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113. Ein weiteres Bild der untersten Hölle

(Am 24. November 1843 von 4 – 6 Uhr abends.)

[2.113.1] Nr. 3. Betrachten wir so einen recht ausgepichten Buhler wie auch ingleichen eine ähnliche Buhldirne. Was ist der ununterbrochene Sinn eines solchen Fleischlings? Nichts, als wenn es möglich wäre und die Natur es gestattete, mit all den allerschönsten und üppigsten Mädchen ohne Unterlass zu buhlen, und das auf jede erdenkliche Weise. Wo immer das Auge eines solchen ein nur einigermaßen annehmbares weibliches Wesen trifft, da kann ein jeder auf den ersten Augenblick aus seinen Augen lesen, und er wird keine andere Silbe darin finden, als dass dieser Buhler das angeschaute weibliche Wesen, wo es ihm vorkam und ihm begegnete, auf der Stelle für seine Lust gebrauchen möchte, ohne im Geringsten darauf Rücksicht zu nehmen, zu welchem Zweck der Zeugungsakt von Gott eingesetzt und geschaffen ward. Wenn nicht bürgerliche Sittengesetze ihn daran hinderten, so wäre auch kein weibliches Wesen selbst auf dem alleröffentlichsten Platz sicher vor seiner Gier.

[2.113.2] Doch das schadet der Sache im Grunde nicht und gestaltet sie nicht anders, denn unser Fleischheld hat in seiner Begierde dennoch gebockt mit seinem ihm angenehmen Gegenstand. Nehmen wir aber an, solch ein sinnlicher Mensch hat ein hinreichendes Vermögen und kann sich dadurch alle die Genüsse, danach sein Sinn dürstet, mit weniger Ausnahme verschaffen. Was tut er? Nichts als ganze Länder bereisen, um sich in diesen verschiedene extrafeine Genüsse zu verschaffen; denn in seinem Ort schmeckt ihm nichts mehr, weil er fürs Erste schon alles abgenossen hat, und fürs Zweite, weil er so manches doch trotz seines großen Vermögens nicht erreichen kann, worauf er sozusagen noch irgendeine Passion hätte.

[2.113.3] Wenn unser Fleischheld alles so durch und durch genossen hat und seine Natur ihm ganz gewaltig den schnöden Dienst zu versagen anfängt, da greift er zu künstlichen Mitteln, um dadurch seine abgestumpfte Natur wieder neu zu beleben. Dergleichen Mittel werden zuerst aus der Apotheke genommen; fruchten diese nicht mehr, dann wird einem solchen bis auf den letzten Tropfen abgelebten Fleischhelden ein gewisser schandvoller Beischlaf von gesunden Knaben und Jünglingen verordnet. Dadurch wird seiner Natur ebenfalls wieder etwas aufgeholfen; denn die hochgelehrten Ärzte wissen solches ja, dass die Ausdünstung der männlichen Jugend am allerstärkendsten auf einen decrepiden [gealterten] und gänzlich ausgelebten Fleischbock einwirkt. Auf diese Weise wird dann unser Fleischheld auch ein Knabenschänder.

[2.113.4] Seine Natur kehrt sich ganz um, er bekommt einen förmlichen Ekel vor dem Fleisch der Weiber und sucht dann nur sich mit dem stärkenden Fleisch der männlichen Jugend zu befriedigen. Und hat er sich auch bei dieser Art einen Ekel über den buhlerischen Fleischgenuss bereitet und sich die gänzliche Unfähigkeit zugezogen, so wird er dann zornig über eine solche Einrichtung der Natur, die ihm keinen Stich mehr hält.

[2.113.5] Sein Glaube an Gott war schon lange ein vollkommenes Opfer; denn das hat die Fleischsünde in sich, dass sie zuerst alles Geistige tötet. Durch diese Sünde ist der Mensch ein allergröbster materieller Egoist, und liebt niemanden außer sich und will, dass alles seiner Begierde Zusagende ihm allein dienen solle. Er ist in sich selbst über alle Maßen verliebt, daher hasst er alles, was nicht seiner Begierde huldigt. Aus dem Grunde er dann, wie gesagt, ein allerpurster egoistischer Stockmaterialist ist, und von einer Göttlichkeit und von irgendetwas Geistigem ist keine Spur mehr in ihm zu treffen.

[2.113.6] Aus diesem Grunde ist er aber dann auch ein reiner Atheist und die Natur, d. h. die äußere, sichtbare, grobe, ist sein Gott. Diesem Gott bringt er so lange seine Opfer, als er in der noch brauchbaren Kraft seiner eigenen Natur die Erfahrung macht, dass ihm dieser Naturgott durch solche Einrichtung reizende und angenehme Genüsse verschafft. Wehe aber diesem Naturgott, wenn er unserem Helden einmal den Dienst versagt! Fürwahr, es wäre gar nicht möglich, alle die bitteren und schändlichen Lästerungen wiederzugeben, mit denen unser Fleischritter diesen Naturgott ehrt. Zorn, Rache, Grimm und Wut sind dann die Beigaben oder Wappenschilde, welche er führt. Hätte er Macht, zwischen zwei Fingern würde er die ganze Schöpfung zerpulvern. Und das Fleisch der Weiber, das ihn so geschwächt hatte, wie auch das der männlichen Jugend, das ihm keine Stärkung mehr gab, würde er mit glühenden Messern zerschneiden und mit glühenden Hämmern zerklopfen. Fürwahr ihr könnt es glauben, der heimliche Zorn eines rechten Buhlknechtes, wenn er sich vollkommen ausgebuhlt hat, übersteigt alle menschlichen Begriffe. Ein Mordbrenner, ein Totschläger, ein Straßenräuber dürften noch mehr menschliches Gefühl in sich haben als ein solcher überaus fleischgieriger Buhler, dem sein Fleisch den Dienst versagt.

