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109. Bilder der ersten und zweiten Hölle

(Am 17. November 1843 von 4 3/4 – 6 Uhr abends.)

[2.109.1] Wie es erscheinlich in der ersten Hölle aussieht, habt ihr schon im Verlaufe der Mitteilungen aus der Sonne einmal gesehen, wie auch die Eingänge verschiedenartig in die erste Hölle. Nur muss ich das Wenige noch beisetzen, dass derjenige Eifer eben derjenigen höllischen Geister, die ihr in der ersten Hölle geschaut habt, vorzugsweise nur ein Genuss- oder, wie ihr zu sagen pflegt, ein Fress-Eifer ist. Es gleicht dieser Zustand demjenigen auf der Erde, in welchem allda die Menschen auch alles Mögliche ergreifen, um, wie ihr zu sagen pflegt, zu einem Brot zu gelangen.

[2.109.2] Die einen errichten verschiedenartige Gewerbe, die anderen haschen nach Beamtenstellen, wieder andere nach irgendeiner guten Heirat. Aber das alles tun sie nicht irgend des Guten wegen, sondern rein nur ihrer selbst und des Brotes wegen. Sie kümmern sich in diesem Zustand gar wenig um irgendeine Herrlichkeit, sondern es liegt ihnen alles daran, eine gewisse Versorgung zu bekommen.

[2.109.3] Nach himmlischer Art sorgt man sich um gar nichts außer allein um die Liebe und die Erkenntnis Gottes. Für alles andere sorgt der Herr! Nach der höllischen Art aber sorgt man sich gerade umgekehrt. Man will eine sichere Fressversorgung haben und denkt sich im besten Falle: Wenn ich erst für alle äußeren Bedürfnisse gedeckt bin, so will ich dann erst sehen, ob der Geist mit dieser Versorgung nicht mitzufrieden ist. Wenn aber dann jemand eine äußere Versorgung erlangt, welche gewöhnlich mit irgendeiner kleinen Herrlichkeit verbunden ist, so geht der Versorgte bald in einen seiner Herrlichkeit entsprechenden Hochmut über, den er durch einen gewissen Glanz stets mehr und mehr aufzurichten bemüht ist; aus welchem Grunde denn auch junge Beamte wie auch angetretene Gewerbsleute – versteht sich ein jeder in seiner Sphäre – sich stets mehr und mehr aufzublähen anfangen, und gar bald nicht mehr wissen, wie sie sitzen, stehen, gehen, sehen, hören und reden sollen, damit man ihnen sogleich auf den ersten Augenblick anerkennt und gewisserart anerkennen soll und von der Nase herunterlese, in was für einer Herrlichkeit sie stecken und was für ein vielsagendes Amt sie bekleiden.

[2.109.4] Wenn solche Menschen auf diese Weise versorgt sind, da sollten sie sich um nichts mehr sorgen, denn sie haben ja ihr bestimmtes Einkommen und Brot erhalten, und sollten jetzt auch für das Geistige zu sorgen anfangen. Aber – ganz umgekehrt! Jetzt ist mit der Versorgung das Glanz- und Herrschbedürfnis eingetreten. Darum sorgen sie jetzt mehr als je dafür, um nur höher und höher zu steigen, wie die Gewerbsleute, um nur reicher und reicher zu werden. In dieser Lage werden sie voll Neid und inneren Hasses gegen diejenigen, die ihnen irgend im Weg stehen.

[2.109.5] Die Nächstenliebe geht bei ihnen so weit, dass so mancher Unterbeamte nichts sehnlicher wünscht als den Tod seines ihm vorgesetzten höheren Beamten, um bei solcher Gelegenheit dann die Stelle des Höheren einzunehmen. Und der Gewerbsmann wünscht nichts sehnlicher als Fallimente seiner Kollegen, damit er dann allein alles Geschäft an sich reißen könnte. Seine Nächstenliebe geht so weit, dass er alle seine Geschäftsgenossen mit einem Tropfen Wasser umbringen möchte, wenn solches nur irgend möglich wäre. Er unternimmt auch alles Erdenkliche, um, wo und wie nur immer möglich, seinen Nebengeschäftsmann zu ruinieren.

[2.109.6] Wenn ihr dieses weltliche Benehmen nur ein wenig klar durchbeleuchtet, so habt ihr schon die erste Hölle vollkommen in dem Fressbestreben und wie diese in die zweite Hölle übergeht, in dem Hass, Zorn, Neid und Herrschbestreben auf ein Haar genau getroffen vor euch. Ihr braucht hier nichts als die äußeren sittlichen und bürgerlichen Staatsgesetze hinwegzustreifen, und die erste wie die zweite Hölle sind buchstäblich und bildlich vor euch.

[2.109.7] Was sich auf der Welt unter dem Deckmantel der sittlichen und bürgerlichen Gesetze noch immer in einer gewissen Dezenz ausnimmt, das tritt bei Hinwegnahme der sittlichen und bürgerlichen Gesetze sogleich als Raub, Krieg und Mordbrennerei auf. Da habt ihr dann das vollkommene Bild der ersten Hölle.

[2.109.8] Und wollt ihr das Bild der zweiten Hölle, so tut dasselbe, und ihr werdet sogleich allenthalben eine geheime Verschmitztheit zu entdecken anfangen, und allenthalben werdet ihr nirgends zwei Menschen oder Geister sich gegenüberstehend entdecken, die nicht gegenseitige Todfeinde wären. Begegnen sie sich auch äußerlich freundlichst und voll Höflichkeit wie auch voll anscheinender gegenseitiger Liebe, so ist aber alle diese Liebe dennoch nichts anderes als purer Hass. Denn das ist Politik, um den Gegner zum Frieden zu stimmen, ihn auf die feinste Art zu entwaffnen, um ihn dann desto sicherer ohne Widerstand überfallen zu können und bis in den Grund und Boden zu verderben.

[2.109.9] Betrachtet auf eurer Erde die sogenannten Kriecher und Speichellecker. Das sind gewöhnlich die größten Todfeinde derjenigen, vor denen sie kriechen, und erheben sie aus demselben Grunde wie ein Geier eine Schildkröte, um sie, wenn er mit ihr die rechte Höhe erlangt hat, auf das Allerschmählichste fallen zu lassen, um durch ihren Fall noch mehr zu gewinnen.

[2.109.10] Seht, das ist wieder buchstäblich und bildlich die rein höllische Liebe des zweiten Grades; daher in dieser Hölle dann schon auch allerlei Trugkünste gehandhabt werden, um durch sie sich gegenseitig zu fangen und zu verderben, in der tollsten Meinung, durch den Fall anderer stets mehr und mehr auf jede mögliche Weise zu gewinnen.

[2.109.11] Auf diese Weise lernen auch unsere Schüler die Höllen zuerst theoretisch und dann praktisch erscheinlich durch und durch kennen. Und so hätten auch wir in möglichst gründlicher Kürze die ersten zwei Höllen erscheinlich beschaut. Wer diese Darstellung nur ein wenig nachdenkend beachtet, der hat alles sonnenklar vor sich. Was aber die Erscheinlichkeit der dritten Hölle betrifft, so wollen wir derselben eine eigene Betrachtung widmen, denn diese muss am meisten erkannt sein, weil sie der Grund alles Lasters ist.

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