Hier ist Dein Kapitel

117. Jeder Mensch trägt die Hölle und den Himmel in sich

(Am 30. November 1843 von 4 – 5 1/2 Uhr abends.)

[2.117.1] Man wird hier sagen: Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass die Sache am Ende eine Wendung nimmt und jede dem Geist versetzte Wunde in seinem absoluten Zustand offenbar und reagierend wird. Aber nach der Grunderläuterung der Fundamentalhölle sehen wir noch immer nicht ein, wie dergleichen Reminiszenzen beleidigter Liebe auf dieser Welt im absoluten geistigen Zustand sich als Grundhölle beurkunden sollen. Denn da gibt es ja doch nicht leichtlich einen Menschen auf der Erde, der nicht ähnliche Kränkungen entweder selbst erlitten hat oder Ursache derselben war. Und nimmt man das an, dass sich im absolut geistigen Zustand solche Reminiszenzen als grundhöllisch beurkunden, so möchten wir im Ernst wissen, wie viel Menschen aus einem ganzen Jahrhundert in den Himmel gelangen.

[2.117.2] Wie kann solches dem Menschen auch zu einem so höchst verdammlichen Gericht gereichen, wenn er sich in einem höchst passiven Zustand gegen eine göttliche Ordnung versündigen muss, da sie in sich aufrecht zu halten dem Menschen die dazu erforderliche Kraft vielfacher Erfahrung gänzlich mangelt?!

[2.117.3] Gut, sage ich, wer mir solch einen Einwurf macht, den ersuche ich, das Frühere etwas gründlicher durchzugehen, allda er dargetan finden wird, wie ich bei dieser Gelegenheit durchaus nicht darstelle, wer in die Hölle kommt und wie viele; sondern lediglich nur das, was rein Hölle in ihrer Erscheinlichkeit bei den Menschen ist, jedermänniglich kundtue. Denn auf der ganzen Erde gibt es keinen so vollkommenen Menschen, der nicht ebenso gut die ganze Hölle vom Grunde aus vollkommen in sich trüge, als wie er in sich trägt den ganzen Himmel.

[2.117.4] Indem ich aber hinreichend zuvor dargetan habe, was im Menschen der Himmel ist und wie dieser in ihm geschaffen und fortgepflanzt wird, ebenso muss ich ja auch zeigen, wie im Menschen die Hölle geschaffen und fortgepflanzt wird.

[2.117.5] Es wäre traurig und höchst unbarmherzig, wenn ein Mensch aus diesem Grunde, weil er das vollkommen erscheinliche Bild der Hölle in sich trägt, auch schon ein ausgemachter Bewohner derselben sein sollte. Denn wäre das der Fall, so müssten auch alle Engel höllische Geister sein; denn auch sie tragen das vollkommene Bild der Hölle erscheinlich in sich. Wäre das nicht der Fall, da wäre es ja keinem Engel möglich, je in diesem Ort einzudringen und allda die empörten Geister zur Ruhe zu bringen, und ich selbst könnte euch die Hölle nicht zeigen und enthüllen, so ich sie nicht vollständig in mir hätte. Und dazu wäre das auch für die Bewohner des Himmels sehr gefährlich, so sie nicht das entsprechende erscheinliche Bild der Hölle in sich hätten, indem sie da nicht erschauen könnten, was alles die Hölle gegen sie unternimmt.

[2.117.6] So aber kann kein Geist in der ganzen Hölle irgendetwas unternehmen, das wir nicht augenblicklich in uns erschauen möchten.

[2.117.7] Zugleich verhalten sich Hölle und Himmel in den Menschen wie die zwei entgegengesetzten Polaritäten, ohne die kein Ding existierbar gedacht werden kann.

[2.117.8] Und so dient das zu jedermanns Kenntnis, dass hier durchaus nicht die Rede ist von dem, wer in die Hölle kommt, denn das hieße die Menschheit richten auf der Erde, sondern allein nur von dem, was die Hölle in sich selbst ist.

[2.117.9] Dass aber dergleichen Liebeveruntreuungen in sich selbst rein Hölle sind, kann ein jeder daraus ersehen, weil eben diese Veruntreuungen Eigenliebe und Herrschsucht zum Fundament haben.