[2.113.7] Gibt es etwa wenig dergleichen Freudenmänner auf der Erde? O nein, ich kann euch des vollkommen versichern, dass da auf einen Geldgeizigen allerwenigstens tausend solche Fleischhelden kommen. Fürwahr, wer aus euch ein Vater ist und hat eine Tochter, die nur einiges fleischliches Ansehen hat, so darf er ganz sicher darauf rechnen, dass, besonders in einer Stadt, mit ihr in jeder Stunde des Tages wenigstens hundertmal begierliche Unzucht getrieben wird.

[2.113.8] Man wird zwar hier sagen: Das tut ja nichts, Gedanken und unausführbare Begierden sind zollfrei. – Ich aber setze hinzu und sage: Allerdings, für den Blinden im Geiste, der über die Materie hinaus auch nicht um ein Haar breit zu schauen vermag. Was würde aber so ein Vater sagen, so ihm das geistige Auge geöffnet würde und er dann mehrere hundert Wollüstlinge vor sich erblickte, die alle eine und dieselbe Tochter auf jede erdenkliche Art vor seinen Augen schänden? Fürwahr, sein Gesicht dürfte da wohl ein wenig über die gewöhnliche Proportion hinauswachsen; und wie hier gesagt, also ist es.

[2.113.9] Das Fleisch der Tochter kann wohl behütet werden. Das ist aber auch das Wenigste. Wer behütet aber ihren Geist und dessen ausstrahlende Sphäre, mit welcher sich unsere Fleischholde in Verbindung setzen und sie in ihre schändliche Sucht verkehren? Meint ihr, das sei von keinem nachteiligen Einfluss für eure Tochter? Oh, da irrt ihr euch überaus gewaltig!

[2.113.10] Führt eure Tochter nur öfter auf solche Plätze, wo sie vielfach von sinnlichen Augen begafft wird, und euere Tochter wird in kurzer Zeit sinnlich fleischlich gestimmt werden und heimlich bei sich stets mehr und mehr anfangen, eure elterlichen sittlichen Ermahnungen zu bespötteln und zu belachen. Und ihr Sinn wird stets mehr und mehr dahin gerichtet werden, wo sie eine solche sinnliche Männerbrut wittert. Es wird hier vielleicht mancher sagen: Nein, das ist zu arg; das ist eine Schwärmerei, die man gleich a priori verdammen muss. Was soll da eine unschuldige Begierde oder ein heimlicher wollüstiger Gedanke ohne weitere Berührung auf ein ganz fremdes Objekt für eine nachteilige Wirkung haben? – Und ich sage dazu nichts als: Erstens an Menschen von solcher Ansicht und von solcher Geistesgewecktheit ist diese Mitteilung ebenso wenig gerichtet, wie die Sonne an den Mittelpunkt der Erde. Und fürs Zweite aber frage ich diejenigen, die in der Sphäre des sogenannten Somnambulismus irgendeine Erfahrung und selbst die Beobachtung gemacht haben, wie auf magnetische Personen sich nähernde Fleischbolde eine störende Wirkung hervorbrachten, – woher diese Wirkung kommt und worin sie ihren Grund hat? Hat doch auch ein solcher ungebetener Gast die Somnambule nicht berührt, und dennoch empfindet sie im Augenblick eine krampfhafte und nicht selten schmerzliche Wirkung beim Eintritt eines solchen Gastes.

[2.113.11] Seht, der Grund liegt in der sogleich erfolgten schändlichen Herabziehung der geistigen Sphäre der Somnambule. Bei der Somnambulen aber entsteht daraus kein moralisches Übel, weil fürs Erste ihre Sphäre abgeschlossener ist, und fürs Zweite, weil jede Somnambule sogleich alles Mögliche aufbietet, um einen solchen Gast von sich zu entfernen.

[2.113.12] Frage: Geschieht das auch im natürlichen Zustand, wo die Sphäre eines jeden Menschen viel ausgedehnter ist und wo er die Empfindung des Nachteiles in sich nicht wahrnimmt? Fürwahr, die Einwirkung ist im naturmäßigen Zustand noch um vieles ärger als im somnambulen, aus welchem Grunde denn auch für dergleichen unkeusche Gedanken und Begierden ein eigenes Gebot gegeben ist, dass sich ein jeder derselben enthalten und entschlagen soll.

[2.113.13] Wer demnach einen solchen Fleischbold betrachtet, wie er ist, der sieht schon wieder ein vollkommenes Bild der Hölle vor sich. Er streife ihm nur die Materie ab und beschaue dessen absoluten Geist, und er wird Wunder über Wunder von A bis Z erschauen. Zuerst einen Geiler auf jede erdenkliche Weise, zugleich aber daneben einen Wütenden, der mit dem entsetzlichsten Ingrimm sich am Schöpfer wie an der ganzen Schöpfung allerschändlichst rächen will wegen der vermeinten Unvollkommenheit seiner Natur. Mehr brauche ich hier nicht zu sagen; denn wer Augen hat, der kann selbst schauen. Im nächsten weiblichen Bild werden wir die Erscheinung dieser Hölle noch klarer vor uns haben.

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