seht ins Wasser, wie dasselbe belebt ist von allerlei strahlenden Fischchen; fürwahr, das ist eine große Pracht!

[2.19.11] Wir wollen uns aber nun über die Stiege hinaufbegeben und unser prachtvolles Gebäude auf dem Berg in einen näheren Augenschein nehmen. Über diese Stiege geht es sich wirklich sehr bequem und sanft. Da seht nur wieder einmal her, wir haben die erste Ruhestelle erreicht.

[2.19.12] Blickt nur auf den Boden; sein Grund ist blau, und in diesem blauen Grund sind weißglänzende Sterne eingelegt, und nun diese außerordentliche Reinlichkeit übertrifft ja alles, was man sich nur denken kann!

[2.19.13] Gehen wir aber weiter; da seht die zweite Ruhestelle. Diese hat einen grünen Bodengrund wie aus einem Stück poliertem Smaragd, und auf seiner Oberfläche erglänzen in der schönsten Ordnung rosenrote Sterne.

[2.19.14] Gehen wir aber nur weiter; da seht die dritte Ruhestelle. Der Boden ist rot wie Karmin, aber glänzend wie Rubin, und in der schönsten neuen Ordnung erglänzen auf seiner Oberfläche hellgrüne Sterne. Gehen wir aber nur weiter; seht, da ist schon die vierte Ruhestelle. Da seht diesen Boden an; er ist violett wie aus Amethyst, und in seiner Oberfläche erglänzen in der schönsten Ordnung sichtbare Sterne.

[2.19.15] Gehen wir nur weiter; da ist schon die fünfte Ruhestelle. Da seht den Boden; er ist gelb wie ein Topas, und von seiner Oberfläche erglänzen karminrote Sterne. Gehen wir aber nur weiter; da seht, wir sind an der sechsten Ruhestelle. Der Boden ist dunkelgrün, und die Sterne, die von seiner Oberfläche erglänzen, schillern mehrfarbig wie geschliffene Diamanten.

[2.19.16] Gehen wir aber nur weiter; da ist schon die siebte Ruhestelle. Da seht einmal diesen Boden an; dunkelrot wie ein Sammet eines Kaisermantels, und dunkelorangegelbe Sterne glänzen beinahe unerträglich stark auf seiner Oberfläche und geben dem roten, durchsichtigen Boden eine ganz sonderbar geheimnisartige Beleuchtung. Nein, ich muss es sagen, ich hätte eher alles erwartet, als eine solche Pracht in euch. Es gibt noch eine Menge solcher Ruheplätze über uns hinauf; es dürften deren wohl noch bei dreiundzwanzig sein.

[2.19.17] Doch gehen wir nun alle in einem Zuge durch, denn ich bin beinahe schon müde geworden von der großen Prachtanschauung. Wir haben nur einen schnellen Zug gemacht und stehen nun unter dem ersten Bogengang, welcher mit lauter diamantenen Säulen unterstützt ist.

[2.19.18] Betrachtet einmal diesen Gangboden zwischen den Säulen; er bildet einen hellstrahlenden Regenbogen, und eine jede Farbenlinie ist mit entsprechend verschiedenfarbigen hellglänzenden Sternen besetzt. Fürwahr eine überhimmlische Pracht!

[2.19.19] Und da seht, außerhalb dieses Bogenganges, mehr dem Gebäude zu, erhebt sich eine allgemeine Rundtreppe, bestehend aus dreißig Staffeln. Diese sind aus lauter Smaragd und sind abermals eingelegt mit hellrot glänzenden Sternen und seht, oberhalb dieser dreißig allgemeinen Rundstaffeln befindet sich schon wieder ein zweiter Bogengang, unterstützt mit Säulen von dem allerkostbarsten glänzenden Sonnenstein. Die Bögen über den Säulen sind aus lauter Rubinen und das Geländer über den Rubinbögen aus grünem Gold. Und da seht den Boden an; dieser ist von himmelblauer Farbe wie aus gleichfarbigen Hyazinthen zusammengefügt und ist abgeteilt in sieben Reihen nacheinander fortlaufender rot und grün glänzender Sterne.

[2.19.20] Wir sind durch diesen Bogengang durch. Da seht, abermals eine Rundstaffelei, bestehend aus abermals dreißig Staffeln, über welche man an das weite Plateau des Berges gelangt, auf welchem das eigentliche Prachtgebäude erbaut ist. Die Staffeln sind ebenfalls aus Hyazinthsteinen angefertigt und sind durch und durch ebenfalls mit rot und grün leuchtenden Sternen geziert.

[2.19.21] Nun sind wir erst auf dem eigentlichen Hauptplateau, aber da seht einmal diese Pracht an! Das Plateau, so eben und glänzend wie die Fläche eines geschliffenen Diamanten, ist von azurblauer Farbe und ist in den wunderbarst schönsten Reihen besetzt mit verschiedenfarbig hellglänzenden Sternen. Und das Plateau hat von diesem Rand bis zum Hauptgebäude hin einen Durchmesser von noch hundert Klaftern. Fürwahr, diese Pracht ist beinahe unaussprechlich zu nennen!

[2.19.22] Aber jetzt seht erst einmal das Hauptgebäude an! Es ist ein Rundgebäude aus drei Stockwerken bestehend, davon ein jedes eine Höhe von dreißig Klaftern hat, und die Wände bestehen aus lauter aneinandergereihten Säulen, und ein jedes Stockwerk erglänzt in einer anderen Farbe, und die Stockwerke sind durch die herrlichsten Galerien nach außen hinaus voneinander unterschieden.

[2.19.23] Und da seht, innerhalb der Säulenreihen ist erst eine kontinuierliche Wand erbaut von dem allerkostbarsten weißen, von selbst leuchtenden Sonnenstein; und die Pracht, die Pracht! Die äußere Säulenwand besteht im ersten Stockwerk aus Smaragd; die Säulenwand des zweiten Stockwerks aus lauter Rubin, die Säulenwand des dritten Stockwerks aus lauter Hyazinth. Wie herrlich bricht sich da das mächtige Licht der inneren kontinuierlichen Wand durch diese Säulenreihen der äußeren Wand! Man glaubt ja, alle zahllosen Farbenabstufungen im hellsten Glanz zu erschauen. Fürwahr, da ist der Pracht zu viel auf einem Punkt zusammengedrängt.

[2.19.24] Es hat zwar wohl dem Anschein nach das Gebäude bei siebentausend Klaftern im Umfang, wobei das Auge einen hinreichenden Übersichtsraum gewinnt; aber man wird bei dem überprachtvoll herrlichen Anblick im Ernst wonnemüde. Daher wollen wir uns auch sogleich in das Innere des Gebäudes für unseren Hauptzweck begeben und sehen, wie es dort aussieht.

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