[2.117.10] Denn was ist die Eifersucht anderes als die Erwachung der Eigenliebe, der Selbst- und Herrschsucht? Denn der Eifersüchtige ist nicht darum eifersüchtig, dass etwa sein erwählter Gegenstand zu wenig Liebe hätte, sondern nur darum, weil er selbst in seiner Forderung verkürzt wird und seinen Wert zu gering angesetzt findet in demjenigen Gegenstand, von dem er eben die höchste Achtung erwartete.

[2.117.11] Frage: Ist das nicht der ganz entgegengesetzte Pol von dem, wo man seiner selbst aus Liebe zu seinem Nächsten was immer für eines Geschlechts gänzlich vergessen soll, um sich ganz zum Wohle seines Nächsten bereit zu halten?

[2.117.12] Wie aber kann ein jeder Mensch auf die leichteste Art von der Welt diese Grundhölle in sich unterjochen, sie nicht aktiv, sondern rein passiv machen?

[2.117.13] Das ist überaus leicht. Man vergebe dem beleidigten wie dem beleidigenden Teil von ganzem Herzen im Namen des Herrn und segne die Beleidigten wie die Beleidigenden ebenfalls im Namen des Herrn (es versteht sich von selbst, dass solches alles vollernstlich geschehen muss) – und die ganze Hölle ist im Menschen schon unterjocht!

[2.117.14] Ich sage euch: Fürwahr, ein reumütiger Blick zum guten Vater genügt, um der Hölle für alle Ewigkeit zu entrinnen! Seht an den Missetäter am Kreuz, er war ein Räuber und Mörder; aber da blickte er zum Herrn empor und sprach mit großer, schmerzhafter Zerknirschung seines Herzens: „O Herr! Wenn Du in Dein Reich kommst und wider uns große Missetäter zu Gericht ziehen wirst, da gedenke meiner und strafe mich nicht zu hart für meine großen Missetaten, die ich verübt habe!“

[2.117.15] Und seht, der große, allmächtige Richter sprach zu ihm: „Wahrlich, heute noch sollst du bei Mir im Paradies sein!“

[2.117.16] Aus diesem allerwahrhaftigsten Begebnis kann doch hoffentlich ein jeder nur einigermaßen gläubige Christ abnehmen, wie überaus wenig es im Grunde bedarf, die ganze allerunterste, mächtigste Hölle auf ewig zu unterjochen.

[2.117.17] Das Beispiel des samaritischen Weibes am Jakobsbrunnen, das mit sieben Männern gebuhlt hatte, ist obigem Beispiel gleich, wo der Herr zu ihm spricht: „Weib, gib Mir zu trinken!“ Und wieder: „Wenn du wüsstest, wer Der ist, der zu dir spricht: Weib, gib Mir zu trinken, so würdest du zu Ihm sagen, dass Er dir vom lebendigen Wasser zu trinken gebe, auf dass dich ewig nimmer dürste!“ So lauten die Worte getreu, wie sie an Ort und Stelle gewechselt wurden.

[2.117.18] Wer aber sieht hier nicht, was für einen geringen Ersatz der Herr von dieser Sünderin für die Hingabe des Himmelreichs verlangt – bloß einen Trunk Wassers! Also auch ist sicher einem jeden nur einigermaßen in der Schrift bewanderten Christen das Begebnis mit der Ehebrecherin und das Leben der Maria Magdalena bekannt. Der ersten ihre Schuld schreibt der Herr zweimal in den Sand und Magdalena durfte Ihm die Füße salben und war diejenige, zu der der Herr nach Seiner Auferstehung zuerst kam! Ebenso zeigt der Herr auch beim verlorenen Sohn und im Suchen des hundertsten verlorenen Schafes, wie wenig Er von dem Sünder zur Erlangung der Gnade und Erbarmung verlangt!

[2.117.19] Darum wollen wir hier auch nicht kundtun, wer in die Hölle kommt, sondern nur, wie die Hölle in sich selbst beschaffen ist.

TAGS

Kein Kommentar bisher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Letzte Kommentare